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Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Titel: Drachenlanze - Die Stunde der Diebe
Autoren: Tina Daniell
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mit den
Fingern über seinen Rücken. »Wir hatten gehofft, daß die
Fähigkeit vielleicht nur in ihm schlummerte und sich
irgendwann zeigen würde, aber das ist nicht geschehen… Jetzt
ist Vater tot, und wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.«
Tanis räusperte sich. »Ohne unverschämt wirken zu wollen,
aber ist es nicht unehrenhaft, die Regenten – und damit das
Volk – zu täuschen, wenn Euer Bruder die Fähigkeit nicht
besitzt, die Eure Bräuche fordern? Vielleicht hatte Habbakuk
einen Grund, warum er Semunel die Fähigkeit versagt hat.«
Bei Tanis’ Unterstellung schob Selana das Buch ins Regal
zurück. »Ist es falsch, wenn ich will, daß das Volk gerecht
regiert wird und daß die Herrschaft nicht an solche fällt, die
diese Macht mißbrauchen würden?« In diesem Augenblick
fand sie den Halbelfen mit seinen einfachen Kleidern und dem
struppigen Haar bäurisch. Die Meerelfin sagte verächtlich:
»Was weißt du schon von Politik und Hofintrigen, Halbelf?«
Tanis lachte verbittert. »Mehr als mir lieb ist, meine liebe
Prinzessin«, sagte er trocken. Tanis’ Gesicht glühte vor Wut,
als er in die Küche ging.
»Huch, was ist denn mit dem los?« fragte Tolpan.
Flint bemerkte den erstaunten Ausdruck auf Selanas Gesicht.
Nur er kannte den Grund für Tanis’ heftige Reaktion, doch sie
hatte nicht ahnen können, welchen wunden Punkt sie mit ihren
Worten berührt hatte. Flint fand, daß es nicht seine Aufgabe
war, der Meerelfin zu erklären, daß niemand sich in
Hofintrigen besser auskannte als Tanis, der ihnen vor langer
Zeit einmal zum Opfer gefallen war.
Das Halbblut hatte als persönliches Mündel der Stimme der
Sonne eine qualvolle Jugend am Hof von Qualinesti durchlebt.
Viele, viele Jahre waren vergangen, seit der Zwerg den
unglücklichen, jungen Elfen dort kennengelernt hatte. In ihm
hatte er einen Seelenbruder gefunden, einen, der auch nicht in
aller Ruhe bei seinem Volk leben konnte. Tanis hatte einen
schrecklichen Zusammenstoß mit seinem Vormund gehabt
-
genauer gesagt, er war des Mordes angeklagt worden. Obwohl
seine Unschuld bewiesen wurde, hatte Tanis beschlossen, daß
er als einziger Halbelf mit dem einzigen Zwerg, Flint, besser in
das Menschenstädtchen Solace paßte.
»Tanis – oder Tanthalas, wie er bei den Qualinesti-Elfen
heißt – hat viel mehr erlebt, als es den Anschein hat«, war die
einzige Erklärung des alten Zwergs.
Selana wirkte beschämt. »Es tut mir leid, wenn ich ihn
beleidigt habe, aber ich bin so damit beschäftigt, mein
Armband zu finden, und ich kenne Eure Sitten nicht.« Sie
strich ihre blaue Robe glatt und ging zur Tür. »Aber jetzt
würde ich gerne mit unserer Suche nach diesem Barden
anfangen.«
»Au ja, mir wird’s auch zu langweilig. Gehen wir«, sagte
Tolpan, sprang auf und lief zur Tür.
Vor Verblüffung erstickte Flint beinahe an seinem letzter
Schluck. »Prinzessin, ich glaube, Ihr versteht nicht, was wir
vorhaben. Das Leben auf der Straße ist hart, unbequem und
schmutzig – völlig unzivilisiert«, fügte er hinzu, um hoffentlich
das Richtige zu treffen. »In Solace habt Ihr es viel bequemer
und sicherer, während wir losziehen und das Armband
zurückholen.«
»Absolut nicht«, sagte sie. »Ich bin weder hilflos noch
unerfahren«, verteidigte sie sich. »Ich bin schließlich auch ganz
allein bis Solace gekommen.«
Flint schüttelte heftig den Kopf. »Ich bin sicher, daß Ihr die
Reise gut überstehen würdet, aber wenn wir ihn erst einmal
finden, haben wir es mit einem in die Enge getriebenen Dieb zu
tun.«
Tanis, der von der Küche aus zugehört hatte, fügte hinzu:
»Ihr würdet uns nur aufhalten, Prinzessin. Überlaßt diese Sache
einfach uns.«
»Wenn Ihr mich doch bitte beide für voll nehmen würdet«,
sagte sie steif. Dann wandte sie sich an Flint. »Ohne Euch
beleidigen zu wollen, Meister Feuerschmied, aber ich habe
einmal jemand anderem etwas überlassen, und das tue ich nicht
ein zweites Mal.« Selana bemerkte Flints beschämte Miene.
»Ich gehe mit oder ohne Euch.«
Flint kannte sie noch nicht lange, aber er hatte oft genug
Karten gespielt, um einen Bluff zu erkennen, wenn er einen
sah, und die dickköpfige Prinzessin Selana bluffte nicht. Er
konnte sie nicht allein herumsuchen lassen. Mit einem langen,
tiefen Seufzer gab er nach. »Na schön, Ihr habt gewonnen.«
Selana gestattete sich ein Lächeln. »Ihr werdet schon sehen.
Ich kann Euch durchaus behilflich sein.«
Tanis, der mit verschränkten Armen auf der Schwelle zur
Küche
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