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Die Erben Der Flamme

Die Erben Der Flamme

Titel: Die Erben Der Flamme
Autoren: Carsten Thomas
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Prolog
    Das geheime Lager

    Brega hielt den Atem an.
    Eine Feuerwoge rollte über die Decke hinweg und fraß sich in Schichten aus Eis und Zeit. Sie prallte gegen einen mannshohen Eiszapfen, dessen Spitze sich löste und auf dem Boden zerschellte. Splitter bohrten sich in die Leiber von Bregas Feinden.
    »Für die Freien Magier!«, rief eine junge Frau triumphierend. Sie ging am Rand der Holzbrücke in Kampfposition und ihre zerstörerische Energie loderte ein weiteres Mal um ihre Hände auf. Von der Gegenseite schwappte eine grüne Rauchwolke über den Abgrund auf die Magierin zu. Ihr letzter Schrei verhallte in den undurchdringlichen Schwaden des Giftnebels. Als der Rauch wich, lag die Novizin reglos am Boden.
    Brega wandte seinen Blick ab und rutschte zur anderen Seite des Felsens, der den Eingang ins Geheime Lager flankierte. Seine Finger spannten sich um den Griff seiner Axt, als suche er vergebens Halt in einer Welt aus chaotischen Mächten, denen Stahl nicht gewachsen war. Ein Kind lag in einen Korb aus Wurzelfasern zu seinen Füßen. Eingehüllt in einer Lakami-Decke war lediglich sein rosa Gesichtchen zu sehen. Sein Plärren verband sich mit dem Missklang aus gemurmelter Magie und rezitierten Gesängen, die von den Eiswänden widerhallten.
    »Schh, Oralee, dein Vater und deine Mutter kommen gleich.« Mit der freien Hand strich Brega über den Kopf des Mädchens, doch wollte es sich nicht beruhigen.
    Der Boden unter seinen Füßen bebte, als die Magie erneut aufprallte. Oralee machte einen überraschten Gluckser. Brega wagte einen Blick über den Felsen und erspähte Männer und Frauen in ausgeblichenen Roben, die am Rand des Abgrundes ausharrten, und um ihre Heimat kämpften. Magie umspielte ihre gespreizten Finger. Sie zeigte sich in einem Schauspiel der Elemente, deren Wirken an den Eiswänden reflektiert wurde. Unablässig flogen ihre Geschosse auf die Gegenseite der Brücke.
    Brega hielt weiterhin Ausschau nach Oralees Eltern. Beim Schallen des Alarms waren sie sofort aufgebrochen, um ihren Brüdern und Schwestern beizustehen. Iltharis und Loranu hatten ihm den Schutz ihres Kindes anvertraut. Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Der Schweiß auf seiner Haut vermischte sich mit den herabregnenden Tropfen der Eisdecke, die sich durch die zunehmende Hitze des Magiewirkens auflöste. Jahr um Jahr war die Kälte der Oberfläche tiefer in die Erde eingedrungen und hatte die Zuflucht mehr und mehr zu Eis erstarren lassen. Nun zerging es durch jene arkanen Kräfte, welche sich die Freien Magier selbst verboten hatten, um ihre Spuren zu verwischen. Bis heute. Die Dunkelmagier hatten den Unterschlupf der letzten Freien Magier von Kyranis gefunden und waren gekommen, sie zu vernichten.
    Angespannt verfolgte Brega das Geschehen. Die Schlacht tobte weiterhin, die magischen Angriffe seiner Verbündeten konzentrierten sich inzwischen auf den neu entstandenen Schatten auf der gegenüberliegenden Seite der Grotte. Die Dunke lmagier hatten sich mit einem Netz ihrer finsteren Magie umgeben. Brega versuchte, die Gestalten vor dem Höhlenaufgang zu erkennen, das Gegenlicht der Oberwelt konnte das magische Netz der Dunkelmagier jedoch nicht durchdringen. Ebenso verhielt es sich mit den Magieschlägen der Freien, die von dem dunklen Magiekokon einfach verschluckt wurden.
    Eine Stimme wie tausend Messerstiche erklang aus dem Inneren des Schutzschildes. Ihr Krächzen übertönte den Lärm des Kampfes: »Ihr Narren! Die Macht des Einen durchfließt uns. Mit eurer kümmerlichen Restmagie könnt ihr nicht bestehen. Zeigt Reue und ergebt euch, so sollt ihr Gnade des Gottkönigs erfahren.«
    »Für die Freien!«, schallte es als Antwort aus allen Kehlen.
    Der Aufschrei der letzten freien Magier von Kyranis beantwortete der dunkle Sprecher mit Gelächter. »So denn, sterbt durch die Faust der Eisorks. Angriff!«
    Nicht der eindringende Wind ließ Brega frösteln, es war die Präsenz der Kälte selbst, die sich nun zu rühren begann. Hinter der Magiehülle der Dunkelmagier traten saphirblaue Ungetüme hervor, die sogleich auf die Brücke zumarschierten. Ihre Schritte waren träge und schlurfend, sie wirkten wie wandernde Schneehügel, welche die Holzbrücke überrollten.
    Vor einem Jahr war Brega im Geheimen Lager erwacht, ohne sich an sein vergangenes Leben erinnern zu können. Stets empfand er es wie eine Wiedergeburt, doch während er die Eisorks jetzt betrachtete, wurde ihm klar, dass diese nicht die ersten waren, denen er
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