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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz
Autoren: Ute Haese
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hätten Sie doch etwas deutlicher werden und sich nicht lediglich in nebulösen Drohungen ergehen sollen.«
    »Na ja …«, brummelte er verlegen. »Es ist nicht so leicht, wie es sich anhört. Mir liegt so etwas nicht!« Ich staunte. Ein Mord war ihm offenbar nicht peinlich oder gab ihm zu denken, seine Unfähigkeit in Erpressungsdingen hingegen schon. »Aber sie weiß wohl wirklich nichts. Die alte Krähe hat ihr das Versteck nicht verraten. Aber das ist mir ja erst ganz zum Schluss klargeworden.«
    Denkbar wäre das durchaus, überlegte ich, dass Almuth die Perle, wenn sie denn überhaupt existierte, nicht zu ihren Lebzeiten hatte weitergeben wollen. Sie hatte ihrer Tochter schließlich zu recht ziemlich misstraut. Und trotzdem …
    »Besaß Frau Pomerenke die Perle denn überhaupt noch? Vielleicht hat sie sie doch irgendwann einmal verkauft und niemandem etwas davon gesagt.«
    »Und wo ist dann das Geld?«, wandte er herausfordernd ein. »Almuth hielt nicht viel von Bankkonten. Und unter dem Kissen lagen keine Scheine, da hab ich nachgeguckt. Nein, sie hat sie bestimmt nicht versetzt, allein schon, weil ihr dieses blöde Ding als einziges aus der alten Heimat geblieben war.« Plötzlich sah er unendlich müde aus, abgekämpft wie ein geschlagener Krieger, der wusste, dass es aus war. Und das stimmte ja auch.
    Eine irgendwie unnatürliche Stille breitete sich aus, bis Bebensee fast schüchtern fragte, was ich jetzt unternehmen würde. »Ich meine«, erläuterte er seinen Standpunkt, »so ein paar Anrufe fallen doch eigentlich überhaupt nicht weiter ins Gewicht.« Donnerwetter. Der Mann entpuppte sich wahrhaft als Verdrängungskünstler allererster Klasse.
    »Meinen Sie?«, giftete ich. »Und was ist mit der Ratte und der verwüsteten Wohnung? Und Leute schlägt man auch nicht einfach so zusammen.«
    »Es tut mir leid. Ich entschuldige mich dafür«, kam es prompt.
    Ich war sprachlos, was selten vorkommt. Doch er meinte es zweifellos ernst. Ob er Almuth Pomerenke ein ähnliches Telegramm hinterherschicken wollte? »Sorry fürs Ermorden. Stop. War nicht so gemeint. Stop. Liebe Grüße Arthur. Stop.« »Sie haben die alte Frau aus Habgier erstickt«, erinnerte ich ihn.
    »Es war ein Unfall«, widersprach er.
    »Kann ich nicht so sehen«, versetzte ich scharf. »Sie haben ihr ein Kissen auf das Gesicht gedrückt, bis sie tot war, falls Ihnen das entfallen sein sollte.«
    »Aber sie war doch schon … na ja, alt. Es hätte doch gar nicht mehr lang gedauert«, argumentierte er hitzig.
    »Was Ihnen das Recht gibt, die ganze leidige Sache noch ein klitzekleines Stück abzukürzen? Wollten Sie das damit sagen?«
    Er vernahm die Warnsignale, die sowohl im Tonfall als auch in der Formulierung steckten, offenbar nicht, denn er nickte treuherzig. »Tja, in etwa wohl schon, ja.«
    Woraufhin ich nach meinem Rucksack griff und wortlos nach meinem Handy kramte. Er sah mir zu und sackte in sich zusammen wie eine Marionette, der man die Fäden durchschnitten hat. Es war das unwiderrufliche Ende, und er wusste es. Ich wählte den Notruf.
    Die Polizei erschien recht fix, was ich keineswegs verwunderlich fand. Ein veritabler Mörder samt dazugehörigen Beweisen wird ihr schließlich nicht alle Tage präsentiert. Die Beamten, es waren vier, verschafften sich einen kurzen Überblick und nahmen Bebensee und mich anschließend mit aufs Präsidium. Ich machte meine Aussage, wies mich aus, unterschrieb diverse Papiere und hinterließ meine Handynummer, meine E-Mail-Adresse, meine Faxnummer sowie die Nummer meines Festnetzanschlusses, um anschließend erleichtert in Richtung Bokau zu verschwinden.
    Bebensee blieb geständig, man behielt ihn gleich da, und Justitias Mühlen fingen an zu mahlen.
    Ich hätte froh sein müssen, stolz und glücklich, weil ich einen Mörder im Alleingang zur Strecke gebracht hatte, der sonst niemals belangt worden wäre. War ich aber nicht. Im Gegenteil, ich fühlte mich regelrecht deprimiert, ja fast leer. Auch bei mir war die Luft eindeutig draußen, und so beschloss ich, einen Abstecher nach Karby zu Almuths Grab zu unternehmen, um ihr zu berichten, was geschehen war und dass ihr Ex-Schwiegersohn Nummer eins mit seiner Tat nicht davonkommen und in seiner Knastzelle verschimmeln würde wie sie in ihrem Grab.
    Ich hatte keine Ahnung, ob sie dies befriedigend fand, gesagt hat sie dazu jedenfalls ebenso wenig wie zeit ihres Lebens über den Verbleib der Perle. Greta hatte die nie erwähnt, und das war schon
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