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0364 - Mongolenfluch

0364 - Mongolenfluch

Titel: 0364 - Mongolenfluch
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»So, Freundchen«, stieß er hervor und hielt ihn so fest, daß der Attentäter sich nicht mehr aus dem Griff befreien konnte. »Und jetzt möchte ich von dir wissen, warum du mich angegriffen hast!«
    Der andere verstand ihn nicht. Wahrscheinlich hatte er nie englisch gelernt.
    Aber im nächsten Moment verstand auch Tendyke nichts mehr.
    Der Mann, den er festhielt, war tot!
    ***
    Innerhalb weniger Sekunden war Tendyke von einem Ring aufgeregt schnatternder und wild gestikulierender Chinesen umgeben. Die beiden Männer, die der Tote vor seinem überraschenden Ableben von den Fahrrädern gerempelt hatte, richteten sich mit Hilfe anderer wieder auf. Im Chaos der rush-hour entstand kurzzeitig eine Insel, die nur scheinbar Ruhe bedeutete im Strom der Vorbeieilenden.
    Tendyke achtete nicht auf die Männer und Frauen, die ihn umgaben. Sie nahmen wahrscheinlich an, daß der Mann nur bewußtlos war, den Tendyke jetzt langsam auf den Gehsteig sinken ließ. Tendyke aber wußte es besser. Er hatte gespürt, wie der Lebensfunke erlosch.
    Seine schnelle Untersuchung bestätigte seine Empfindung. Aber der Mann wies keine sichtbare Verletzung auf. Nirgendwo war ein Schuß gefallen. Auch Tendykes Instinkt hatte diesmal nicht gewarnt. Es gab keinen zweiten Attentäter in der Nähe, der den ersten umbrachte, damit er nicht zum Verräter werden konnte.
    Eine Giftkapsel? Aber dann mußte die verteufelt schnell gewirkt haben.
    Inzwischen schienen auch die anderen begriffen zu haben, daß der Mann tot war. Sie rückten näher. Ihre Stimmen klangen jetzt drohender. Die Menge machte sie stark. Da war ein Weißer, der einen der ihren umgebracht zu haben schien.
    Der Amerikaner richtete sich wieder auf. Ihm war klar, daß er sich in einer vertrackten Situation befand. Man konnte es ihm durchaus als Mord auslegen, zumal wenn die Todesursache sich nicht klären ließ. Und wenn es nur ein einfaches Herzversagen war, das man ihm zuschrieb, weil er dem Mann so heftig nachgerannt war, um ihn zu bedrohen…
    Su Ling! Vielleicht hatte sie gesehen, wie der Tote etwas auf Tendyke geschleudert hatte! Vielleicht hatte sie das Etwas sogar sicherstellen können!
    Es war ein kleines Stück Hoffnung.
    Polizisten tauchten auf. Sie waren zu zweit. Jemand hatte sie alarmiert, vielleicht waren sie auch von selbst auf die Verfolgungsjagd aufmerksam geworden. Mitten im Verkehrsgewühl von Peking fällt ein Amerikaner auf, der hinter einem Chinesen herrast. Der ranghöhere Beamte fragte Tendyke etwas. Der verstand kein Wort. Chinesisch gehörte nicht zu den Sprachen, die er beherrschte. Er wünschte sich Su Ling zum Dolmetschen her. Aber die ließ sich nicht blicken. Möglicherweise hatte sie vor Schreck nicht einmal gesehen, in welche Richtung Tendyke verschwunden war.
    »Ich verstehe Sie nicht«, sagte Tendyke. »Bitte, können Sie englisch sprechen?«
    Man konnte oder wollte nicht.
    Eine Sirene ertönte. Ein Polizeifahrzeug, ein betagter Bejing, rollte heran. Weitere Beamte stiegen aus und untersuchten den Toten. Andere bewachten Tendyke. Die Umstehenden wurden verhört, Personalien aufgenommen. Deren Zeugenaussagen konnten Tendyke natürlich eher be- als entlasten. Plötzlich dirigierten die Beamten ihn auf den Polizeiwagen zu.
    Tendyke protestierte gegen die Festnähme. Er verlangte, daß in dem Speiselokal und Umgebung nach seiner Begleiterin Su Ling gesucht wurde, damit sie als Dolmetscherin tätig werden konnte. Aber das half ihm nicht. Augenblicke später saß er zwischen zwei Beamten im Fond des Wagens und wurde zum Polizeihauptquartier gefahren. In den Gesichtern der beiden Beamten las er, wofür sie ihn hielten.
    Für einen eiskalten Mörder, der einen Mann zu Tode gehetzt hatte.
    ***
    Kommissar Wu Hong-Tiu seufzte. »Das Problem mit euch Ausländern«, sagte er, »ist, daß ihr immer Probleme bereitet. Was soll ich jetzt mit Ihnen machen, Mister Tendyke?«
    Rob Tendyke schwieg. Er sah den ständig lächelnden Kommissar nur an.
    Man hatte ihn immerhin weitaus besser behandelt, als er zuerst befürchtet hatte. Bereits nach zwei Stunden holten sie ihn aus seiner Zelle. Dreimal hintereinander hatte er dann das Geschehen aus seiner Sicht erzählen müssen. Eine Beamtin wirbelte mit dem Schreibstift und zeichnete Schriftsymbole auf Papier. Das sollte wohl das Protokoll sein. Tendyke bedauerte, daß er es nicht lesen konnte. Er konnte auch nicht kontrollieren, was Wu Hong-Tiu der protokollierenden Dame übersetzte. Wu selbst sprach ein leidlich gutes
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