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Drachenfluch1: Zauberschmiedekunst (German Edition)

Drachenfluch1: Zauberschmiedekunst (German Edition)

Titel: Drachenfluch1: Zauberschmiedekunst (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt
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ein Dasein als Schreiber war möglich, dafür hätte er die Kunst des Illustrierens und der Schönschrift beherrschen müssen.
    Vor rund drei Jahren waren seine Eltern an der westwindländischen Angdabargrippe erkrankt, eingeschleppt von Bekannten seines Vaters, die wie er Händler waren. Jiru musste das letzte Geld an Heiler, Betschwestern aus dem Tempel der Nigusa, Göttin der Fruchtbarkeit und Heilkunst, und am Ende an den Totengräber vergeben.
    Alle alten Freunde der Familie hatte er um Hilfe gebeten, demütig gebettelt, sogar auf Knien gefleht – sie alle hatten ihn weggejagt, teils mit Schlägen und Androhungen, die Stadtbüttel zu rufen. Wie es schien, hatte Jirus Vater noch vor seiner Erkrankung überall Schulden gemacht, um mit seinen kläglichen Versuchen zu scheitern, wieder irgendwie ins Handelsgeschäft einsteigen zu können. Der Verkauf des Hauses hatte nicht genug eingebracht, um auch nur einen kleinen Teil dieser Schulden zurückzuzahlen. Niemand wollte Jiru durchfüttern, obwohl er bereit war, für seinen Lebensunterhalt hart zu arbeiten. Zu schlecht war der Ruf der Familie geworden. Von da ab war die Straße Jirus Zuhause gewesen …
    Er fuhr aus seinen finsteren Gedanken hoch, als er die Wand gegenüber des Fensters berührte.
    Zu Jirus Erleichterung öffnete sich die Tür lautlos. Er hatte Sorge gehabt, sie könnte verriegelt sein – er war durchaus geschickt darin geworden, Schlösser zu knacken, doch so etwas kostete Zeit und machte immer Lärm.
    Auf dem Flur war alles still. Jiru schlich konzentriert langsam in Richtung Treppe, vorbei an mehreren Schlafräumen. Aus einem erklang markerschütterndes Schnarchen – zweifellos von Markhalt. Auch hier dämpften Teppiche seine Schritte. Dieser sündhaft teure Luxus aus Cha’ari, dem politischen Mittelpunkt der Westwindländer, war leider zu abgewetzt, um ihn noch verkaufen zu können, darum nahm Jiru keinen der kleineren Läufer mit. Er umging die üppigen Palmgewächse, die Anamia an jeder freien Stelle platziert hatte. Sie war geradezu süchtig nach Pflanzen, obwohl sie im kargen Osten von Karsland aufgewachsen war, wo die Winter lang und die Sommer viel zu heiß waren. Vielleicht brauchte sie gerade deswegen all dieses Grün um sich? Haranstadt lag im Norden des Reiches. Es regnete viel, das Klima war mild, dementsprechend gediehen Bäume und Sträucher. Selbst die ärmeren Häuser besaßen üppige Gärten und alle paar Schritt fand man einen kleinen Park, deren Blumenpracht im Frühjahr und Sommer vergessen ließ, dass man in der umtriebigen Hauptstadt lebte.
    Jiru schaffte es, sich ins Erdgeschoss hinabzuschleichen, ohne die Treppenstufen aus poliertem Kirschholz zum Knarren zu bringen. In der Küche war alles ruhig und die Tür der Vorratskammer ließ sich ohne Schwierigkeiten aufbrechen. Da der Mond sich gerade durch die dichte Wolkendecke gekämpft hatte und ein wenig Licht durch die schweren Fensterläden sandte, konnte er sich notdürftig orientieren; zudem spendete die Glut in der Feuerstelle zusätzliche Helligkeit. Rasch füllte Jiru den mitgebrachten Beutel mit Brot, getrockneten Früchten und Hartwurst. Eine Handvoll geräucherter Forellenstücke verschlang er hastig vor Ort, um den größten Hunger zu stillen. Dazu bediente er sich großzügig am Milchkrug. Den Biervorrat musste er mit Bedauern unbeachtet stehen lassen, es wäre leichtsinnig, sich zu betrinken. Jiru hatte das säuerliche Bier, das Markhalt bevorzugte, nie gern getrunken, dennoch vermisste er den Geschmack, der ihn an glücklichere Zeiten erinnerte.
    Zuletzt suchte er seinen Weg in das Esszimmer, wo er sich am Silberbesteck vergriff. Billiges Besteck, dennoch, es war echtes, sorgsam gepflegtes Silber. Das lief gut! Auf demselben Weg, den er gekommen war, schlich er sich wieder aus dem Haus, ohne auf Schwierigkeiten zu stoßen.

    Aber erst, als er sich eine Stunde später zurück in seinem sicheren Unterschlupf befand – ein durch Gitter verdeckter Hohlraum unter dem Wehrgang der alten Stadtmauer, die dem Verfall preisgegeben und von hunderten Straßenratten wie ihm bevölkert wurde – erlaubte er sich aufzuatmen. Diesen Platz hatte er sich hart erkämpfen müssen, bis man ihm zugestand, dass er ihm gehörte. Einen Kampf, der regelmäßig neu ausgefochten werden musste, wenn Neuankömmlinge kamen oder Alteingesessene glaubten, ein Zeichen von Schwäche zu wittern. Jiru war weniger skrupellos als die meisten anderen, dafür allerdings bei guter Gesundheit und als
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