Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Titel: Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth
Autoren: Colin Cotterill
Vom Netzwerk:
Platz, wo alte Damen Frühlingsrollenteig zum Trocknen auf Drahttischchen auslegten und Rajid, der verrückte Inder, träge seine Runden um den tristen Betonbrunnen drehte.
    Obgleich die Laoten es den meisten Regierungsstellen gegenüber an Respekt bislang erheblich fehlen ließen, nannten die Einwohner von Vientiane das geschmacklose Gebäude, in dem das Sportressort logierte, »Das Ministerium«, auch wenn es wohl eher seine Größe war, die ihnen imponierte, als seine Grandezza. Das ehemalige Französische Kulturzentrum konnte es an architektonischer Finesse ohne Weiteres mit einem Zwei-Sterne-Hotel in einem beliebigen Badeort aufnehmen. Die Beamten für Sport, Information und Kultur hasteten durch die weitläufigen Hallen, und ihre Schritte klapperten wie die Perlen in der ehemals prall gefüllten Schmuckschatulle einer an den Bettelstab geratenen Frau.
    Herr Geung war in der Pathologie geblieben, um die
Neuzugänge im Auge zu behalten. Dtui, die ihren ersten Ermittlungseinsatz außerhalb der Klinik absolvierte, stand in der Straßenmitte neben den Engeln, die dort mit Kreide auf die Fahrbahn gezeichnet waren. Siri stand zwölf Meter entfernt, mit dem Rücken zum Ministerium. Seine Augenbrauen beschrieben einen imaginären Bogen von Dtui zur obersten Etage des Gebäudes hinter ihm. Kopfschüttelnd trat er neben die Krankenschwester.
    »Doch nicht?«, fragte sie.
    »Nun ja, möglich wäre es durchaus, aber... ich weiß auch nicht. Entweder hat er mächtig Anlauf genommen, oder aber er ist geworfen worden. Und hätte ihn jemand geworfen, hätten wir Male an den Armen oder Beinen finden müssen. Haben wir aber nicht.«
    »Meinen Sie nicht, er könnte...«
    Eine Vespa kam um den Brunnen geknattert und nötigte Siri, aus dem Weg und der verdutzten Dtui in die Arme zu springen.
    »Dr. Siri. Sie alter Charmeur, Sie.«
    Peinlich berührt löste er sich aus ihrer Umklammerung. Ein paar Meter weiter hielt der Motorroller an, und der Fahrer, ein durchtrainierter, attraktiver Mann von Mitte vierzig, drehte sich lachend zu ihnen um. Inspektor Phosy stieg ab, wuchtete das alberne Gefährt auf seinen Ständer, und eilte mit ausgestreckter Hand auf sie zu. Siri ergriff die Hand, und die beiden Männer umarmten sich und klopften einander auf den Rücken.
    »Heiß heute, was?«
    »Verdammt heiß.«
    »Wie geht es meinem Lieblingspolizisten?«
    »Dr. Siri. Ich dachte, Sie wären tot.«
    »Was nicht ist, kann ja noch werden.« Sie machten sich
voneinander los, und Siri blickte die Straße entlang. »Ein bemerkenswertes Dienstgefährt haben Sie da. Und die Farbe erst. Lila soll bei der Verbrechensbekämpfung ja wahre Wunder wirken.«
    »Ich bitte um Nachsicht, Genosse. Die Zeiten sind schwer. Da muss man nehmen, was man kriegen kann.« Er blickte Siri über die Schulter. »Wohlsein, Dtui. Sie haben kein Gramm abgenommen.«
    »Sie werden aber auch nicht schöner.«
    Sie schüttelte ihm herzlich die Hand.
    »Und?«, fragte Siri. »Wie kommen Sie zu diesem Fall?«
    »Inzwischen landet alles, was auch nur ansatzweise nach ›Regierung‹ riecht, auf meinem nicht vorhandenen Schreibtisch. Als Dtui anrief und durchblicken ließ, dass es sich bei dem Opfer um einen Regierungsbeamten handeln könnte, holten sie mich aus der Versenkung. Was halten Sie von der Geschichte? War es Selbstmord?«
    »Ich weiß nicht. Es ist merkwürdig. Sofern er nicht gerade seine Flugkünste erproben wollte, frage ich mich, weshalb er nicht einfach vom Dach gesprungen ist. Er wäre mindestens ebenso tot, wenn er nicht den Brunnen angesteuert hätte.«
    »Na schön. Mal sehen, ob uns das Informationsministerium mit Informationen dienen kann.«
    Sie traten gemeinsam durch die elegante Flügeltür und fanden sich in einer Eingangshalle wieder, die bis auf einen Tisch vollkommen leer war. Auf dem Tisch stand ein kleines, handgemaltes Schild mit der Aufschrift AUSKUNFT 1. STOCK.
    Ihre Schritte hallten durch das teakholzgetäfelte Treppenhaus. Die Luft war stickig und verbraucht. Trotz der Hitze waren die meisten Fenster seit dem Abzug der Amerikaner
nicht mehr geöffnet worden. (Amerikanische Sprachkurse hatten die französische Kultur vorübergehend verdrängt, bevor das Gebäude seinem derzeitigen Zweck zugeführt worden war.) Allein die laotische Kultur trat nirgends in Erscheinung. Was wiederum typisch war für die laotische Kultur.
    Im ersten Stock kamen sie zunächst an zwei Amtszimmern vorbei, in denen es weder Leben gab noch Mobiliar. Die dritte Tür war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher