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Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Titel: Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth
Autoren: Colin Cotterill
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angelehnt, und durch den Spalt sahen sie zwei Aktenschränke aus Metall, ein schiefes Regal, in dem sich alle Bücher auf einer Seite drängten, und einen Schreibtisch mit einem Mann darauf.
    Er schlief im Unterhemd, mit einem beseelten Ausdruck in seinem jugendlichen Gesicht. Sein gebügeltes weißes Hemd verwandelte seinen Schreibtischstuhl in eine Vogelscheuche. Obwohl es zwanzig nach eins war und der Mann eigentlich Dienst hatte, klopfte Phosy höflich an und sagte: »Verzeihung.«
    Der Beamte rührte sich nicht, und Phosy wollte eben ein zweites Mal anklopfen, als Siri sich an ihm vorbei ins Zimmer zwängte. Der Doktor war erstaunlich geduldig, doch für bürokratische Inkompetenz hatte er keine Zeit. Boua und er hatten Jahrzehnte ihres Lebens dem Kampf gegen die Korruption gewidmet, und er hatte nicht die Absicht, sich auf seine alten Tage von einem korrupten System vereinnahmen zu lassen. Im schönsten Beamtentonfall bellte er: »Um Himmels willen, Mann! Was treiben Sie denn da? Das hier ist eine Regierungsstelle und kein Ruhestift. Was, wenn plötzlich Not am Sportsmann wäre?«
    Phosy und Dtui wechselten einen stirnrunzelnden Blick.
    Der Mann schreckte zappelnd und fuchtelnd aus seinem Traum, worauf eine Handvoll akkurat gespitzter Bleistifte
quer durchs Zimmer flog. Er hüpfte von der Schreibtischplatte in seine Schuhe. Dann lief er um den Tisch, fischte sein Hemd vom Stuhl und zog es an. Er war ein unscheinbares Männlein mit verwirrter Miene. Er sank auf den Stuhl, knöpfte sich das Hemd zu und fragte seine Besucher, ganz so als hätten sie seine Auferstehung nicht gerade persönlich miterlebt: »Was kann ich für Sie tun?«
    Phosy reichte ihm lächelnd ein mittels Matrize vervielfältigtes Blatt Papier, an dem sein Foto klemmte. Es war sein Dienstausweis. Der Mann studierte ihn ausgiebig.
    »Polizei?«, kombinierte er.
    »Sehr gut. Heute am frühen Morgen wurde vor dem Ministerium ein Toter gefunden. Sie vermissen nicht zufällig jemanden?«
    »Schwer zu sagen.«
    »Warum?«
    »Weil uns ständig Mitarbeiter abhandenkommen. Entweder sie werden in andere Provinzen versetzt. Oder sie sind krank. Wir haben den Amtsleiter und seinen Stellvertreter seit über einer Woche nicht gesehen.«
    »Gibt es denn keine Übersicht? Der sich entnehmen ließe, wer sich wo aufhält?«
    »Hmm. Nein.«
    »Wer ist für die Reiseplanung zuständig?«
    »Ähm. Meine Wenigkeit.«
    »Und Sie führen keine Liste?«
    »Das ist eine gute Idee, aber es hat noch nie jemand danach gefragt. Wenn Sie wissen wollen, wer fehlt, müssen Sie schon von Zimmer zu Zimmer gehen.«
    Und das taten sie denn auch. Siri fragte sich, wie das Informationsministerium zu seinem Namen gekommen war, hatte es in dieser Hinsicht doch wenig Brauchbares
zu bieten. Sie begannen im ersten Stock mit der Durchsuchung und arbeiteten sich langsam in die oberen Etagen vor. Der junge Mann führte sie durchs Haus und stellte ihnen recht entspannt wirkende Sekretärinnen und gesichtslose Männer vor, deren Arbeit sich in der eingehenden Lektüre von Zeitungen, Zeitschriften und Romanen zu erschöpfen schien.
    Siri beschrieb den Toten immer wieder, bis ihm klar wurde, dass die Beschreibung auf gut die Hälfte aller Bediensteten des Ministeriums passte. Sie alle trugen bügelfreie Hosen und Plastikschuhe und litten an einer mehr oder minder schweren Form des Triplikatsyndroms.
    Die Verwaltungsräume im vierten Stock standen größtenteils leer, und die Tür zu den beiden oberen Etagen war offenbar verschlossen. Während die Beamten händeringend nach dem Schlüssel suchten, bemerkte die überaus findige Dtui, dass von innen bereits ein Schlüssel steckte. Sie klopften und riefen, damit jemand herunterkam und ihnen aufschloss, doch ihre Bemühungen trafen auf eisiges Schweigen, was nichts Gutes ahnen ließ.
    »Was ist da oben?«, fragte Siri.
    »Das Archiv«, sagte der junge Mann. »Unsere historische Abteilung, wenn Sie so wollen. Denkmalerhaltung und dergleichen.«
    Siri fragte sich, welchen Wert die Regierung der Bewahrung des nationalen Erbes beimaß, mochte sie doch nicht einmal den Einsatz von Wachleuten zum Schutz der Kulturstätten finanzieren. Wer sich eine Buddha-Büste ins Regal stellen wollte, brauchte sich bloß zu bedienen.
    Dtui ging auf die Knie und konnte den Schlüssel, unter geschicktem Einsatz ihrer Haarnadel und einer sorgfältig platzierten Zeitung, nach kaum zwei Minuten aus dem Schloss
und unter der Tür hindurchbefördern. Phosy war fassungslos vor
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