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Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Titel: Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth
Autoren: Colin Cotterill
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Trotzdem rief sie: »Kann eine Frau hier nicht mal mehr in Ruhe scheißen?«
    Keine Antwort. Die Geräusche verstummten. Und waren nach ein paar Minuten vergessen. Diarrhöe, noch dazu in derart aggressiver Form, vermag selbst die schrecklichsten Gedanken zu vertreiben.
    Zwanzig Minuten später hievte sie sich ächzend hoch und zupfte ihren knöchellangen Baumwoll- phasin zurecht. Sie trat durch die Wellblechtür und wollte sich eben die Hände waschen, als das Ding über sie herfiel. Sie hatte keine Zeit zu schreien, davonzulaufen oder gar den Kopf zu wenden, um nachzusehen, wer oder was ihr da die Hauer ins Genick schlug. Ein mächtiger Armhieb, und sie war tot.

2
    ZWEI LEICHEN UND EIN FAHRRAD
    Als Siri am Montagmorgen in die Klinik kam, herrschte in seinem wodkaschwangeren Schädel ein eitel Hämmern und Sicheln. Hätte er das Formalin direkt aus den Probenflaschen gepichelt, wäre sein Kater kaum schlimmer ausgefallen. Jeder Schritt vom Motorradparkplatz bis zur Pathologie bescherte seinem leidgeprüften Hirn neue, bislang ungekannte Qualen. Die Sowjetunion war ohne Frage dem Untergang geweiht.
    Unter dem französischen MORGUE-Schild blieb er stehen, streifte sich an der amerikanischen WELCOME-Matte sorgfältig die Füße ab und betrat den kühlen, dunklen Bungalow. Sofort spürte er die Gegenwart eines oder mehrerer Geister, war vom Wodka aber noch viel zu benebelt, um ihnen Beachtung zu schenken. Sie konnten warten.
    Er ging in sein Büro, dessen blaue Wände er so lange mit weißer Farbe hatte überpinseln lassen, bis sie grau waren. Alles außer Blau kam Siris Geschmack sehr entgegen. Schwester Dtui saß an ihrem Schreibtisch.
    »Morgen, Genosse Siri«, sagte sie und zeigte ihm ihre hübschen weißen Zähne, bewegte ihren massigen, unförmigen Körper jedoch nicht vom Fleck.

    »Guten Morgen, Dtui.«
    Die ersten drei Wörter des Tages erbrachen sich über seine Lippen wie eine Wagenladung Kies.
    »Oha. War wohl eine längere Sitzung gestern Abend?«
    »Ein kulturelles Experiment.«
    Er plumpste auf seinen Stuhl, und sein Schädel spielte ein Schlagzeugsolo. Er vergrub ihn in den Händen.
    »Sieht aus, als ob das Experiment gründlich misslungen wäre.«
    »Keineswegs, meine getreue Assistentin, keineswegs. Negative Erfahrungen sind nämlich mindestens ebenso lehrreich wie positive. Ich weiß jetzt, dass ich russischen Wodka, auch wenn es sich um eine fromme Gabe handelt und mich der Schriftzug auf dem Etikett gar lieblich und verführerisch anlächelt, in Zukunft meiden werde wie einen stinkenden Elefanten.«
    Dtui stand auf. Ihre blendend weiße Schwesterntracht spannte sich über ihrer breiten Brust wie Wachspapier um eine Schweinshaxe.
    »Was Sie brauchen, ist ein guter Schluck vom Kräutertrank meiner Mutter.«
    »Ach nein. Bitte nicht. Leide ich denn nicht schon genug?«
    »Ich bin gleich wieder da.«
    Sie ging zur Tür.
    »Wo steckt unser anderer tapferer Soldat?«
    »Er ist im Sektionssaal und bereitet die Neuzugänge vor.« In der Tür blieb sie stehen. »Das wird Ihnen gefallen: zwei tote Männer auf einem Fahrrad, mitten auf der Straße, in der Nähe des Nam-Phou-Brunnens im Zentrum. Da wird morgens um zwei normalerweise niemand überfahren. Sie wurden neben dem Rad gefunden. Kein Soziussitz, kein
Gepäckträger. Kein Blut. Das klingt ganz nach einem Fall für... ta-ta-ta-tah!«
    »Dtui?«
    »... Supergeisterdoc.«
    Gickelnd verließ sie das Büro. Siri stöhnte. Das Letzte, wonach ihm jetzt der Sinn stand, war das Öffnen einer Leiche. Vor allem aber hatte er nicht die geringste Lust, seinen schmerzenden Schädel mit Rätseln und Mysterien zu belasten.
     
     
    Dtui fischte in den Untiefen der Kühlkammer nach der verkorkten Flasche mit dem Geheimtrank ihrer Frau Mama. Zwar war es laut Hausordnung streng verboten, Lebensmittel zum persönlichen Gebrauch in der Kühlkammer der Pathologie aufzubewahren, doch das Gebräu ihrer Mutter hatte solche Ähnlichkeit mit Sektionsabfällen, dass nicht einmal der pedantischste Inspektor den Unterschied bemerkt hätte. Es war eine böser Hexensud aus allerlei bizarren Ingredienzen, der scheußlich schmeckte, aber gegen so ziemlich alles half.
    »Wo... wo... wofür ist das, Dtui?« Herr Geung bettete den zweiten Radfahrer auf den Reservetisch. Geung war ein gutaussehender Mann von Anfang vierzig mit ausgeprägtem Down-Syndrom-Gesicht und pechschwarzem Haar, das links und rechts des schiefen Mittelscheitels an seinem Schädel klebte. Wenn er eine Frage stellte,
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