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Down

Down

Titel: Down
Autoren: Nate Southard
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schneidenden Windes und eines einzelnen Motors, der etwas überlastet klingt.
    In der Dunkelheit stolpert eine groß gewachsene Gestalt in Richtung Cockpit, kämpft sich mühsam Sitzreihe für Sitzreihe nach vorn durch, als müsste sie für jeden Schritt die ganze Welt niederringen. Die anderen erkennen, dass es ihr Tourmanager ist, und finden, dass er ein echter Teufelskerl ist. Er wird gleich zurückkommen und ihnen sagen, dass kein Grund zur Sorge besteht.
    Dann sackt die Maschine ohne Vorwarnung nach unten, und ihr Held knallt auf den Kabinenboden.
    »Hallo? Entschuldigung?«
    Der Junge tat, als hätte er nichts gehört. Oder als wäre er zu wichtig, um sich angesprochen zu fühlen. Potter kannte solche Tricks. Dieser Knabe würde ihn nicht zum Narren halten, ganz egal, ob er dafür andere dringliche Probleme vernachlässigte.
    »Entschuldigung. Sir? Würden Sie bitte einen Moment warten?«
    Der Kerl blieb stehen und Potter lächelte innerlich. Mit den Worten »bitte« und »Sir« erreichte man viel, wenn man sie geschickt einsetzte. Als der Jugendliche sich umdrehte, schätzte er ihn auf ungefähr 17. Natürlich machte er einen nervösen Eindruck. Das war bei Leuten üblich, die sich ohne Backstage-Pass hinter die Bühne schlichen. Als er zu dem unbefugten Eindringling aufschloss, fragte er sich, ob dieser Bursche mit Greg Gitarre spielen, Dani einen Heiratsantrag machen oder Jen anbetteln wollte, mit ihm rumzumachen. Solange er nicht gekommen war, um Conner Heroinnachschub zu bringen, gab es keinen Grund, die Sache an die große Glocke zu hängen.
    »Ja. Hi«, sagte der Junge.
    »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    »Was? Nein, alles gut. Danke, Mann.«
    »Ganz sicher?« Er pumpte seinen Brustkorb auf und schob das Kinn vor. Sein wuchtiger Oberkörper und der Bart erledigten den Rest.
    »Hä?« Nervös. Gut so.
    »Ob Sie ganz sicher sind, dass Sie keine Hilfe brauchen.«
    »Ja, ich bin mir sicher.«
    »Wunderbar. Dürfte ich dann bitte Ihren Ausweis sehen?«
    »Meinen …?«
    »Ihren Ausweis«, wiederholte Potter geduldig. Er nahm seine Tourplakette von der Brust und hielt sie ihm hin, wedelte damit vor der Nase des Teenagers herum. Das Band schnappte an seinen dicken Hals zurück. »Den Backstagepass.«
    Eine Sekunde lang starrte ihn der Knabe verständnislos an, als stünde ein Matheprofessor mit einer schwierigen Prüfungsfrage vor ihm. Potter liebte diesen Gesichtsausdruck. Verwirrung und Angst stellten wirklich tolle Sachen mit den Fans an. Als der Junge sich umdrehte und versuchte, wegzurennen, seufzte er leise, streckte den Arm aus und grub seine fleischige Pranke in den Nacken des Flüchtenden. Ein kurzes Aufjaulen war zu hören, dann hatte er den Kerl an seine Seite gezogen und schleifte ihn hinter sich her.
    »Ich bin beeindruckt, Jungchen. Dein Auftritt lässt zwar zu wünschen übrig, aber immerhin bist du so weit gekommen. Das schafft nicht jeder.«
    »Äh …?«
    »Sag nichts. Wir gehen jetzt einfach weiter, bis wir einen Ausgang oder einen von den netten Security-Leuten finden. Ist nur eine Frage der Zeit, bis wir auf eines von beidem stoßen. Guter Plan, oder?«
    »Werden … werden Sie mich rausschmeißen?«
    »Aus dem Konzert? Nein. Aus dem Backstagebereich? Darauf kannst du deinen Arsch verwetten. Wen wolltest du denn treffen?«
    »Ähm … Curtis.«
    »Ach herrje.«
    Die Stimme des Piloten kommt schließlich doch, aber sie klingt nicht so beruhigend, wie alle gehofft haben. Was sie aus den Lautsprechern hören, deutet auf massiven Stress hin und bewegt sich dicht an der Grenze zur Panik.
    »Legen Sie bitte alle Ihre Sitzgurte an. Sofort!«
    Das ist ein Befehl, der ihnen durch und durch geht und sie mitten ins Herz trifft. Hände tasten hektisch nach Gurten. Diejenigen, die aufgestanden waren, legen verrückte, unbeholfene Sprints zu den nächsten Sitzen hin. Im Dunkeln scheint sich Potters stöhnender Umriss in Zeitlupe zu bewegen. Er stemmt sich zunächst auf die Knie und rappelt sich dann auf wackeligen Beinen auf. Der Tourmanager findet einen freien Platz und lässt sich hineinplumpsen, schafft es gerade noch, den Gurt zu schließen, bevor ihn erneut die Kräfte verlassen.
    Das verbliebene Triebwerk beginnt zu stottern.
    Conner bewunderte, wie die Töne, die sein Instrument hervorbrachte, durch die Luft segelten. Er entlockte sie den Saiten und schickte sie mit Fingern, die dünn wie Spinnenbeine waren, in die Welt hinaus. Sie stiegen steil empor, kitzelten ihn am Kinn, glitten dann seine
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