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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf
Autoren: Alison Gaylin
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auf.
    Â»Und wie ist es dazu gekommen?«, fragte Brenna ihn.
    Â»Ich hatte ein kurzes Plauderstündchen mit dem Mann, bei dem er mehr oder weniger gestanden hat.«
    Â»Und die internen Ermittler haben Ihnen geglaubt?«
    Â»Es hat sicher geholfen, dass ich während des Gesprächs mein Handy in der Tasche hatte und die ganze Zeit mit dem Büro des Staatsanwalts verbunden war.«
    Â»Und was ist mit Roger Wright?«
    Â»Der wurde ebenfalls verhaftet. Weil er den Mord an Iris Neff gestanden hat.«
    Brenna blickte ihn aus großen Augen an. »Wright hat den Mord gestanden?«
    Morasco nickte knapp. »Anscheinend hat Iris ihn und Lydia überrascht. Er sagt, er hätte versucht, mit ihr zu reden, und sie dabei versehentlich die Treppe hinuntergestoßen.«
    Â»Er hat mir versprochen, mich immer zu beschützen« , flüsterte sie.
    Â»Wie bitte?«
    Â»Schon gut.«
    Â»Wissen Sie, was seltsam war?«, fragte Morasco sie. »Nachdem Wright gestanden hatte, sah er irgendwie verändert aus. Vielleicht hat mir auch mein Hirn ganz einfach einen Streich gespielt, aber ich hätte schwören können, dass sein Gesicht verändert war.«
    Â»Wie sah er denn aus?«
    Â»Irgendwie menschlich.«
    Brenna drehte leicht den Kopf und starrte in das Gesicht der toten Lydia Neff. Ihre Augen sahen aus wie zwei schwarze Fensterscheiben, weit geöffnet und vollkommen ruhig.

Epilog
(22 Tage später)
    Brenna hatte ganz eindeutig bereits bessere Ideen gehabt, als sich die Niagarafälle ausgerechnet während einer spätherbstlichen Kältewelle anzusehen. Sie schob es auf die Stimmung, in der sie am 16. Oktober, einem herrlich warmen Tag, bei der Planung dieses Kurzurlaubs gewesen war. Eine Stunde zuvor hatte sie einer erleichterten Sarah Stoller am Telefon erklärt, dass ihre Mutter Elizabeth gesund und munter im Benediktiner-Krankenhaus in Kingston aufgefunden worden war. »Wie in aller Welt ist sie dahin gekommen?«, hatte Sarah sie gefragt. »Ach, egal. Ich überweise Ihnen noch heute einen Bonus. Nein, nein. Das ist mein Ernst. Ich bin so glücklich, dass ich das Gefühl habe, als wäre ich noch mal zehn Jahre alt.«
    Danach hatte Brenna einen Anruf aus dem Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Buffalo bekommen. Tim O’Malley hatte sie gefragt, ob sie ihn vielleicht besuchen kommen könnte, und das hatte ihren Tag perfekt gemacht. Zwei Dreiviertelstunden sowie ein paar Telefongespräche später hatte Brenna Maya von der Chorprobe in ihrer Schule abgeholt und ihr erklärt: »In zwei Wochen fahren du und ich zu den Niagarafällen rauf. Ist das nicht toll?« Darauf hatte ihre Tochter derart heftig ihre Augen verdreht, dass Brenna schon befürchtet hatte, sie blieben für alle Zeit so stehen, und grummelnd festgestellt: »Wir werden uns zu Tode frieren.«
    Und als sie jetzt am allerletzten Tag der diesjährigen Saison (die wahrscheinlich besser bereits eine Woche vorher vorbei gewesen wäre) in ihren Plastikponchos auf der Maid of the Mist im flüssigen Eisregen der Wasserfälle kauerten, der wie etwas aus König Lear auf sie herunterging, während ihnen gleichzeitig ein kalter Wind in die wunden roten Nasen biss und sie befürchten ließ, er risse ihnen jeden Augenblick die Ohren ab, gab Brenna, wenn auch widerstrebend, zu … vielleicht hatte Maya recht gehabt.
    Trotzdem versuchte sie ihr Glück und wandte sich dem Mädchen zu. »Die Wasserfälle haben eine wunderbare Farbe, findest du nicht auch?«
    Â»Auch der Mars hat eine wunderbare Farbe«, gab die Tochter ungerührt zurück. »Aber das heißt noch lange nicht, dass ich deshalb, nur mit einem Plastikregenmantel geschützt, dort abgeladen werden will.«
    Brenna schüttelte den Kopf. Sie wollte noch etwas sagen, presste dann aber die Lippen aufeinander, denn sie kehrte in Gedanken zum gestrigen Nachmittag zurück, an Tim O’Malleys Krankenbett, wo der antiseptische Geruch ihre Nebenhöhlen anschwellen ließ, während sie ihn vorsichtig betrachtete. Außer zwei traurigen Augen hatte sie inmitten des Verbandszeugs nichts von seinem Gesicht gesehen. Nach der ersten Operation zur Milderung der Narben, die er bei dem Brand davongetragen hatte, war er vom Kopf bis zu den Füßen bandagiert gewesen (»Na, was sagen Sie zu meinem Halloween-Kostüm?«, hatte er gescherzt.), aber trotzdem hatte er sie sehen
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