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Dornenliebe

Titel: Dornenliebe
Autoren: Christine Feher
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hin.
    »Gut«, stimmt er schließlich zu. »Ruf an und erzähl, was los ist. Du kannst mein Handy nehmen, es ist in meiner Gürteltasche.«
    Luna wählt die 110, wird weitergeleitet, wartet. Schildert den Fall und bekommt die Antwort, man habe alles notiert und werde veranlassen, dass der zuständige Abschnitt die Akte Teresa R. noch einmal durchsehe. Sofern eine rechtliche Grundlage bestehe, die Ermittlungen wieder aufzunehmen, werde man sie darüber informieren.
    »Mehr haben die nicht gesagt?«, fragt Jaron, nachdem Luna das Telefongespräch zusammengefasst hat. »Das ist wieder typisch, es muss immer erst einer draufgehen, bevor die was tun. Dabei ist alles so offensichtlich.«

    Als sie das Ortsschild Heidkate passieren, bemerkt Luna, dass Nieselregen eingesetzt hat, auch dämmert es bereits. Jaron wirkt für kurze Zeit beinahe aufgekratzt, als sie langsam durch den Kiefernwald fahren, den er angekündigt hatte, erzählt Luna von den Sommerferien, die er hier ein- oder zweimal als Kind verbracht hat, vom Baden in der Brandung und bei ruhiger, von der Sonne erwärmter See, von Freunden, die er hier gefunden hatte, von dem kleinen Lebensmittelladen, dessen Süßigkeitenregal auf ihn und die anderen Kinder wie ein Magnet gewirkt hat.
    Luna blickt aus dem Seitenfenster und versucht, sich die Gegend im Sommer vorzustellen; es gelingt ihr nur schwer. Der Wald wirkt dunkel, verwunschen und unheimlich, die Wohnwagen auf dem Campingplatz, den sie passieren, stehen im schwindenden Tageslicht verwaist da. Kein einziges der Häuser, von denen eines das von Jarons Großtante sein muss, ist erleuchtet. Jaron folgt ihrem Blick.
    »Im Sommer wirst du es lieben«, meint er. »In den Semesterferien kommen wir auf jeden Fall wieder her, dann ist hier alles voller Menschen. Jetzt wirkt es natürlich etwas beklemmend.«
    Er biegt in einen schmalen Sandweg ein, fährt jetzt im Schrittempo und sucht die Häuserreihen nach der richtigen Adresse ab.
    »Weißt du die Hausnummer noch?«, erkundigt sich Luna. »Oder sag mir, wie das Haus aussieht, dann kann ich dir besser suchen helfen.«
    »Es war immer das kleinste Haus von allen«, berichtet er. »Bis mein Großonkel einen Wintergarten vor der Küche angebaut hat, daran kannst du es leicht erkennen, es ist das einzige Haus an diesem Weg, das einen hat. Als ich mit zehn zum letzten Mal hier war, bin ich manchmal
oben durchs Fenster auf sein Dach geklettert und kam mir vor wie der König der Ostsee. Das Haus hat mein Großonkel außen dunkelbraun gestrichen, fast schwarz, das Gestell des Wintergartens ist weiß. Die Fensterrahmen waren damals blau, die Dachziegel hatten das übliche Rot. Aber das kann sich natürlich alles geändert haben.«
    Plötzlich jedoch bleibt er stehen, ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Die Scheinwerfer des Autos strahlen ein Haus an, das genau auf Jarons Beschreibung passt.
    »Das hier ist es«, sagt er und lacht leise. »Von wegen, es hat sich was geändert. Hier ist wirklich die Zeit stehen geblieben.«
    Sie steigen aus, Jaron geht voran auf das Grundstück zu, Luna hält sich dicht hinter ihm, blickt sich immer wieder verstohlen um, in dieser Geistersiedlung kann alles Mögliche passieren; wenn Falk hier auftaucht, sind sie ihm allein ausgeliefert, vielleicht ist er längst hier und lauert irgendwo, verstecken kann man sich überall, hinter Zäunen, Kiefern, Büschen, Wohnwagen. Der winzige Vorgarten sieht verwildert aus, gelbliches Gras hat sich zu Boden geneigt, die Terrasse ist übersät von Kiefernzapfen und -nadeln, Giersch modert unter der Buchsbaumhecke hinter dem mit Moos überwucherten Zaun. Jaron tritt an ein Fenster und versucht hindurchzuspähen, die Augen mit beiden Händen seitlich abgeschirmt.
    »Hast du überhaupt einen Schlüssel?«, fragt Luna, die feuchte Kälte kriecht unter ihre Jacke und lässt sie erschauern, sie tritt von einem Fuß auf den anderen und hüpft ein wenig auf und ab; nach der Wärme in dem beheizten Auto friert sie jetzt draußen umso mehr. Jaron schüttelt den Kopf.
    »Wenn alles so geblieben ist, wie es früher war, weiß ich aber, wo ich ihn finde«, antwortet er und geht um das
Haus herum in den hinteren Teil des Gartens, steuert auf einen Metallschuppen zu und rüttelt an der Tür, die an der unteren Kante vom Gras eingewachsen ist, mit einem widerstrebenden, heiseren Quietschen lässt sie sich schließlich öffnen. Jaron tritt ein, räumt ein paar Gartengeräte beiseite und legt damit einen kleinen an der Wand
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