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Dornenliebe

Titel: Dornenliebe
Autoren: Christine Feher
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die Wand geworfenen Tasse.
    »Das ist er«, flüstert Jaron. »Verdammt, wie ist er nur reingekommen? Wie hat er uns gefunden?« Er schlingt seine Arme fest um Luna und hält sie fest, beide sind wie gelähmt, Luna hat das Gefühl, ihr Kopf sei aus Watte, ausgeschaltet, sie weiß, dass sie jetzt sofort handeln müssten. Er muss durch das Fenster in der Toilette gekommen sein, denkt Luna, denkt an das zerrissene Foto, jetzt ist es also so weit, jetzt sollen wir sterben, gleich wird er hinaufkommen, wenn er unten alles nach uns durchsucht hat.
    Die nächsten Sekunden verlaufen in unheimlicher Stille, nur hier und da sind leise Geräusche zu hören, nichts Polterndes
mehr, ab und zu hört es sich an, als ob jemand nasse Lappen gegen die Wände klatscht.
    »Was macht der da?«, fragt Luna, doch plötzlich kommt Leben in Jaron.
    »Raus hier, wir müssen raus, so schnell wie möglich!«, schreit er dicht neben ihrem Ohr und stürzt zum Fenster an der Schmalseite des Dachbodens hin, macht sich am Griff zu schaffen, stellt es in seiner Panik erst in Kippstellung, ehe er es weit öffnet und ihr helfen will, nach draußen auf das Dach des angebauten Wintergartens zu klettern. »Beeil dich, mach schnell! Er jagt uns sonst in die Luft, er muss völlig ausgeflippt sein!«
    Ein schneller, tiefer Atemzug geht wie ein Ruck durch Lunas Körper. Deutlich nimmt sie jetzt Benzingeruch wahr; Jaron hat recht, Falk muss einen Kanister Benzin im Haus verteilt haben.
    »Die Glut«, bringt sie beinahe tonlos hervor. »Die Glut im Kamin, er wird das Haus anzünden.« Und schon klettert sie nach draußen auf den Wintergarten. Gerade hilft sie Jaron, der etwas Mühe hat, durchs Fenster zu kommen, weil seine Schulter sich im Fensterrahmen verkantet, als ein scharfer Knall die Luft zerreißt, gefolgt vom hellen Klirren zerspringender Glasscheiben und dem Donnern sich rasant ausbreitenden Feuers. Jaron hat es geschafft, aus dem Fenster zu steigen, er packt Lunas Hand und klettert mit ihr zum Rand des Daches, beinahe stolpern sie, Jaron springt als Erstes hinunter, geschickt fallend, rappelt sich sofort wieder hoch, um Luna aufzufangen. Atemlos stehen sie vor dem lodernden Ferienhaus, aneinander geklammert, die Hitze zwingt sie, sich einige Meter zu entfernen, ohne dass sie jedoch den Blick von der Feuersbrunst wenden.
    »Er ist noch drin!«, schreit Luna und will auf das Haus zustürzen, »Falk muss noch da drin sein; er kennt den
Trick mit der Tür nicht, und wenn er nicht rechtzeitig ein Fenster erreicht hat …«
    Jaron hält sie zurück. »Du kannst ihn nicht retten«, beschwört er sie. »Nicht, ohne dich selbst in tödliche Gefahr zu begeben. Du hast doch selbst gehört, wie Falk durchs Haus gegangen ist, er war wie von Sinnen, er hat überall mit dem Zeug herumgespritzt, um es dann anzuzünden und uns abzufackeln. Der Knall eben war die Explosion des Kanisters. Dadurch entsteht sofort ein riesiger Feuerball. Er hat absolut keine Chance. Und wir sollten zusehen, dass wir noch weiter von dem Haus weggekommen, wer weiß, ob es nicht gleich in die Luft fliegt.«
    Doch Luna reißt sich los von Jaron. Als hätte sie seine Worte nicht gehört, als gäbe es noch eine Chance, Falk zu retten, ausgerechnet ihn, der ihr so viel angetan hat, läuft sie in Richtung Haustür. In diesem Moment hört sie drinnen im Haus einen Schuss. Luna schreit auf, sinkt auf die Knie, da ist Jaron bei ihr, hilft ihr auf und trägt sie weg bis ans Ende der Straße, in sicherer Entfernung des brennenden Hauses. Dort kauern sie sich auf eine niedrige Mauer.
    »Ich wollte das nicht«, stammelt Luna und verbirgt ihr Gesicht an Jarons Brust, um nicht mehr hinsehen zu müssen, doch sie spürt die Hitze, obwohl sie bei winterlichen Lufttemperaturen im Sleepshirt draußen steht. »Dass er umkommt, habe ich nicht gewollt.«
    »Du hast keine Schuld«, versucht Jaron, sie zu beruhigen. »Genauso wenig wie bei Thore. Falk war total gestört, er hat sich das alles selber so gebaut.«
    »War«, wiederholt Luna. »Er ist tot. Erst Thore und nun er. Es ist so furchtbar, Jaron.«
    Jaron nickt. Die Explosionsgefahr scheint gebannt, doch das Feuer lodert noch, in der nassen Umgebung breitet es sich nur langsam weiter aus, die angesengten Nadelbäume ringsum qualmen mehr, als dass sie brennen,
schwarzer Rauch steigt in den blassen Winterhimmel auf. Luna und Jaron sitzen eng umschlungen, bis sie nach einigen Minuten in der Ferne ein Martinshorn hören, dann noch eines und noch eines, sie
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