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Dornenliebe

Titel: Dornenliebe
Autoren: Christine Feher
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hängenden Holzkasten frei, der vor langer Zeit als Nistplatz für Singvögel gedient haben muss. Luna hört das metallische Geräusch von hin und her geschobenen Schrauben, dann zieht Jaron seine Hand heraus und lässt ein dreiteiliges Schlüsselbund vor Lunas Gesicht baumeln.
    »Na, wie bin ich?«, fragt er, und sein Grinsen beruhigt Luna etwas, zumindest für den Moment scheint sich Jaron sicher zu fühlen, noch hat Falk sie nicht gefunden, noch sind sie einfach ein frisch verliebtes Studentenpärchen, das auf die verrückte Idee gekommen ist, mitten im Winter Urlaub in einer verlassenen Strandsiedlung zu machen. Jaron steuert eine Seitentür am Haus an, hinter der sich ein weiterer Schuppen verbirgt, und bedient die Schalter im Stromzählerkasten, dreht den Hauptwasserhahn auf. Dann geht er zurück zur Eingangstür und versucht, sie aufzuschließen, Luna hört, dass der Schlüssel nicht sofort einrastet, Jaron schiebt und drückt, rüttelt an der Tür, schließlich gelingt es ihm.
    »Auch das war früher schon eine der Tücken«, erzählt er, »aber jetzt in der Kälte und nach so langer Zeit geht es natürlich besonders schwer. Komm rein - ich hoffe, du erwartest jetzt keinen Palast oder so. Meine Großtante lebt seit Jahren im Altenheim, mein Großonkel ist tot und meine Eltern und alle anderen Verwandten zu weit weg, um regelmäßig herzukommen. Deshalb ist die Hütte natürlich nicht auf dem neuesten Stand der modernen Technik.«

    »Du musst dich nicht rechtfertigen.« Luna folgt ihm ins Innere des Hauses, froh, endlich nicht mehr draußen stehen zu müssen, der Regen ist mit der Zeit stärker geworden. Im Inneren des Haus ist es ebenfalls kalt, Lunas Hand streift einen Vorhang, der durch das Öffnen der Tür beiseitegeschoben wird, er fühlt sich klamm an, Luna denkt daran, dass das Gleiche wohl auch für die Bettwäsche gilt, aber das alles macht nichts, solange Jaron da ist, neben ihr ist, sie sehnt sich danach, seinen warmen Körper zu spüren. Er tastet an der Wand nach dem Lichtschalter, inzwischen ist es draußen fast dunkel, Luna atmet auf, als der Raum endlich erleuchtet wird, und blickt sich um.
    Sie stehen in einem kleinen Flur, der zu einer schmal geschnittenen Küche mit einem alten Emaillespülbecken und einem kleinen Gasherd führt; einem Buffetschrank, dessen Baujahr sie auf irgendwann in den Fünfzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts schätzt. Ein Esstisch findet keinen Platz in dieser Küche, doch Jaron öffnet eine weitere Tür, die in ein kleines Wohnzimmer führt, und schaltet auch dort das Licht ein; hier würde am Tisch unter dem Fenster immerhin eine vierköpfige Familie sitzen können. Luna findet spontan Gefallen an dem dunkelblau und hellblau gestreiften Sofa, das an der Wand im rechten Winkel dazu zum Ausruhen einlädt, dann entdeckt sie an der gegenüberliegenden Wand einen kleinen Fernsehtisch und einen Kamin, vor dem Fenster und einer ehemaligen Terrassentür tut sich der Wintergarten auf, eine alte Hollywoodschaukel lässt erahnen, dass dies im Frühjahr und Herbst, wenn noch die Sonne scheint, sicher ein einladender Platz ist. Jaron lächelt.
    »Wir machen gleich als Erstes den Kamin an«, verspricht er. »Du wirst sehen, dann wird es hier schnell bullig warm. Mit einer Zentralheizung kann ich leider nicht dienen.« Schon geht er in die Küche und sucht den
Schrank nach einem Feuerzeug oder Streichhölzern ab, Luna prüft inzwischen die Holzscheite, die in einem Weidenkorb neben dem Kamin liegen, sie zweifelt, dass sie trocken genug zum Verfeuern sind, doch Jaron hält triumphierend nicht nur Streichhölzer, sondern sogar ein angebrochenes Päckchen Anzünder in die Höhe, als er zurück ins Zimmer kommt.
    Es dauert eine Weile, bis das Feuer zuverlässig brennt, immer wieder müssen sie es von Neuem entfachen, durch die Feuchtigkeit des Holzes qualmt und raucht es, Luna hustet und wedelt mit der Hand vor ihrem Gesicht, springt auf, um im Haus nach Altpapier und Pappe zu suchen, aber schließlich gelingt es ihnen doch, das Feuer am Brennen zu halten.
    »Gewonnen«, sagt Jaron. »Vielleicht sind im Schuppen noch Kohlebriketts, die wärmen noch besser durch. Danach zeige ich dir den Rest.«
    Er bleibt lange draußen, viel zu lange, Luna späht durch das Fenster in die Dunkelheit, denkt an Falk, es gelingt ihr nicht, das Gefühl von Bedrohung abzustreifen, nachdem er ihnen noch vor wenigen Stunden eine Verfolgungsjagd geliefert hat, sie sieht ihn in den Umrissen der
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