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Don Camillo und Peppone

Don Camillo und Peppone

Titel: Don Camillo und Peppone
Autoren: Giovannino Guareschi
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scheint eine Frau gewesen zu sein.»
    Peppone antwortete: «Aber nein!» und hätte ihn am liebsten erwürgt.
    Es war schon spät am Abend, und Don Camillo beschäftigte sich in der leeren Kirche. Er hatte auf der letzten Altarstufe eine Leiter aufgestellt. Im Holze eines Armes des Kruzifixes war ein Sprung, entlang der Holzader; Don Camillo füllte ihn mit Gips und war jetzt im Begriffe, die Stelle mit ein wenig Lack zu behandeln.
    Auf einmal seufzte er, und Christus sprach leise zu ihm: «Was hast du denn, Don Camillo? Seit einigen Tagen kommst du mir müde vor. Ist dir nicht gut? Vielleicht die Grippe?»
    «Nein, Jesu», beichtete Don Camillo, ohne den Kopf zu heben. «Es ist die Angst.»
    «Du hast Angst? Und wovor?»
    «Ich weiß nicht. Wenn ich wüßte, wovor ich Angst habe, hätte ich keine Angst mehr», antwortete Don Camillo. «Etwas stimmt aber nicht, etwas liegt in der Luft, etwas, vor dem ich mich nicht verteidigen kann. Wenn mich zwanzig Menschen mit dem Gewehr in der Faust angreifen, fürchte ich mich nicht; sie sind mir lästig, weil sie zwanzig sind und ich allein und ohne Gewehr. Wenn ich mitten auf dem offenen Meer bin und ich kann nicht schwimmen, dann denke ich mir: in einer Minute ertrinke ich wie ein Kücken. Und es tut mir sehr leid, ich fürchte mich aber nicht. Wenn man über eine Gefahr nachdenken kann, hat man keine Angst. Die Angst gibt es bei den Gefahren, die man spürt, aber nicht kennt. Es ist, als ob ich mit verbundenen Augen auf einer unbekannten Straße gehen würde. Eine schlimme Sache.»
    «Hast du nicht mehr Vertrauen zu deinem Gott, Don Camillo?»
    «Da mihi animam, cetera tolle. Die Seele ist Gottes, der Körper gehört der Erde. Der Glaube ist stark, diese Angst ist aber physisch. Mein Glaube kann unendlich sein, wenn ich aber zehn Tage nichts zu trinken habe, dürstet mich.
    Der Glaube besteht darin, diesen Durst zu ertragen und ihn mit abgeklärtem Herzen als eine von Gott geschickte Prüfung anzunehmen. Jesu, ich bin bereit, tausend Ängste Dir zuliebe zu ertragen. Ich habe aber Angst.»
    Christus lächelte.
    «Verachtest Du mich?»
    «Nein, Don Camillo, wenn du keine Angst hättest, was wäre schon dein Mut wert?»
    In den Dörfern am großen Strom beunruhigt die Stille, weil man in ihr die Drohung spürt. Don Camillo zog aufmerksam den Pinsel über das Holz des Kreuzes und sah die Hand Christi, von einem Nagel durchbohrt. Und es schien ihm auf einmal, als ob sich diese Hand beleben würde. In diesem Augenblick ertönte ein Schuß in der Kirche.
    Jemand hatte vom Fenster der kleinen Seitenkapelle aus geschossen.
    Ein Hund bellte, dann bellte noch ein Hund. Man hörte aus der Ferne eine kurze Garbe aus einer Maschinenpistole. Dann wurde wieder alles still.
    Bestürzt schaute Don Camillo auf Christi Gesicht.
    «Jesu», sagte er. «Ich habe Deine Hand auf meiner Stirn gespürt.»
    «Du phantasierst, Don Camillo.»
    Don Camillo senkte den Blick und heftete ihn auf die durchnagelte Hand.
    Dann erschauerte er, und die Büchse und der Pinsel entglitten seinen Fingern.
    Christi Handgelenk war von einer Kugel durchbohrt.
    «Jesu», sagte er schwer atmend, «Du hast mir den Kopf beiseite geschoben, und die Kugel, die für mich bestimmt war, hat Deine Hand getroffen.»
    «Don Camillo!»
    «Die Kugel ist nicht im Holz des Kreuzes steckengeblieben!» schrie Don Camillo. «Da ist sie!»
    Auf der rechten Seite, hoch oben, gegenüber dem Fenster der Kapelle, war ein Rahmen, darin ein silbernes Herz. Die Kugel hatte das Glas zerbrochen und war mitten im Herzen steckengeblieben.

    Don Camillo lief in die Sakristei, kam mit einer langen Leiter zurück und spannte eine Schnur zwischen dem Loch, das die Kugel im Fensterglas gemacht hatte, und dem Loch im silbernen Herzen. Und die Schnur lief dreißig Zentimeter vom Nagel in der Hand Christi.
    «Hier war mein Kopf», sagte Don Camillo. «Deine Hand wurde getroffen, weil Du mir den Kopf nach hinten geschoben hast! Das ist der Beweis!»
    «Don Camillo, beruhige dich!»
    Don Camillo konnte sich aber nicht mehr beruhigen, und wenn ihn nicht ein Elefantenfieber überkommen hätte, weiß Gott, was Don Camillo noch ausgeklügelt hätte. Und Gott, der alles wußte, schickte ihm dieses Elefantenfieber, das ihn im Bett festhielt wie einen nassen Fetzen.

GELB UND ROSA
    Das Fenster, durch das geschossen worden war, schaute auf ein kleines Feld, das Eigentum der Kirche war, und der Feldwebel und Don Camillo standen hinter der kleinen Kapelle und prüften
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