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Don Camillo und Peppone

Don Camillo und Peppone

Titel: Don Camillo und Peppone
Autoren: Giovannino Guareschi
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erhob die Hand, und Peppone gab ihm das Zeichen, daß er sprechen könne.
    «Vor allem», sagte Lungo, «könnte man der Frau Reaktion sagen, sie soll uns zuerst beweisen, daß es überhaupt ein Attentat gegen den Pfaffen gegeben hat. Denn bis jetzt behauptet er es allein. Und da es keine Zeugen gab, kann es leicht Hochwürden selbst gewesen sein, der einen Revolverschuß abfeuerte, um dann in seiner schmutzigen Zeitung infam gegen uns schreiben zu können!
    Zuerst die Beweise, bitte!»
    «Gut», stimmte die Versammlung zu. «Lungo hat recht.»
    Peppone ergriff das Wort. «Augenblick! Was Lungo sagt, ist richtig; wir dürfen aber die Möglichkeit nicht ausschließen, daß die Geschichte wahr ist.
    Wenn man Don Camillos Charakter kennt, bitte, in aller Anständigkeit, man kann nicht sagen, daß er mit zweideutigen Mitteln vorgeht ...»
    «Genosse Peppone», unterbrach ihn Spocchia, der Zellenleiter von Molinetto. «Denke daran, ein Priester bleibt immer Priester! Du läßt dich von Gefühlen an der Nase herumführen! Hättest du mir gefolgt, wäre seine schmutzige Zeitung nie erschienen, und die Partei hätte heute keinen Schaden durch seine infamen Behauptungen im Zusammenhang mit Pizzis Selbstmord!
    Kein Erbarmen für die Feinde des Volkes! Wer mit den Feinden Mitleid hat, verrät das Volk!»
    Peppone schlug mit der Faust auf den Tisch. «Ich brauche deine Morallektionen nicht!» brüllte er.
    Spocchia ließ sich nicht beeindrucken.
    «Ja, wenn du dich damals nicht dagegen gestellt hättest, hätten wir alles erledigen können, als es noch Zeit war», schrie er, «und jetzt wäre diese reaktionäre Bande nicht mehr da! Ich ...» Spocchia war ein junger Mann von ungefähr fünfundzwanzig Jahren, mager, mit langem, nach hinten gekämmtem Haar, das oben gelockt und an den Schläfen eingeölt und glatt war, hinten mit einer Art Schopf, wie bei den städtischen Schlurfs und den Kaffeehaushelden in Trastevere. Er hatte kleine Augen und schmale Lippen.
    Peppone ging drohend auf ihn zu. «Du bist ein Idiot», sagte er und schaute ihm fest ins Gesicht. Der andere erblaßte und schwieg. Peppone kehrte zum Tisch zurück und fuhr fort:
    «Die Reaktion macht sich einen Zwischenfall zunutze, der sich bis jetzt nur auf die einfache Behauptung eines Priesters stützt, und versucht, dem Volke neuen Schaden zuzufügen. Es ist notwendig, daß die Genossen entschlossener sind denn je. Auf die infamen Beschuldigungen ...»
    Und auf einmal geschah etwas Merkwürdiges, was ihm bis jetzt noch nie geschehen war. Peppone hörte sich selbst zu. Es kam ihm vor, als ob er, Peppone, dort hinten stünde und zuhörte, was Peppone sprach.
    («... verkaufte Seelen, die Reaktion im Solde der Feinde des Proletariats, Hungerpolitik der Herren ...»)
    Peppone hörte sich zu, und es schien ihm immer mehr, als höre er niemand anderem zu.
    («... die Savoya-Clique ..., der falsche Klerus ..., die schwarze Regierung ..., Amerika ..., Plutokratie ...»)
    «Was heißt nur Plutokratie? Warum spricht er von der Plutokratie, wenn er nicht weiß, was das heißt?» dachte Peppone. Er schaute umher und sah Gesichter, die er fast nicht wiedererkannte. Zweideutige Blicke und am zweideutigsten der Blick des jungen Spocchia. Er dachte an Brusco, an den Getreuesten, und suchte seinen Blick; Brusco war aber ganz hinten, mit verschränkten Armen und gesenkten Hauptes.
    («... wir wissen aber, daß die Feinde den Geist der Widerstandsbewegung in uns nicht schwächen können ..., die Waffen, die wir damals zur Verteidigung der Freiheit ergriffen ...»)
    Peppone hörte nunmehr, daß er im Begriff war, wie ein Verrückter zu brüllen. Der Applaus brachte ihn wieder zu sich.
    «So ist's recht», flüsterte ihm Spocchia beim Abschied zu. «Du weißt, ein Pfiff genügt, und man fängt an. Meine Burschen sind immer bereit, auch in einer Stunde.»
    «Bravo, bravo!» antwortete Peppone und klopfte ihm auf die Schulter. Am liebsten hätte er ihm aber Dynamit unter dem Kürbis angezündet. Gott weiß, warum.
    Er und Brusco blieben allein und schwiegen eine Weile.
    «Also?» schrie plötzlich Peppone. «Bist du denn stumm geworden? Du sagst mir nicht einmal, ob ich gut oder schlecht gesprochen habe?»
    «Du hast sehr gut gesprochen», antwortete Brusco. «Sehr gut. Besser denn je.» Dann senkte sich wieder zwischen die beiden der Vorhang des Schweigens.
    Peppone schrieb in einem Buch Rechnungen auf. Auf einmal ergriff er einen Briefbeschwerer aus Kristall, warf ihn heftig zu Boden
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