Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Camillo und Peppone

Don Camillo und Peppone

Titel: Don Camillo und Peppone
Autoren: Giovannino Guareschi
Vom Netzwerk:
die Sache.
    «Das ist der Beweis», sagte der Feldwebel und zeigte auf vier Löcher, die man deutlich auf dem hellen Anstrich der Wand sah, einige Zoll unter dem Steinrahmen des Fensters.
    Er nahm ein Messer aus der Tasche, kratzte in einem Loch, und zum Schluß kam etwas heraus.
    «Meiner Meinung nach ist die Sache einfach», erklärte der Feldwebel.
    «Dieser Kerl stand weit von hier entfernt und feuerte eine Garbe aus der Maschinenpistole auf das beleuchtete Fenster. Vier Kugeln sind in der Mauer stecken geblieben, eine hat das Fenster getroffen und ist hineingeflogen.»
    Don Camillo schüttelte den Kopf.
    «Ich habe Ihnen gesagt, daß ein Schuß von hier abgefeuert wurde. Ich bin ja noch nicht so kindisch geworden, um nicht einen Revolverschuß von einer Garbe aus der Maschinenpistole unterscheiden zu können! Zuerst ist der Revolverschuß gefallen, von hier, dann kam die Garbe aus der Maschinenpistole von der Ferne.»
    «Man müßte dann die Hülse hier in der Nähe finden!» erwiderte der Feldwebel. «Und ich finde sie nicht.»
    Don Camillo zuckte mit den Achseln.
    «Mein Gott, man müßte ja ein Musikkritiker von der Scala sein, um nach dem Ton unterscheiden zu können, ob ein Schuß aus einer automatischen Pistole oder aus einer Trommelpistole kommt! Falls der hier aus der Trommelpistole geschossen hat, hat er die Hülse mitgenommen.»
    Der Feldwebel schnüffelte herum, und zum Schluß fand er etwas unter dem Stamm eines der Kirschbäume, die fünf oder sechs Meter von der Kirche entfernt waren.
    «Eine Kugel hat die Rinde gestreift», sagte er. Und die Sache war offensichtlich.
    Er kratzte sich verlegen hinter dem Ohr.
    «Ach was», murmelte er schließlich, «spielen wir die wissenschaftliche Polizei.»
    Er nahm eine Stange, stieß sie in den Boden, knapp an der Wand, vor einem Loch im Anstrich; dann begann er auf dem Feld hin und her zu gehen, zielte immer wieder auf den Stamm des getroffenen Kirschbaumes und wechselte immer wieder den Platz, bis der Stamm die an der Wand aufgestellte Stange deckte. Unversehens befand er sich vor dem Zaun, und jenseits des Zaunes waren ein Graben und ein Fahrweg.
    Don Camillo folgte dem Feldwebel, und jeder begann auf einer Seite des Zaunes die Erde abzusuchen. Nach fünf Minuten sagte Don Camillo:
    «Da habe ich sie», und zeigte eine Hülse aus der Maschinenpistole. Dann fanden sie noch drei.
    «Das ist der Beweis dafür, was ich Ihnen sagte», sprach der Feldwebel. «Der Kerl hat von hier aus auf das Fenster geschossen.»
    Don Camillo aber schüttelte den Kopf.
    «Ich verstehe nicht viel von Maschinenpistolen», sagte Don Camillo, «ich weiß aber, daß die Kugeln keine Kurven machen. Schauen Sie selbst!»
    Inzwischen kam ein Gendarm und berichtete dem Feldwebel, daß im Dorfe alles ruhig sei.
    «Danke schön!» bemerkte Don Camillo. «Hat man vielleicht auf Sie geschossen? Auf mich hat man geschossen!»
    Der Feldwebel ließ sich vom Gendarmen das Gewehr geben, legte sich auf den Boden und zielte in die untere Ecke des Fensters, wo ungefähr das Kugelloch war.
    «Wenn Sie jetzt schießen, wo wird die Kugel treffen?» fragte Don Camillo.
    Jedes Kind hätte es ausrechnen können. Von dort abgefeuert und gezwungen, durch das kleine Fenster in die Kirche zu dringen, wäre ein Geschoß höchstens bis zum ersten Beichtstuhl rechts, drei Meter vom Kircheneingang, gekommen.
    «Wenn es keine ferngelenkte Kugel war, konnte sie auch mit größter Mühe den Altar nicht erreichen», schloß der Feldwebel. «Das bedeutet, Don Camillo, daß man mit Ihnen aus einer Verlegenheit in die andere kommt! Es ist haarsträubend! Genügt es Ihnen vielleicht nicht, daß ein einziger auf Sie schießt? Nein, mein Herr; er braucht zwei! Einen, der vom Fenster auf ihn schießt, und einen, der von einem hundertfünfzig Meter entfernten Zaun schießt.»
    «Ja, so sind wir», sagte Don Camillo. «Es kommt mir auf die Spesen nicht an.»
    Am Abend versammelte Peppone im Parteiheim seinen ganzen Stab und alle Vertrauensleute.

    Peppone war finster.
    «Genossen», sagte er. «Ein neues Ereignis hat die lokale Situation noch mehr kompliziert. Ein Unbekannter hat heute nacht auf unseren sogenannten Pfarrer geschossen, und die Reaktion nützt diesen Zwischenfall aus, um den Kopf zu erheben und Schmutz auf unsere Partei zu werfen. Niederträchtig wie immer, wagt die Reaktion nicht, klar zu sprechen, sondern murmelt in den Ecken und beschuldigt uns, daß wir für dieses Attentat verantwortlich seien!»
    Lungo
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher