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Don Camillo gibt nicht auf

Don Camillo gibt nicht auf

Titel: Don Camillo gibt nicht auf
Autoren: Giovannino Guareschi
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das Madonnenbild muß neu gemalt werden.»
    «Das überlassen Sie mir!» rief der Junge. «Kümmern Sie sich darum, daß die Mauer trockengelegt wird. Inzwischen denke ich mir die Figur aus und mache die Skizze und die Schablone bereit. Wenn es soweit ist, besorgen Sie mir den Maurer für den Mörtel. In der Freskomalerei kenne ich mich gut aus. Aber ich muß ungestört arbeiten können: Sie bekommen das Bild erst zu sehen, wenn es fertig ist. Für mich ist es eine Tortur, wenn man mir beim Arbeiten über die Schulter starrt.»
    Don Camillo war so glücklich, daß ihm sogar der Schnauf für ein «Jawohl» wegblieb.

    Der junge Mann war ein leidenschaftlicher Künstler, und daß er sich hier nicht nur an einem Ort befand, der ihm gefiel, sondern sich neuerdings auch noch regelmäßig und reichlich sattessen konnte, verlieh ihm einen außerordentlichen begeisterten Schwung. So machte er sich, nachdem das Bild mit den Laubengängen am Kirchplatz - unter dem ungeteilten Beifall des Dorfes -fertig war, auf Entdeckungsfahrten durch die Bassa und auf die Suche nach einer Inspiration für Don Camillos Muttergottes.
    Eine konventionelle Madonna konnte er nicht malen: Er mußte ein echtes, lebendes Gesicht vergeistigen. Das Gemälde sollte nicht nur eine Huldigung für Don Camillo, sondern eine Huldigung an die Kunst sein.
    In der ersten Woche brachte er die Flickarbeiten an der Ziermalerei hinter sich. Darüber hinaus restaurierte er noch das große Oelbild über dem Chor - aber wohl war ihm nicht dabei. Erst wenn er die Anregung zum Muttergottesbild in der kleinen Kapelle fand, würde die innere Unruhe, die von Tag zu Tag stärker wurde, sich legen.
    Am Ende der zweiten Woche aber sah es für den armen Jungen noch schlechter aus: Die Mauer in der
    Seitenkapelle wartete, völlig saniert, schon seit einer ganzen Weile auf den Maler, und der Maler war noch weit vom Ziel.
    Bald tausend Frauen hatte er angeschaut, im Dorf und in allen Nebengemeinden, aber kein einziges interessantes Gesicht gefunden.
    Don Camillo wurde bald inne, daß etwas nicht stimmte: Der junge Mann schien seine Arbeitslust verloren zu haben und mehr als einmal brachte er von seinen Streifzügen nicht einmal eine Skizze zurück.
    «Interessiert Sie die Gegend nicht mehr?» erkundigte sich Don Camillo eines Abends. «Es gibt doch noch so viele schöne Dinge hier, die Sie nicht auf der Leinwand festgehalten haben.»
    «Mich interessiert jetzt nur noch eine schöne Sache, und die kann und kann ich nicht entdecken!» erwiderte der junge Mann mutlos.
    Am nächsten Morgen bestieg er sein Fahrrad und machte sich mit dem festen Vorsatz auf den Weg: «Wenn ich heute nichts finde, verlasse ich das Dorf.»
    Er überließ es dem Zufall, ihn zu führen: er fuhr in die Gehöfte, um ein Glas Wasser oder sonst etwas zu erbitten, er hielt jedesmal an, wenn er einem weiblichen Wesen begegnete, doch seine Bitterkeit nahm ständig zu.
    Zur Mittagszeit war er in La Rocca, der Fraktion, die der Hauptgemeinde am nächsten lag, und betrat das Wirtshaus «Zum Fasan», um etwas zu essen. Er mochte nicht nach Hause.
    Die Gaststube, ein großer, niedriger Raum mit Balkendecke und kitschigen Oeldrucken an den Wänden, war leer.
    Als eine alte Frau erschien, bestellte der Maler Brot, Wurst und ein Glas Wein.
    Kurze Zeit später stellte eine Hand einen Teller mit aufgeschnittener Wurst, ein Glas Wein und ein Stück Brot auf die dunkle Tischplatte, und als der Junge aufblickte, verschlug es ihm den Atem: die Inspiration war gefunden!
    Die Inspiration war höchstens fünfundzwanzig Jahre alt und bewegte sich mit der Unbekümmertheit einer Achtzehnjährigen. Was ihn aber interessierte, war einzig und allein das Gesicht der Frau.
    Unverwandt und entgeistert starrte er in dieses Gesicht, das er so lange gesucht hatte.
    Das Mädchen hielt dem Blick eine Weile stand, dann fuhr es ihn ärgerlich an: «Was ist? Haben Sie etwas gegen mich?»
    «Entschuldigen Sie», stotterte der junge Mann verwirrt.
    Das Mädchen ging hinaus, kam aber bald zurück und setzte sich mit einer Näharbeit neben die Tür.
    Der Maler konnte nicht widerstehen: Er zog seinen Block heraus und begann zu zeichnen.
    Nach einer Weile hob das Mädchen, das seine Blicke auf sich fühlte, den Kopf und sagte: «Darf man fragen, was Sie tun?»
    «Wenn Sie gestatten, möchte ich Ihr Porträt zeichnen», antwortete der junge Mann.
    «Mein Porträt? Wozu?»
    «Ich bin Kunstmaler», gab der Jüngling verlegen Auskunft, «und einen Maler
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