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Don Camillo gibt nicht auf

Don Camillo gibt nicht auf

Titel: Don Camillo gibt nicht auf
Autoren: Giovannino Guareschi
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über das Dorf hinaus, und als am Abend Don Camillo das Kirchenportal abschließen wollte, löste sich aus dem Schatten ein feindseliges Gesicht. Es war die Celestina vom «Fasan».
    «Was wollt Ihr?» fragte Don Camillo kurz angebunden.
    «Ich habe mit dem Trottel dort ein paar Worte zu reden», zischte Celestina.
    Don Camillo wandte sich um: der junge Mann war soeben angekommen.
    «Abgesehen davon, daß Sie viermal zu mir zum Essen gekommen sind, ohne je zu zahlen», fuhr Celestina ihn drohend an, «möchte ich wissen, wer Ihnen die Erlaubnis gegeben hat, mein Gesicht für das Malen von Madonnen zu mißbrauchen und mich damit zu verunglimpfen.»
    Der Junge starrte Celestina ungläubig, ja bestürzt an: Da war es, das vulgäre, falsche, widerwärtige Gesicht, von dem Don Camillo gesprochen hatte! Verstört fragte er sich, wie er in diesem Antlitz bloß etwas Geistiges oder zu Vergeistigendes hatte sehen können.
    Er stammelte etwas, aber das Mädchen fuhr ihm über den Mund:
    «Ein blöder Simpel sind Sie!»
    Da griff Don Camillo ein. «Mädchen, wir wollen hier keinen Krach. Wir sind hier in der Kirche, nicht in Eurer Kneipe.»
    «Ihr habt nicht das Recht, mein Gesicht für Eure Madonnen auszunutzen!» schimpfte Celestina weiter.
    «Kein Mensch denkt daran, Euch auszunutzen», gab Don Camillo zurück. «Ich weiß nicht, was Ihr wollt.»
    «Es gibt Leute, die haben die Madonna mit meinem Gesicht gesehen!» schrie Celestina. «Versucht doch zu lügen, wenn Ihr das könnt!»
    Don Camillo fühlte sich unbehaglich.
    «Hier ist keine Madonna mit Eurem Gesicht und könnte auch niemals eine sein», behauptete er. «Aber weil jemand in dem Bild, das dieser junge Mann gemalt hat, eine entfernte Ähnlichkeit mit Euch zu erkennen glaubt, wird das Gemälde morgen weggemeißelt und neu gemacht.»
    «Ich will es sehen!» verlangte das Mädchen wütend. «Und ich will, daß Ihr mein Gesicht sofort wegmacht. In meiner Gegenwart.»
    Don Camillo betrachtete dieses von Wut entstellte Gesicht; er dachte an das liebliche Antlitz der Muttergottes vom Fluß und sagte ruhig: «Es ist nicht Euer Gesicht. Ihr könnt es kontrollieren.»
    Das Mädchen ging entschlossen auf die Kapelle zu und blieb vor der Balustrade stehen. Don Camillo nahm die Stange und ließ das verhüllende Tuch fallen. Dann beobachtete er Celestina.
    Reglos sah sie zu dem Fresko auf. Und dann geschah etwas Unerwartetes, etwas sehr Merkwürdiges.
    Da glättete sich das Gesicht der Celestina nach und nach, da wurden die haßglühenden Augen allmählich immer sanfter, immer heiterer. Da verschwand aus den Zügen alles Vulgäre, da wurde das Gesicht der Celestina dem Gesicht auf dem Bild immer ähnlicher.
    Der Jüngling klammerte sich an Don Camillos Arm. «So habe ich sie gesehen», flüsterte er ihm ins Ohr.
    Don Camillo bedeutete ihm, zu schweigen.
    Eine Weile war alles totenstill, dann hörte man Celestinas unterdrückte Stimme: «Wie schön sie ist! ...»
    Das Mädchen wurde nicht müde, zur Muttergottes aufzublicken; plötzlich wandte es sich zu Don Camillo um: «Löscht sie nicht aus, ich bitte Euch!» flehte es angstvoll. «Wartet noch!»
    Dann kniete es vor der Muttergottes vom Fluß nieder und bekreuzigte sich.
    In atemlosem Staunen schaute Don Camillo zu, wie Celestina schluchzend aus der Kirche lief und der Maler ihr nacheilte.
    Alleingeblieben, deckte Don Camillo das Fresko wieder zu und ging dann zum Hauptaltar, um sein Herz vor dem Gekreuzigten auszuschütten.
    «Jesus», keuchte er, «was geht hier vor?»
    «Von Malerei verstehe ich nichts», antwortete Christus lächelnd.

    Am nächsten Morgen nahm der Junge sein Rad und fuhr zum «Fasan». Die Gaststube war leer, Celestina saß mit gesenktem Kopf an ihrem gewohnten Platz und nähte.
    «Ich bin gekommen, um meine Schulden zu bezahlen», sagte der Maler. Celestina hob langsam das Gesicht, und der junge Mann fühlte, wie sein Herz vor Erleichterung weit wurde, denn es war das sanfte, heitere Antlitz des Bildes.
    «Wie tüchtig Ihr seid», seufzte das Mädchen. «Wie schön diese Madonna ist!»
    Der Maler begann etwas zu stottern, aber Celestina fuhr fort: «Sie ist zu schön, man darf sie nicht zerstören!»
    «Ich weiß, es tut mir ja auch leid, denn ich habe beim Malen mein ganzes Herz und meine ganze Seele hineingelegt, aber die Leute sagen, es sei nicht möglich, eine Muttergottes in der Kirche zu lassen, die das Gesicht einer Exkommunizierten trägt ...»
    Da lächelte Celestina: «Ich bin nicht mehr
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