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Don Camillo gibt nicht auf

Don Camillo gibt nicht auf

Titel: Don Camillo gibt nicht auf
Autoren: Giovannino Guareschi
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«Das Malerische taugt für Ansichtskarten. Die Gegend hier, die Bassa, gefällt mir gerade darum, weil sie nicht malerisch ist.»
    Die Erklärung verblüffte die Menge, die der Arbeit des Malers bis zur Mittagsstunde argwöhnisch weiter zusah. Dann gingen alle weg, und der Künstler blieb allein zurück und konnte volle zwei Stunden ungestört pinseln. Als das Volk wiederkam, um sich an dem Schauspiel zu erlaben, war daher das Bild so weit vorangekommen, daß einer ins Pfarrhaus lief, um Don Camillo zu holen: «Hochwürden, kommt und seht Euch das an!»
    Tatsächlich, der Junge konnte allerhand, und Peppone, der sich unter den Zuschauern befand, faßte die Situation mit schlichten Worten zusammen: «Seht ihr, das ist Kunst! Seit fast fünfzig Jahren sehe ich diesen Säulengang Tag für Tag, und erst jetzt merke ich, daß er schön ist!»
    Der junge Mann war müde; er legte Palette und Pinsel weg, schloß den Farbenkasten und stand auf.
    «Sind Sie schon fertig?» fragte jemand.
    «Nein, ich mache morgen weiter. Jetzt hat das Licht gewechselt, da ist die ganze Wirkung anders.»
    «Wenn Sie mögen, können Sie Ihre Sachen bei mir im Pfarrhaus einstellen, ich habe Platz genug, und niemand rührt etwas an», sagte Don Camillo, als er sah, daß der Jüngling nicht recht wußte, wohin mit der noch feuchten Leinwand.
    «Ich danke Ihnen vielmals», antwortete der Fremde.
    «Hab’ ich doch kommen sehen, daß der ihn sich schnappt», brummte Peppone erbost und verzog sich.

    Als seine Geräte im großen Flurschrank des Pfarrhauses verstaut waren, fragte der junge Mann: «Hochwürden, könnten Sie mir vielleicht sagen, wo ich möglichst billig essen und schlafen kann?»
    «Ja», erwiderte Don Camillo. «Hier».
    Auf den erstaunten Blick des Jungen hin erklärte er: «Sie sind ein Künstler, und es macht mir Freude, Sie bei mir zu haben.»
    Im Wohnzimmer brannte das Kaminfeuer, der Tisch war gedeckt. Der junge Mann war hungrig und durchfroren, und während er aß, nahm sein blasses Gesicht allmählich Farbe an. Auch das war wie Malerei.
    «Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll, Hochwürden», sagte er zuletzt.
    «Sie brauchen mir nicht zu danken», antwortete Don Camillo. «Bleiben Sie lange hier?»
    «Morgen nachmittag fahre ich in die Stadt zurück.»
    «Schon aus mit Ihrer Begeisterung für die Bassa?»
    «Aus mit dem Geld», seufzte der Jüngling.
    «Haben Sie viel Arbeit in der Stadt?»
    Der Fremde lachte: «Man nimmt’s halt, wie es kommt!»
    Don Camillo schaute ihn an: «Geld kann ich Ihnen nicht geben, weil ich keins habe», sagte er. «Aber wenn Sie mir ein paar kleine Arbeiten für die Kirche ausführen, können Sie einen Monat lang bei mir essen und schlafen. Überlegen Sie es sich.»
    «Da brauche ich nicht zu überlegen», erwiderte der junge Mann. «Der Vertrag gefällt mir. Vorausgesetzt, Sie lassen mir Zeit, auch für mich zu malen.»
    «Aber selbstverständlich!» rief Don Camillo. «Es genügt, wenn Sie der Kirche täglich zwei Stunden widmen. Sie werden sehen, es ist nicht viel zu tun.»
    Die Kirche war vor einem Monat repariert worden, und an den frisch verputzten Stellen waren die Verzierungen weiß übertüncht. Die Ziermalerei mußte ausgebessert und vervollständigt werden. Als der Junge gesehen hatte, worum es ging, lächelte er: «Das ist alles?»
    «Das ist alles.»
    «Damit bin ich in einem Tag durch, Hochwürden. Ich kann den Vertrag nicht annehmen, es wäre nicht anständig von mir. Sie müssen mir etwas anderes zu tun geben.»
    Don Camillo öffnete die Arme. «Da wäre schon noch etwas anderes», sagte er. «Aber das ist etwas Großes, Anspruchsvolles, ich habe gar nicht den Mut, davon zu reden.»
    «Reden Sie nur!»
    Don Camillo trat an die Balustrade einer kleinen Seitenkapelle und machte Licht. «Da sehen Sie, was passiert ist!»
    Der Junge hob den Blick und sah nichts als einen großen Flecken, der die Wand über dem Altar verdunkelte.
    «Da ist Wasser durchgesickert», erklärte Don Camillo, «und wir haben es erst zu spät bemerkt. Als das Dach geflickt war, ist der ganze Mörtel heruntergefallen, weil er sich im Frost von der Mauer gelöst hatte. Und so ist das Bild von der Muttergottes hin.»
    Der Junge wiegte nachdenklich den Kopf. «Das sieht bös aus», bestätigte er. «Man muß den ganzen Mörtel neu auftragen, denn was davon noch übriggeblieben ist, ist nichts mehr wert.»
    «Wenn es nur um den Mörtel ginge, dann wäre es eine Kleinigkeit!» jammerte Don Camillo. «Aber
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