Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doktor Proktor im Goldrausch

Doktor Proktor im Goldrausch

Titel: Doktor Proktor im Goldrausch
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
so«, sagte Helge und sah sich skeptisch in dem ganz normalen Mädchenzimmer um. An den Wänden hingen Poster von Popstars, auf dem Schreibtisch stand ein Globus und die Kuscheltiere, die im Bett saßen, sahen noch weniger heldenhaft aus als das Mädchen. »Jemand Bestimmtes scheint davon überzeugt zu sein.«
    Um Punkt einundzwanzig Minuten nach drei marschierten Hallgeir und Helge durch das hohe Gras vor dem windschiefen blauen Haus, das etwas abseits am Ende der Kanonenstraße lag. Sie folgten dem dumpfen Hämmern, das von der Rückseite des Hauses kam. Als sie um die Hausecke bogen, bot sich ihnen ein erstaunlicher Anblick. Unter einem Birnbaum in der Mitte des Gartens stand ein klapperdürrer Mann im Professorenkittel, mit wuseligen Haaren und etwas auf der Nase, das verdächtig nach einer Schwimmbrille aussah. Er balancierte auf einem Bein. Das andere Bein – das in einer Art klobigem schwarzem Wanderschuh steckte – hob er mühsam über einen Hackklotz, auf dem ein Holzscheit lag, und ließ den Fuß fallen. Es tat einen dumpfen Knall, als die Wanderschuhferse den Holzscheit traf und in zwei Teile spaltete, die links und rechts vom Hackklotz zu Boden fielen. Jetzt holte der lange dürre Mann mit dem Fuß aus und trat erst gegen das eine, danach gegen das andere Holzstück, die in einem hohen Bogen durch den Garten bis zur Wand flogen, wo sie hübsch ordentlich auf einem Holzstapel landeten.
    »Doktor Proktor, vermute ich?«
    Der dürre Mann streckte den Rücken und sah Helge und Hallgeir mit breitem Lächeln an. »Habt ihr das gesehen? Bing, bang, direkt auf den Holzstapel! Ich arbeite gerade an einem Modell, mit dem man Bäume fällen kann. Stellen Sie sich nur mal vor, was das für die Holzindustrie bedeuten würde. Moment, sind Sie etwa deswegen hier?« Die kauzige Gestalt begann zu strahlen. »Ja! Sie haben den Brief gelesen, den ich an das Forstwirtschaftsamt geschrieben habe! Sie sind hier, um meine Erfindung zu kaufen! Endlich kann ich meine Schulden begleichen!«
    »Nicht direkt, Doktor«, sagte Hallgeir und rückte seinen Püschelhut zurecht. »Wir sind hier, um…«
    »Lassen Sie mich raten! Sie kommen vom Patentamt und wollen sich meinen neuen Zielhandschuh anschauen, für den ich ein Patent angemeldet habe?«
    »Nein, wir…«
    »Dann sind Sie von der Dart-Nationalmannschaft. Aber es wäre geschummelt, wenn man den Handschuh benutzt, Jungs.«
    »Professor«, sagte Helge. »Wir sind hier, um Sie zu bitten, unser geliebtes Norwegen zu retten.«
    Punkt Viertel vor vier standen die beiden Repräsentanten des Secret Garden vor dem gelben Haus in der Kanonenstraße und klingelten. Ein Mädchen im Teenageralter öffnete.
    »Ist Bulle zu Hause?«
    »Welcher Bulle?«
    Helge räusperte sich und wippte auf den Fersen. »Der Bulle, von dem behauptet wird, er hätte die Welt vor einer Mondwesen-Invasion gerettet, kleine Freundin?«
    Das Mädchen starrte sie finster an. »Ich bin nicht Ihre kleine Freundin, Sie Pervo, und Bulle ist futschikato weg! Seid ihr von Norwegische Lügenbolde?«
    »Norwegische was?? Wovon redest du?«, sagte Hallgeir mit einem fragenden Blick über den Rand seiner Sonnenbrille hinweg.
    »Seid ihr hier, um wieder eins eurer Lügeninterviews mit uns zu führen?«
    »Ein Lügeninterview worüber?«
    »Na, dass Bulle die Welt gerettet hat, was sonst. Wisst ihr eigentlich, was passiert ist, nachdem ihr uns das letzte Mal reingelegt habt? Mama hat drei Tage lang geheult und ich konnte mich nicht in der Schule blicken lassen, ohne ausgelacht zu werden. Nach dem Motto ›Das ist die Schwester von dem Typen, der lügt, dass sich die Balken biegen‹.« Das Mädchen war jetzt so sauer, dass die Pickel in ihrem Gesicht rot leuchteten. »Deshalb tun wir so, als würden wir keinen Bulle kennen, kapiert?«
    »Ähm… Ich… verstehe. Aber es wäre von äußerster Wichtigkeit, dass wir ihn finden. Wo versteckt er sich?«
    »Rede ich undeutlich, oder was? Wir kennen keinen Bulle! Außerdem musste ich ihm hoch und heilig versprechen, zu schweigen wie ein Grab und nicht zu verraten, wo der Trollo ist.«
    »Wie ein Grab?«
    Sie zog die Mundwinkel in einer hässlichen Grimasse nach unten.
    »Der Gnom hat mir fünfzig Kronen gegeben, damit ich dichthalte.«
    Die Geheimgardisten tauschten Blicke.
    »Und wenn wir dir hundert geben?«, hakte Helge vorsichtig nach.
    »Wofür haltet ihr mich? Immerhin bin ich noch immer seine Schwester!«
    »Na dann«, sagte Hallgeir und setzte sich in Bewegung.
    »Wartet!«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher