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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition)
Autoren: Stephen King
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ganz übel geworden ist.«
    »Du hättest deinen Nachtisch auf die andere Seite von deinem Teller stellen sollen«, sagte Danny.
    »Das hab ich schon versucht, ich bin ja nicht blöd. Dann hat er den Teller einfach zurückgestellt und gesagt, der Nachtisch steht immer rechts.« Dick schwieg und blickte aufs Wasser hinaus, wo ein langes, weißes Schiff langsam über die Trennlinie zwischen dem Himmel und dem Golf von Mexiko zog. » Wenn er mich allein erwischt hat, dann hat er mich manchmal gebissen. Und einmal, als ich gesagt hab, wenn er mich nicht in Ruhe lässt, sag ich’s meinem Vater, da hat er seine Zigarette auf meinem nackten Fuß ausgedrückt. ›Erzähl ihm das doch auch gleich, und sieh mal, was dir das bringt‹, hat er gesagt. ›Dein Daddy kennt mich schon, und der sagt nie ein Wort, weil er die Hosen voll hat und weil ich Geld auf der Bank hab. Das will er haben, wenn ich ins Gras beiße, aber da kann er noch ’ne Weile warten.‹«
    Danny lauschte mit weit aufgerissenen Augen. Er hatte immer gedacht, die gruseligste Geschichte wäre die von Blaubart, so gruselig, wie es nur sein konnte, aber diese Geschichte war schlimmer. Weil sie wahr war.
    »Manchmal hat er gesagt, er kennt einen schlechten Kerl namens Charlie Manx, und wenn ich nicht tue, was er will, dann ruft er ihn an, damit der mit seinem schicken Auto kommt und mich an einen Ort für unartige Kinder bringt. Und dann hat Opa mir wieder mit der Hand zwischen die Beine gegriffen und zugedrückt. ›Deshalb wirst du kein Wort sagen, Dickie-Bird. Wenn du’s doch tust, kommt der alte Charlie und sperrt dich zu den anderen Kindern, die er geklaut hat, bis du stirbst. Außerdem kommst du in die Hölle, wo du für immer brennen musst. Weil du gepetzt hast. Ganz egal ob jemand dir glaubt oder nicht, Petzen ist Petzen.‹
    Lange hab ich dem alten Bastard geglaubt. Nicht mal meiner Weißen Oma hab ich was erzählt, der mit dem Shining, weil ich Angst hatte, dass sie glaubt, es ist meine eigene Schuld. Wenn ich älter gewesen wäre, hätte ich’s besser gewusst, aber ich war noch ein Kind.« Er schwieg. »Außerdem war da noch etwas anderes. Weißt du, was es war, Danny?«
    Danny blickte Dick lange ins Gesicht, um die Gedanken und Bilder hinter dessen Stirn zu erforschen. Schließlich sagte er: »Du wolltest, dass dein Vater das Geld kriegt. Aber er hat’s nie bekommen.«
    »Genau. Der Schwarze Opa hat alles in Alabama einem Waisenheim für Farbige hinterlassen, und ich glaube, ich weiß, warum. Aber das tut nichts zur Sache.«
    »Und deine gute Oma hat nie was erfahren? Sie hat’s nie erraten?«
    »Sie wusste, dass irgendwas los ist, aber ich hab’s abgeblockt, also hat sie mich in Ruhe gelassen. Hat mir bloß gesagt, wann immer ich bereit bin zu reden, ist sie bereit, mir zuzuhören. Danny, als Andy Hallorann gestorben ist – nach einem Schlaganfall –, war ich der glücklichste Junge auf Erden. Meine Ma hat gesagt, ich muss nicht zur Beerdigung gehen und kann bei Oma Rose – meiner Weißen Oma – bleiben, wenn ich will, aber ich wollte hin. Auf jeden Fall. Ich wollte auf Nummer sicher gehen, dass der alte Schwarze Opa wirklich tot ist.
    An dem Tag hat’s geregnet. Alle standen mit schwarzen Regenschirmen um das Grab herum. Ich hab zugesehen, wie sein Sarg – der größte und beste in seinem Laden, ganz bestimmt – im Boden verschwunden ist, und ich hab an all die Male gedacht, wo er mir die Eier gequetscht hat, an die ganzen Kippen in meinem Nachtisch und an die, die er auf meinem Fuß ausgedrückt hat, und daran, wie er am Esstisch gethront hat wie der irre alte König in diesem Stück von Shakespeare. Aber vor allem hab ich an Charlie Manx gedacht – den er sich mit Sicherheit aus den Fingern gesaugt hatte – und dass er nie mehr bei Charlie Manx anrufen konnte, damit der nachts kam, um mich in seinem schicken Wagen abzuholen und zu den anderen Jungen und Mädchen zu sperren, die er gestohlen hatte.
    Ich hab über den Rand vom Grab gespäht – ›Lass den Jungen‹, hat mein Pa gesagt, als meine Ma versucht hat, mich zurückzuziehen –, und da hab ich den Sarg unten in dem feuchten Loch gesehen und gedacht: Da unten bist du zwei Meter näher an der Hölle, Schwarzer Opa, und bald bist du ganz da, und ich hoffe, der Teufel gibt dir tausend Hiebe mit einer Hand, die in Flammen steht.«
    Dick griff in die Hosentasche und zog eine Packung Marlboro mit einem Streichholzbriefchen unter der Zellophanhülle hervor. Er steckte sich eine
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