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Dimension 12

Dimension 12

Titel: Dimension 12
Autoren: Robert Silverberg
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aber durchaus möglich, wenngleich schwer vorstellbar. Aber schließlich mußte Charcot auch eine unsanfte Landung einkalkulieren. Angenommen, er zertrümmerte dabei eine oder zwei Schwanzflossen, die Alarmanlage wurde ausgelöst, und im Nu war die unerwünschte Raumstreife da. Was dann?
    Von diesem Punkt an konnte Brauer seine Schlußfolgerungen nach Art des Computers entwickeln. Entweder war Charcot auf einer der Welten der Bellatrix gut gelandet oder abgestürzt. In den bewohnbaren Welten hätten die Suchkommandos ihn entdecken müssen. Da das nicht der Fall war, mußte er über einem der drei anderen Planeten abgestürzt sein.
    Nun hatten aber weder die Suchkommandos Charcot gefunden, noch war damit zu rechnen, daß er freiwillig auf den Planeten I, IV oder V gelandet war, also mußte er über einem dieser Planeten abgestürzt sein.
    Brauer lächelte selbstgefällig. Seine Theorien bauten sich ausschließlich auf Schlußfolgerungen auf, wie jene des sagenhaften Sherlock Holmes. Jetzt fehlte ihm nur noch der Beweis.
    Brauer dachte mitleidig an die armen Geistesschwachen in Ober-Ontario, die Totivac mit Informationen fütterten. Wie würden sie ihn beneiden!
    Er machte sich fertig zum Aufbruch.
    Auch jetzt bedurfte es nur einiger logischer Überlegungen, um das Gebiet einzuengen, in dem er suchen mußte. Bei einer Bruchlandung auf I oder V hatten die Elemente sicher schon jede Spur des Unfalls vernichtet. Außerdem war eine Suche auf V nicht durchführbar.
    IV hingegen, der einsame, kahle Planet IV…
    War Charcot dort, inmitten der Flechten abgestürzt, mußten noch Überreste vorhanden sein: das zerschmetterte Raumschiff, Geräte, vielleicht sogar die Leiche. Deshalb begann Brauer dort mit seiner Suche.
    Er machte sich darauf gefaßt, daß seine Nachforschungen etwa einen Monat dauern würden. Das störte ihn nicht. In seinem Beruf hatte er den Wert unerschöpflicher Geduld kennengelernt.
    Aber er brauchte gar keine Geduld. Das oft verspottete Glück, das bei jeder Entdeckung eine so gewaltige Rolle spielt, stellte sich ein. Siebzehn Stunden nach Beginn seines ersten Suchmanövers wurde Brauers Scharfsinn belohnt. Sein Radarschirm meldete ihm, daß auf den Felsen unter ihm die Oberreste eines Raumschiffs lagen.
    Der Puls dröhnte in seinen Ohren, als er sein Schiff sanft in der abweisenden Landschaft von Bellatrix IV aufsetzte. Die Landung verlief glatt. Eine Kontrolle der Atmosphäre ergab, daß die Luft zu atmen sei. Sofort stürmte er aus seinem Schiff.
    Hundert Yard von ihm entfernt lag ebenfalls ein Einmann-Flitzer vom gleichen Typ wie sein eigener. Das Schiff war mit dem Heck aufgeprallt und hatte sich überschlagen. Dann war seine Schnauze auf dem dunklen Basalt zertrümmert. Zum Glück war es mit der Tür nach oben zu liegen gekommen. Dadurch hatte sein einsamer Passagier ins Freie klettern können. Diese Tür stand jetzt offen.
    Brauer kam näher und sah sich nach Spuren des Skeletts um. Er fand keine. Offenbar war Charcot noch ein Stück durch die kahle, trockene Welt gewandert, ehe ihn die Kräfte verlassen hatten.
    Brauer fotografierte das Schiff aus verschiedenen Blickwinkeln. Dann stemmte er sich hoch und kletterte ins Innere. Er blinzelte überrascht. Das sah nicht aus, als sei es seit dreißig Jahren leer gestanden. Das Schiff wirkte bewohnt.
    Wie war das möglich?
    Dann sah er, wie. Der findige Charcot hatte noch rasch einen Nahrungssynthetisierer an Bord geschmuggelt, ehe er sich abgesprengt hatte. So ein Bereiter synthetischer Lebensmittel konnte einen Menschen jahrelang versorgen. Auf einer Seite des Apparats lag ein Häuflein zertrümmerter Steine. Charcot schien den Molekülumwandler mit Steinen gespeist und sich auf diese Weise ernährt zu haben.
    Ansonsten war das Schiff leer – keine Tonbänder, keine Bequemlichkeiten, nur der Schalensitz und der Synthetisierer. Brauer suchte, bis er den Beweis für seine nächste Theorie gefunden hatte. Die Alarmanlage war aus ihrer Verankerung gerissen.
    Gewissenhaft fotografierte er alles. Dann kletterte er wieder aus dem Ausstieg.
    Und rang nach Luft.
    Eine ausgemergelte, greisenhafte Gestalt mit zottigem, weißlichgelbem Bart wankte über die kahle Ebene auf das Schiff zu.
    Zweifellos handelte es sich um die Rückkehr von einem Spaziergang.
    Charcot.
    Es mußte Charcot sein. Die dreißigjährige Einsamkeit hatte ihre Spuren hinterlassen, aber unter der verrunzelten Haut und dem ungekämmten Bart war immer noch das Fuchsgesicht des gerissenen
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