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Dimension 12

Dimension 12

Titel: Dimension 12
Autoren: Robert Silverberg
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schlug die Hand zur Seite und drückte ab. Einer seiner Feinde fiel. Sie stürmten auf ihn zu. Er schlug um sich, warf einen Burschen nieder und feuerte nochmals.
    »Laßt ihn in Ruhe!« rief jemand am äußersten Rand der Meute. »Er hat Geleitschutz! Er ist mein Va…«
    Dann stürzten sie sich johlend auf ihn. Barchay wußte, daß er am Ende seiner Reise angelangt war, daß die fremde Welt Lorverad sein Leben fordern würde, genau wie vor zwanzig Jahren das Leben seiner Frau und im Herbst das Leben des jungen Mannes, von dem er befürchtet hatte, er sei sein einziger Sohn. Aber Barchay war nicht von ungefähr ins Dorf der V’Leegs geritten. Der Zweck seiner Reise war erfüllt. Jetzt, da fremde Hände nach seiner Kehle griffen, wußte er, daß er zwei Söhne gehabt hatte, nicht nur einen. Mit seinem Tod verlöschte er nicht länger wie eine Kerze, ohne etwas auf dieser Welt zurückzulassen.

Einzelhaft
    Seit die Computer alles an sich gerissen hatten, Daten auswerteten und selbständig Schlußfolgerungen zogen, konnte ein Mensch im Planetensystem nur dann auffallen, wenn er originelle Überlegungen anstellte. Und originell heißt in diesem Zusammenhang unlogisch. Eine Datenverarbeitungsmaschine, die Informationen ausspeit, ist eine prächtige Sache, aber mit ihrem Geist ist es nicht weit her. Der Verstand des Menschen hingegen ist zum Glück nicht auf jenes binäre Ein-Aus-Denken beschränkt, auf das die Computer spezialisiert sind.
    Zu jenen Menschen, die sich der erdrückenden Konkurrenz der Computer schmerzlich bewußt waren, zählte Geourge Brauer vom Kriminaldezernat. Die galaktische Verbrecherkartei übersichtlich zu führen, war so schwierig, daß das Kriminaldezernat als eines der ersten voll automatisiert worden war. Seine Angestellten wurden zu Daten-Vorverarbeitern degradiert, die nichts weiter zu tun hatten, als das Material zur Speicherung zusammenzutragen und es den Computern zu verfüttern. Im Laufe der Jahrhunderte gelang es dem Kriminaldezernat, seine Aufgaben mit immer wenigeren Angestellten zu bewältigen. Die Menschen mußten sich damit abfinden, Handlanger Totivacs zu sein, der die eigentliche Arbeit leistete.
    Das verdroß Geourge Brauer.
    Mit einunddreißig war er an einem Scheideweg angelangt. Seit fünf Jahren arbeitete er nun im Kriminaldezernat. Und in diesen fünf Jahren war er ein besonders routinierter Computertechniker geworden; nichts weiter. So hatte er sich seine Karriere nicht vorgestellt.
    Als ernster, denkender Mensch hatten ihn die Begriffe Verbrechen und Sühne, der philosophische Determinismus von Schuld, Moral und Ethos, Verantwortung und unabdingbarer Verpflichtung gefesselt. Diese Werte faszinierten ihn.
    »Du solltest Kriminologe werden«, hatte sein Stubenkollege an der Universität bemerkt. »Dauernd redest du von Morden und Verbrechen, als ob du selbst welche begehen wolltest.«
    »Ein rein akademisches Interesse«, erwiderte Brauer. Und trat nach bestandenem Staatsexamen im Kriminaldezernat ein.
    Mit einunddreißig stand er am Scheideweg.
    Griesgrämig saß er an seinem vergoldeten Kunststoffschreibtisch in der eleganten Verwaltung des Kriminaldezernats in Ober-Ontario und spielte mit den vor ihm liegenden Papierbogen. Sie enthielten Statistiken über das Voyeurtum auf Erden und den siebzehn Normplaneten, die als Leitstellen für derartige Vorfälle benutzt wurden. Brauer hatte diese Unterlagen zu verschlüsseln, sie an den unersättlichen Totivac zu verfüttern und anschließend zu warten, bis die Statistiken aus dem Apparat rasselten. Die Ergebnisse sollten nach Lurinar IX weitergegeben werden, einem erdeähnlichen Planeten, der gleichzeitig unter einen Anfall von Voyeurismus und einer humorlosen puritanischen Regierung litt, was den dortigen Polizeichef in eine mißliche Lage brachte.
    Beim Arbeiten stellte Brauer fest, daß er diesen Polizeichef beneidete. Wenn jener auch auf einer überholten Welt festsaß, so hatte er doch zumindest eine Chance, sich aus erster Hand mit Verbrechern und Verbrechen zu befassen, statt mit dem ewig bereiten Totivac, der ihm dauernd über die Schulter schielte. Verdrossen ackerte sich Brauer durch die langen Kolonnen, dann schob er den ganzen Streifen in den Computer, in dessen klickenden Eingeweiden er verschwand.
    Pulse eilten durch Tatalum-Cryotronen, Informationen wurden gesammelt und Schlußfolgerungen gezogen. Und Brauer lümmelte gelangweilt an seinem Schreibtisch herum.
    Der Computer schloß sämtliche Trugschlüsse aus.
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