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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot
Autoren: Michael Bishop
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und verfrachten den komatösen Schriftsteller in eine nahegelegene medizinische Einrichtung. In unregelmäßigen Abständen betritt irgend jemand die Wohnung und holt eine Katze oder einen Paperback-Roman oder eine Zahnbürste, aber während all dessen hört Dick 2 nicht auf zu tippen.
    Der Februar fällt, der März marschiert ein, und der Prä-Geist wird zu einem wahren Geist, als eine neuerliche Serie von unerbittlichen Schlaganfällen ein Herzversagen auslöst und Philip K. Dick 1 aus der alternativen Irrealität des Zeitstroms, in dem er lebte, heraushebt.
    Du armes verdammtes Schwein, klagt das fiebrige Bewußtsein an seiner Schreibmaschine, dessen Finger immer noch wütend tippen. Gottbefohlen.
    Bizarre Bilder knuffen das Gehirn von Dick 2 . Er schreibt auf radierbarem Pergament und begibt sich zum Mond. Ein Tunnel öffnet sich dort, wo der Mond sein sollte, und durch ihn gelangt er zum Binär Omikron Ceti, siebzig Parseks entfernt, wo er das Wesen findet, das diesen ganzen irrealen Kosmos aufrechterhält. Sie reden, Gott und der Geist an der Maschine, und als das Kolloquium zu Ende ist, wird Dick 2 durch die Schleifen seines Bewußtseins in Spiralen zu einem Apartment in Santa Ana, Kalifornien, zurückgeschickt.
    Der Geist hört auf zu tippen. Sein Kopf ist leergewischt. Irgendwo in King Richards Amerika – anscheinend in einem der Bergstaaten – erhascht er einen beunruhigenden Blick auf die Beerdigung seines Vorgängers, aber er kann sich an die Identität dieser Person nicht mehr erinnern – mit anderen Worten: Er kann sich an seine eigene Identität nicht mehr erinnern.
    Wenn er lesen könnte – eine Fertigkeit, die er auch vergessen hat –, könnte er sich einen Namen zuordnen, indem er den Führerschein von X 1 hervorzieht oder seine Exlibris überfliegt oder versucht, irgendwo gebuchte Schecks auszugraben. Aber leider weiß er, eben von seinem Schwätzchen mit der Gottheit zurückgekehrt, über sich selbst lediglich, daß er einer erbarmungslosen Amnesie zum Opfer gefallen ist.
    Ich brauche Hilfe, denkt X 2 . Weiß Gott, ich brauche Hilfe.
    Zwar hält die Wohnung ihn noch mehrere Tage lang fest, aber er sammelt Mut, indem er Tabak schnupft und heißen, schwarzen Kaffee braut. Schließlich wagt er sich nach draußen. Geheimnisvollerweise ist X 1 s Brieftasche dick von Dollarnoten, und er – X 2 – kann die Scheine nach Belieben herausziehen, eine karmische Begabung von erstaunlichem Ausmaß. Auf dem Gehweg, draußen im Schein der matten Märzsonne, gewinnt er, der Geist, vollends Substanz. Er besitzt plötzlich sowohl einen Schatten als auch eine Stimme.
    Beeindruckt von dieser zweiten Chance zu leben, winkt X 2 ein Taxi heran.
    Kreischend hält es. »Wo soll’s hingehen, Kollege?« fragt der Fahrer. Er ist ein echter Mensch, stellt der einstmalige Geist fest. Ein Kerl mit einer glänzenden Glatze. Ein Kerl, dessen Atem nach Jalapeno-Schoten und Bravura-Cheddar riecht.
    »Zum Flughafen«, sagt X 2 . »Fahren Sie mich zum Flughafen.«

 
    1 Um ihren Käfig sauberzumachen, nahm Cal Pickford zwei der unter dem Namen Breschnew-Bären bekannten Rowdies heraus. Zwar konnte man nicht sagen, daß sie stanken (zumindest nicht schlimmer als die meisten der Viecher in der Tierhandlung ›Happy Puppy Pet Emporium‹) oder lebende Mäuse verschlangen oder kreischten wie Moorhexen oder Gift oder Moschus absonderten oder besonders oft inbrünstig gestriegelt werden mußten oder gleich auf den Rücken kippten, wenn er bloß einmal vergaß, sie zu füttern, oder wie die Papageien jedes unbesonnene Schimpfwort nachplapperten, aber Cal rümpfte doch die Nase und ließ die ›Bären‹ in einen tiefen, mit Zedernspänen gefüllten Pappkarton fallen.
    Der Fall machte ihnen nichts aus, aber es war doch eine alles andere als zartfühlende Art des Umgangs mit diesen Tieren, die mit Abstand die profitabelsten Exemplare dieses Ladens seit seiner Ankunft hier waren.
    Cal wußte natürlich, warum er sie nicht leiden konnte; aber während er jetzt im hinteren Teil des Ladens in der West Georgia Commons Mall arbeitete und die vollgepißten Zedernspäne aus dem fünften Glaskäfig dieses Morgens kippte und durch eine frische Lage Zeitungspapier und neue Späne ersetzte, bemühte er sich, nicht an die grotesken, aber populären Biester zu denken. Mochte das häßlich-niedliche Viehzeug nur rascheln, und mochten die trendbewußten jungen Erfolgsmenschen (aufwärts mobil), die sie als Statussymbole betrachteten, nur ihre Kohle
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