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Diese eine Woche im November (German Edition)

Diese eine Woche im November (German Edition)

Titel: Diese eine Woche im November (German Edition)
Autoren: Michael Wallner
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nimmt sein Wasserglas, trinkt einen Schluck und schaut zum Mond, der gerade das Dach der Chiesa di San Vidal berührt.

42

    A ls ob es Frühling wäre, wurden Stühle und Tische vor die Bar gestellt. Eine Lichtergirlande beleuchtet die Terrasse. Tonio hofft, als Erster am vereinbarten Treffpunkt zu sein. Laufend entdeckt er eine helle Jacke, blondes Haar. Julia ist schon da.
    Von hinten tritt er an sie heran. » Entschuldigung, wenn ich dich einfach anquatsche. Bist du öfter hier? «
    Sie dreht sich um. Unter der Jacke trägt sie ein zitronengelbes Kleid. Ihre Lippen sind leicht geschminkt. » Ich war erst einmal hier. Und du? «
    » Ich komme manchmal her, weil mir die Musik gefällt. «
    » Machen sie denn Musik? «
    Er kommt zwei Stufen hoch. » In einer Nacht wie heute spielen sie eine Serenata. «
    Julia lächelt. » Das klingt romantisch. «
    » Darf ich dich auf einen Drink einladen? «
    » Eigentlich bin ich verabredet. «
    » Mit wem? «
    » Ein unhöflicher Typ, der sich verspätet. «
    » Lass ihn sausen. Jemanden wie dich darf man nicht warten lassen. « Tonio zeigt zur Bar. » Trink mit mir etwas. «
    Sie hakt ihn unter. » Einverstanden. «
    Als sie hineingehen, schleppt ein Mann mit roter Wollmütze gerade einen Kontrabass auf die Terrasse. Zwei Musiker folgen ihm mit ihrem Keyboard und einer Gitarre.
    » Die spielen ja live « , sagt Julia überrascht. » Ich dachte, die schließen bloß ihren iPod an zwei Boxen an, und fertig ist die Serenata. «
    » So machen sie das vielleicht in Düsseldorf. In Venedig haben wir Stil. «
    Sie sieht ihn zärtlich an. » Das kommt mir auch so vor. «
    Tonio bestellt Cocktails, die den Traum von frühlingshafter Heiterkeit verstärken. Sie spielen das Spiel des Venezianers, der eine Touristin anspricht, noch ein wenig weiter. Nicht weil ihnen so lustig zumute wäre, sondern weil sie nicht wissen, wie sie ihr aufgewühltes Herz anders verbergen sollen.
    » Bleibst du länger in Venedig? « Die Gläser in der Hand, kehren sie ins Freie zurück.
    » Leider nicht. Die Tage hier sind wie im Flug vergangen. «
    » Das sagen die meisten, die zu uns kommen. « Sie setzen sich an einen Tisch.
    » Ich habe Venedig von einer ziemlich ungewöhnlichen Seite kennengelernt « , sagt Julia.
    » Ich wollte, ich könnte dir das heitere Venedig zeigen. « Innig sieht er sie an. » Nicht umsonst heißt die Stadt la Serenissima, die heiterste von allen. – Wann fliegst du? «
    » Mein Flug geht morgen früh. «
    Er nickt. Ihre Gesichter werden ernst. Nun sind sie in der Wirklichkeit angelangt.
    » Nehmt ihr ein Wassertaxi? «
    » Da kennst du meinen Vater schlecht. Wir fahren mit dem Vaporetto. Von der Piazza Romana nehmen wir den Bus. «
    » Ich könnte euch zum Abschied winken. « Mit dem Strohhalm rührt er in seinem Drink.
    » Lieber nicht. Ich will alles so in Erinnerung behalten wie in diesem Augenblick. Die erleuchtete Terrasse, eine Brise weht vom Kanal her, ein hübscher Venezianer sitzt mir gegenüber. «
    » Ich liebe dich « , sagt Tonio.
    » Nicht « , erwidert sie. » Nicht solche Worte. « Julia stellt ihr Glas weg und nimmt Tonios Gesicht in beide Hände. » Ich liebe dich auch, du verrückter, tollkühner, aufdringlicher Kerl. Du weißt gar nicht, wie sehr. Du hast mich gerettet, in jeder möglichen Weise. Ich habe immer geglaubt, ich kenne schon so viel. « Sie fährt ihm durchs Haar. » Du bist etwas komplett Neues für mich. Auf dich war ich nicht vorbereitet. «
    Er will zu ihr hin, will sie in seine Arme nehmen.
    » Nein, Tonio. «
    » Warum nicht? «
    » Weil ich morgen fahre. «
    » Wir sehen uns wieder! «
    Sie schweigt.
    » Das ist nicht der ganze Grund, oder? «
    » Nein. « Ihre Züge werden ganz sanft.
    Der Bassist zupft ein paar Saiten. Der Mann am Keyboard gibt ihm und dem Gitarristen den Ton zum Stimmen. Sie fangen zu spielen an. Man kennt die Melodie, netter Kitsch für die Touristen. Für Tonio und Julia könnte keine Musik schöner sein.
    » Wir waren nie zusammen tanzen. Hast du Lust? «
    » Ich kann nicht tanzen. « Er lehnt sich zurück. » Schon gar nicht, wenn mir alle zuschauen. «
    » Wenn du mein Held bist, tanzt du jetzt mit mir. «
    Er ziert sich, doch Julia lässt nicht locker. Sie zieht ihn über die Terrasse aufs Pflaster. Fröhlich klingt das Lied über den Platz.
    » Und jetzt? « Störrisch sieht er sie an.
    Sie legt seine Hände um ihre Hüften, nimmt den Rhythmus auf und beginnt sich zu drehen. Zu Beginn schielt Tonio nach den
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