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1285 - Der Vampirhasser

1285 - Der Vampirhasser

Titel: 1285 - Der Vampirhasser
Autoren: Jason Dark
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»Sagt erst was, wenn ihr die Leiche gesehen habt«, erklärte uns Chief Inspector Tanner, »erst dann!«
    Suko schüttelte den Kopf. Ich hob beschwichtigend beide Hände, denn Tanner, der alte Eisenfresser, war auf Hundert. Er paffte hektisch, sein Gesicht war gerötet, und den alten Filzhut hatte er regelrecht auf seinen Kopf gerammt.
    »Himmel, Tanner, was ist denn los?«
    Böse schaute er mich an. Dann nahm er seine Zigarre aus dem Mund, warf sie zu Boden und zertrampelte sie. »Es ist einfach unglaublich. Ungeheuerlich!« Er holte tief Luft. »Es kann auch sein, dass ich den ganzen Bockmist anziehe. Ehrlich.« Wieder schaute er uns böse an. »Aber erst, seit wir uns kennen..«
    »Das ist aber ziemlich lange«, sagte ich.
    »Klar. Ich sollte mich pensionieren lassen, anstatt immer wieder mit neuen Verbrechen und Perversitäten konfrontiert zu werden. Man hält es fast nicht mehr aus.«
    Suko wunderte sich ebenso wie ich. Wir kannten Tanner wirklich über Jahre hinweg. Er war ein Ass, was die Aufklärung von Morden anging, doch so wie an diesem frühen Abend hatten wir ihn selten erlebt. Vielleicht lag es auch an der Umgebung, denn wir befanden uns auf einem kleinen Friedhof, den man schon mehr als Park ansehen konnte. Hierhin hatte er uns bestellt, und was es, hier zu sehen gab, musste ihm schon auf den Magen geschlagen sein.
    »Wo müssen wir denn hin?«, fragte Suko.
    »Es ist nicht weit. Kommt mit!«
    Er drehte sich um und ging vor uns her. Wir schauten auf seinen Rücken, und ich dachte daran, dass der Sommer allmählich vorbei war, denn es hatten sich erste Nebelfelder gebildet, die wie eine große Glocke über dem Friedhof hingen und den Bäumen sowie den Grabsteinen ein gespenstisches Aussehen gaben. Alles wirkte weniger real. Es hatte sich weiter zurückgezogen, und der Nebel dämpfte auch die Geräusche.
    Tanner war mit seiner Mannschaft gekommen. Der Ort war zu sehen, denn dort gaben die Lampen ihr Licht ab, und ich wurde an eine Filmkulisse erinnert. Aber hier rief niemand »Action!«. Das hier war ebenso echt wie die Grabsteine und die Bäume.
    Hin und wieder trat Tanner gegen eine Kastanie, die im Weg lag. Dann fluchte er wieder, hielt sich aber ansonsten mit irgendwelchen Beschimpfungen zurück. Er motzte zumindest uns nicht mehr an, aber das nahmen wir ihm nicht übel.
    Wir waren gespannt, was er uns präsentieren würde. Für die normalen Morde waren wir nicht zuständig. Wenn wir gerufen wurden, dann ging es immer um Dinge, bei denen eine andere Macht im Spiel war. Wir fingen oft da an, wo andere aufhörten, und es kam immer wieder vor, dass sich unsere Wege kreuzten.
    »Wie geht es denn zu Hause?«, fragte ich, um Tanner etwas aus der Wirklichkeit zu entfernen.
    »He, wollt ihr mich ärgern?«
    »Wieso?«
    »Oder hat es sich noch nicht bis zu euch herumgesprochen, dass meine Frau in Urlaub gefahren ist?«
    »Hat es sich nicht«, erklärte Suko.
    »Dann wisst ihr es jetzt. Sie ist in Urlaub gefahren, und ich hätte eigentlich mitkommen müssen. War aber nicht möglich. In London gibt es für gewisse Leute keinen Urlaub, und zu denen gehöre ich auch. Uns fehlen zwanzigtausend Polizisten. Die Verbrechen nehmen immer mehr zu. Es gibt keinen Stadtteil, in dem man sich sicher fühlen kann. Einbrüche, Raubüberfälle und letztlich auch Morde. Alles hat zugenommen. Wir stehen schon gleich mit Johannesburg, und es fehlt das Geld, um die Kollegen bezahlen zu können, die nötig wären, um mehr Schutz zu gewähren. Das habe ich mir nicht ausgedacht, das könnt ihr morgen in der Presse lesen. Und weil das so ist, kann ich auch nicht für zwei Wochen in Urlaub fahren.«
    »Aber deine Frau.«
    »Ja, es war alles terminiert und geplant. Eine Woche wäre ich ja gefahren, aber zwei nicht. So ist sie allein losgefahren und nutzt die volle Zeit aus.«
    »Ganz allein?«, fragte ich.
    »Nein, mit einer Freundin. Sie machen eine Weinreise durch Frankreich und Deutschland. Bin mal gespannt, ob die beiden nüchtern zurückkehren oder voll des großen Weines sind.«
    »Wer kocht denn dann für dich?«
    »Hör auf, John!«
    »Wieso?«
    »Ich werde schon genug damit aufgezogen. Man bringt mir das Essen jetzt sogar ins Büro. Ich habe mich ja zu einer Lachnummer machen lassen. Aber was wir gleich zu sehen bekommen, das ist alles andere als eine Lachnummer, das kann ich euch sagen.«
    Wir waren wirklich gespannt, und nach ein paar Schritten erreichten wir den Tatort. Wir bewegten uns durch den dampfigen Lichtschein und
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