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Dienerin zweier Herren

Dienerin zweier Herren

Titel: Dienerin zweier Herren
Autoren: Sira Rabe
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Frau Seidl? Wie immer?»
    «Äh, nein – heute bitte einen Latte Macchiato.»
    Die Bedienung nickte und ging weiter.
    «Scusi – darf ich uns vorstellen? Mein Name ist Berger, Domenico Berger, und das ist mein Bruder Antonino.»
    Juliane schaute von einem zum anderen. Die beiden sahen sich wie ein Ei dem anderen zum Verwechseln ähnlich. Eineiige Zwillinge. Sie mochten maximal Ende dreißig sein, legten ein sehr gepflegtes Äußeres an den Tag, trugen den gleichen Anzug, das gleiche Hemd, nur die Krawatte unterschied beide voneinander. Die eine dunkelblau, die andere dunkelgrün, jeweils mit blassem Muster. Die beiden Männer sahen völlig gleich aus, wie Klone. Doch nicht nur das. Sie waren dabei auch noch so verdammt gut aussehend, als wären sie direkt der Anzeige eines Modemagazins entsprungen.
    «Domenico und Antonino?», wiederholte Juliane und lächelte. «Sind Sie Italiener?»
    «Nicht direkt. Unsere Mutter ist Italienerin, unser Vater Deutscher, aber Mama hat sich bei der Namenswahl durchgesetzt.»
    «Mein Name ist Juliane Seidl. Einfach Juliane.»
    Sie erschrak ein wenig über sich selbst. Was hatte sie veranlasst, ihnen so schnell anzubieten, sie mit ihrem Vornamen anzusprechen? Normalerweise war sie damit nicht voreilig. Die beiden wirkten in ihrem Outfit sehr seriös und die Blicke aus den braunen Augen Vertrauen erweckend.
    «Gerne. Dann sagen Sie doch bitte Domenico und Antonino.»
    Vorsicht, Juliane! Lass dich von ihnen nicht einwickeln. Am Anfang sind sie alle nett, aber später … Allerdings hat Bea Recht, so kann es nicht weitergehen. Ich sollte Männern mal wieder offener begegnen, vielleicht ist ja doch mal einer dabei, der anders ist als …
    Domenico verfolgte jede ihrer Bewegungen. Juliane ließ den Zucker genau in der Mitte des Schaums einrieseln und rührte ihren Latte Macchiato sehr vorsichtig um, mit einer leichten, weichen Handbewegung, sodass die beiden Schichten aus Milch und Kaffee fast vollständig erhalten blieben.
    «Ich will nicht zu neugierig erscheinen, aber – arbeiten Sie in der Nähe, Juliane?»
    Sie leckte ihren Kaffeelöffel auf eine Weise ab, bei der ihm für einen kurzen Augenblick ein unanständiger Gedanke durch den Kopf schoss. Verdammt, sie wirkte sehr fraulich, mit angenehm weichen Rundungen. Nicht überstylt, überschminkt oder wie ein Modepüppchen. Einfach rundum eine richtige Frau. Irgendwie erinnerte sie ihn an die Venus von Botticelli. Ob sie sich wohl auch eine Hand über die Brüste halten würde, wenn sie das erste Mal nackt vor ihm stünde? Dabei strahlte sie ein gesundes, natürliches Selbstbewusstsein aus.
    Juliane trank einen kleinen Schluck, ehe sie antwortete. «Ja, ich arbeite in der nächsten Seitenstraße. Sie kennen vielleicht das Juweliergeschäft Anzengruber?»
    Beide nickten schweigend.
    «Ich habe es vor zwei Jahren vom alten Anzengruber übernommen. Ich bin Goldschmiedin von Beruf. Er hat mich ausgebildet und war ein bisschen wie ein Vater zu mir. Als er sich zur Ruhe setzte, hat er mich überredet, das Geschäft zu übernehmen. Na ja, eigentlich wollte ich mich nie selbstständig machen und auch noch die Verantwortung für zwei Angestellte übernehmen. Aber Herr Anzengruber überzeugte mich davon, dass ich es schaffen würde, und heute bin ich ganz froh darüber. Man wächst ja mit seiner Rolle, nicht wahr?»
    Wieder nickten beide wie auf Kommando.
    «Und was machen Sie?»
    «Wir arbeiten auch in der Nähe. Am Ende der Straße, in dem Eckhaus. Wir betreiben zusammen eine internistische Gemeinschaftspraxis. Während ich den allgemeinmedizinischen Bereich abdecke, macht Domenico auch spezielle Magen- und Darmuntersuchungen für das Klinikzentrum.» Antonino senkte seine Stimme und beugte sich ein wenig vor. «Domenico schaut den Leuten also sozusagen in den Hintern!»
    Er rümpfte dabei die Nase, als ob ein schlechter Geruch in der Luft läge, lachte dann fröhlich und steckte Juliane damit an.
    Eine Weile unterhielten sie sich, dann winkte Juliane der Bedienung, die aber ziemlich im Stress war und nicht reagierte.
    «Lassen Sie nur, Juliane, ich bezahle.» Antonino nickte ihr auffordernd zu.
    Sie kramte in ihrer Geldbörse, um ihm das Geld für den Kaffee zu geben, aber er legte sanft seine Hand auf ihre. Für einen Augenblick schien sie verunsichert. «Nein, bitte. Sie wollen mich doch nicht beleidigen, oder? Ich mache das wirklich gerne.»
    Juliane lächelte mädchenhaft. «Dann, ja, dann sage ich – danke. Es war wirklich ein sehr
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