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Dienerin zweier Herren

Dienerin zweier Herren

Titel: Dienerin zweier Herren
Autoren: Sira Rabe
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die darauffolgenden Tage eine Vertretung zu bekommen. Dann rief Antonino in der Kanzlei von Alexander Kress an, einem befreundeten Anwalt. Kress war außer sich und beschimpfte die Beamten als Idioten. Er versprach, so schnell wie möglich zu kommen.
    – * –
    Der Untersuchungsrichter zeigte kein Verständnis für Antoninos Forderung, ihn zu seiner Frau zu lassen. Es dauerte dann doch bis zum späten Abend, ehe Kress kam, da er seine Termine bei Gericht nicht verschieben konnte. Antonino und Domenico trugen noch immer ihre Arztkleidung, weiße Polo-Shirts und weiße Jeans, Turnschuhe.
    Sie weigerten sich hartnäckig zu erklären, wer von ihnen beiden wer sei. Sie wussten genau, dass Werner und Degenhart keine Chance hatten, sie auseinanderzuhalten. Die Kommissare hatten versucht, ihnen ein paar Informationen zu entlocken, aber ohne ihren Anwalt würden sie kein einziges Wort sagen, so viel stand bereits fest.
    Für ihre vorläufige Festnahme brachten die Zwillinge keinerlei Verständnis auf. Auf die mehrfach vorgebrachte Frage, wie es seiner Frau gehe, erhielt Antonino keine Antwort und seine Laune wurde dadurch mit jeder voranschreitenden Stunde schlechter.
    Schweigend und grübelnd verbrachten sie die Zeit, bis Kress kam, jeder für sich alleine, damit sie sich nicht absprachen und irgendeine Strategie zu ihrer Verteidigung vereinbarten.
    Unruhig lief Antonino wie ein Tiger im Käfig auf und ab. Es war ihm völlig egal, ob er dabei beobachtet wurde. Zwar hatte er keine Überwachungskamera entdeckt, doch was bedeutete das schon. Heutzutage gab es immerhin diese mikrokleinen Geräte, die sich wunderbar versteckt anbringen ließen.
    Viel mehr beschäftigten ihn die beiden Fragen, wie es Juliane ging und was sein Bruder mit ihr angestellt hatte. Er ahnte die Antwort darauf bereits und hätte sich selbst ohrfeigen mögen, warum er so blind gewesen war. Es hatte doch genügend Anzeichen dafür gegeben, dass Domenico seine speziellen sexuellen Neigungen ausleben wollte. Wie viel davon hatte er Juliane zugemutet?
    Nur einmal, vor vielen Jahren, hatten sie darüber gesprochen. Antonino hatte seinen Zwilling entsetzt beschworen, gegen diese Gefühle anzukämpfen. Sie waren frauenfeindlich und menschenverachtend. Aber was war mit ihm? War er selbst nicht in den letzten Monaten auch dem Reiz gewisser Spiele erlegen? Nein!
    Antoninos Zähne knirschten und er schlug mit der geballten Faust an die Wand. Nein. Seine Gefühle für Juliane waren und blieben romantisch und sinnlich. Er schloss die Augen und atmete tief ein, um sich zu beruhigen.
    Das Besprechungszimmer war ein kahler schmuckloser Raum. Zwei vergitterte Fenster führten auf einen Innenhof hinaus und die einzige Tür, die nur von außen geöffnet werden konnte, auf den Flur. Die Deckenbeleuchtung bestand aus Neonröhren, die ein kaltes bläuliches Licht verströmten. Eine davon würde wohl bald ihren Dienst verweigern, denn sie flackerte in unregelmäßigen Abständen.
    Domenico hatte sich als Erstes genau umgesehen. Kein Spiegel, kein Innenfenster, keine Kameras. Sie würden also vermutlich offen reden können.
    Nach kurzer Begrüßung setzten sich die drei Männer an den schlichten Tisch, der in der Raummitte stand. Alexander Kress war Mitte vierzig, mit einem kleinen Wohlstandsbauch, über dem sich die graue Stoffweste spannte, die zu seinem Anzug gehörte. Er tupfte sich mit einem Stofftaschentuch den Schweiß von der Stirn und lehnte sich zurück.
    «Also, Alex, was weißt du inzwischen über Julianes Zustand? Man sagt uns hier gar nichts!», kritisierte Domenico ungeduldig. «Ich hoffe, du kannst dieses Missverständnis möglichst schnell aufklären und uns hier rausholen. Juliane braucht uns, und unsere Patienten auch. Wir sind doch keine Verbrecher!»
    «Nun, ganz so einfach ist die Sachlage leider nicht, aber dazu später. Ich durfte Juliane zwar nicht sehen, aber der zuständige Arzt, ein Doktor Massmann – kennt ihr ihn?»
    Beide schüttelten synchron die Köpfe.
    «Nun, er hat mir gesagt, Juliane hätte Glück im Unglück gehabt. Ihr Gurt hat sich aus noch nicht geklärter Ursache geöffnet und sie ist aus dem Auto herausgeflogen. Dabei hat sie sich zwar eine Unterschenkelfraktur zugezogen, aber es hätte weitaus schlimmer kommen können. Das Auto hätte sie nämlich unter sich begraben, wenn sich der Gurt nicht geöffnet hätte, und ob der Überrollbügel – na ja, jedenfalls hat man sie operiert, den Bruch genagelt und sie vorübergehend in ein
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