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Die zwoelf Gebote

Die zwoelf Gebote

Titel: Die zwoelf Gebote
Autoren: Sidney Sheldon
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erklärte angewidert: „Keine weiteren Fragen."
    Der Verteidiger erhob sich. „Euer Ehren, noch niemals habe ich einen so unverfrorenen Versuch erlebt, einen Unschuldigen ins Gefängnis zu bringen. Der Staatsanwalt hat keinen Hauch von Beweis und will meinen Mandanten dessen ungeachtet verurteilt sehen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich wundere mich, wie er überhaupt die Stirn hatte, den Fall vor Gericht zu bringen. Ich beantrage die Einstellung des Verfahrens." Der Richter klopfte mit seinem Hammer. „Dem Antrag wird stattgegeben. Der Angeklagte ist hiermit frei. Meine Damen und Herren Geschworenen, das Gericht dankt Ihnen für Ihre Zeit. Die Sitzung ist geschlossen."
    Henry strahlte. Er sah dankbar zu David hinüber.
    Zum erstenmal in meinem Leben habe ich gelogen, dachte
    David. Aber damit habe ich immerhin einem Mann seinen Ruf und seine Ehe gerettet. Das war es wert. Selbst George Washington hätte mir vergeben.
    Er saß in seiner Wohnung und las die Stellenanzeigen. Er brauchte dringend Arbeit und hatte kein Geld mehr für die Miete. Da klopfte es an der Tür. „Herein", rief er. Die Tür ging auf und herein kam Henry.
    „Hallo. Ich wollte mich nur noch kurz bedanken."
    „Ich habe getan, was richtig war", sagte David. „Ich konnte doch keinen Unschuldigen ins Gefängnis schicken." Henry schüttelte David die Hand. „Sie haben wirklich das Richtige getan. Und ich möchte Ihnen sagen, wie sehr ich das schätze."
    „Ach, es war doch das mindeste, was ich tun konnte", meinte David. „Ich meine, wenn man an Sie und Ihre Ehe und Elsie denkt... da konnte ich das doch nicht zulassen."
    „Ich will mich auch erkenntlich zeigen", sagte Henry. Und er griff in die Tasche und holte zwei große Diamantarmbänder hervor. „Hier ist Ihr Anteil", sagte er. „Sie sind mindestens zwanzigtausend wert."
    David starrte ungläubig auf die Schmuckstücke.
    „Augenblick mal", sagte er, „soll das heißen, Sie haben den Schmuck tatsächlich gestohlen?"
    Aber da war Henry schon wieder verschwunden.
    David stand da und sah auf den Schmuck. Ich müßte das zur Polizei tragen, dachte er. So hätte es George Washington gemacht.
    Doch dann dachte er: Ach, zum Teufel mit George Washington!
    12. KAPITEL

    ZWÖLFTES GEBOT:
    DU SOLLST DEINEN MITMENSCHEN KEIN LEID ZUFÜGEN.

    Robert war ein Hüne. Schon als kleiner Junge war er sehr groß für sein Alter gewesen. Sein Vater war Polizist. Er war ebenfalls sehr groß, aber wenn er auf seinen Sohn geblickt hatte, als dieser noch klein war, hatte er immer gesagt: „Der Junge wird einmal noch größer als ich." Und er hatte recht gehabt.
    Mit zehn Jahren war Robert bereits der weitaus Größte in seiner Klasse. Er war sehr fromm und nahm deshalb das Zwölfte Gebot, Du sollst deinen Mitmenschen kein Leid zufügen, sehr ernst.
    Die kleineren Jungs zettelten gern Streit mit ihm an, weil sie genau wußten, daß er sich nicht wehrte. Sie merkten mit der Zeit, daß sie alles mit ihm machen konnten. Sie stießen, traten und triezten ihn, und er ließ sich alles gefallen.
    Er lächelte nur und fragte lediglich: „Warum macht ihr das?" „Weil du ein Feigling bist!" schrien sie ihm dann zu. Sie hatten mächtigen Spaß daran, Robert alles mögliche anzutun.
    Kam Robert mit einem blauen Auge nach Hause, dann schimpfte ihn sein Vater tüchtig aus. „Wieso läßt du dir alles gefallen? Du bist der Größte in der ganzen Klasse, da kannst du sie doch leicht alle vermöbeln! Warum wehrst du dich nicht?"
    „Eben weil ich der Größte in der Klasse bin", sagte Robert dann. „Das wäre doch nicht fair den anderen gegenüber. Sie
    könnten davon schwer verletzt werden."
    Sein Vater schämte sich richtig für ihn. Nach seiner Ansicht war sein Sohn ein Feigling. Und er haßte Feiglinge. Er sprach mit seiner Frau. „Ich weiß nicht, was mit unserem Sohn los ist. Er ist ein Riesenbursche, stark wie ein Bär, und er läßt sich von der ganzen Schule zurichten. Ich habe ihn doch nun wirklich nicht zu einem Feigling erzogen."
    Aber die Mutter verteidigte Robert. „Ich glaube nicht, daß Robert ein Feigling ist. Ich denke, er will nur niemandem etwas zuleide tun."
    „Ich werde ihn mir einmal vornehmen", sagte der Vater. Als Robert am nächsten Tag von der Schule heimkam, sagte sein Vater: „Wollen wir zusammen fernsehen, mein Junge?" „Gern", sagte Robert.
    Sie setzten sich vor den Fernseher, und Roberts Vater schob eine Kassette in den Videorecorder ein. Es war der Film Rocky. Robert sah angewidert zu,
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