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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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Änderungen in letzter Minute führten oft gerade den Mißerfolg herbei, den man abzuwehren suche, und das müsse unbedingt vermieden werden. Falls Boone sich durchaus was zu tun machen wolle, um seiner Nervosität Herr zu werden, möge er sich erkundigen, ob der Stellvertretende Commissioner schon, wie vorgeschlagen, den Durchsuchungsbefehl für Geltmans Büro und Wohnung beantragt habe. Sei der ausgestellt, möge der Sergeant zwei gute Leute auswählen und die Durchsuchung vornehmen - aber keinesfalls vor zwölf.

    Der Chief beendete seine Garderobe, nicht ohne unter der Jacke das Schulterhalfter mit dem kurzläufigen Revolver anzulegen. In die Jackentasche steckte er mehrere Polaroid-Aufnahmen der Scheune in Nyack. Zuletzt wickelte er Handschellen in ein Taschentuch und steckte sie in die Hosentasche.
    Zum Frühstück nahm er weiter nichts zu sich als Grapefruitsaft, eine Scheibe Toast ohne Butter und zwei Tassen schwarzen Kaffee.
    «So ist es recht», bemerkte Monica dazu. «Allmählich wirst du schwer wie ein Bär - ich merke es, glaub mir.»
    «Keine schlüpfrigen Bemerkungen bei Tisch», ermahnte er. «Wie hast du geschlafen?»
    «Sehr gut. Und du?»
    «Eingeschlafen wie ein Stein.»
    «Ich auch. Leider haben wir das Licht brennen lassen.»
    Beide lachten und berieten den Ausflug über das Wochenende vom 4. Juli; sie beabsichtigten, mit einem Mietwagen zu den Mädchen ins Ferienlager nach New Hampshire zu fahren und drei Tage dort zu verbringen.
    «Wie wäre es, wenn wir Rebecca und Boone mitnähmen?» fragte Delaney.
    «Kein schlechter Einfall. Allerdings - wir übernachten im Motel; wäre dir das nicht etwas peinlich?»
    «Lieber Himmel, Monica, du hältst mich wohl für ein Fossil!» brummte er.
    «Nicht die Spur. Oder wenn, dann für das jüngste Fossil, das mir je vorgekommen ist.»
    Er lächelte versöhnt und stellte seine Kaffeetasse in die Spüle.
    «So, jetzt mache ich mich auf den Weg. Wann ich zurück bin, ahne ich nicht.»
    Sie umarmten einander und sie küßte sein Kinn. «Gib auf dich acht», sagte sie.
    Die Orchard Street war schon recht belebt. Er inspizierte den Kleinlaster, die ausgestellten Beobachtungsposten, die Wohnungen von Maria Ruiz und Mama Perez. Seine Hilfstruppen waren versammelt, ausgenommen Boone, der ausrichten ließ, er werde gegen elf da sein.
    Delaney nahm sich Mama Perez vor und ging noch einmal mit ihr durch, was sie sagen und wie sie sich verhalten solle. Anweisungsgemäß trug sie eines ihrer schäbigsten Kleider, einen formlosen Sack aus verblichener Kunstseide. Die Füße steckten in ausgelatschten Pantoffeln, und das Gesicht zeigte nur Spuren von Make-up. Sie wirkte auf ihn alt, verlebt, verletzlich. Und so sollte sie auch auf Saul Geltman wirken.
    Nun kam Boone. Er meldete, der Durchsuchungsbefehl liege vor, und zwei Beamte hielten sich bereit, mit der Arbeit gegen Mittag zu beginnen.
    «Die kommen schon rein», versicherte er dem Chief. «Das sind alte Hasen, die werden mit dem Portier leicht fertig.»
    Sodann prüften sie die Mikrofone; Jason spielte Geltman. Wichtig war, die Lautstärke so zu regulieren, daß man in der Ruizschen Wohnung über den Monitor alles hören konnte, daß aber nichts durch die Wand in die Wohnung von Mama Perez drang, so daß Geltman seine eigene Stimme von dort drüben gehört hätte. Man stellte den Ton so leise, daß die Männer das Ohr an den Empfänger halten mußten, doch wurde dadurch vermieden, daß in der Perezschen Wohnung etwas zu hören war.
    Dann vergewisserten sie sich noch einmal, daß sie keine Spuren ihrer Anwesenheit in Mamas Wohnung hinterlassen hatten, wanderten hinüber in die Nachbarwohnung und ließen Mama Perez allein zurück. Delaney ging als letzter.
    «Wenn das hier vorbei ist», versprach er ihr, «schenke ich Ihnen eine Zwei-Liter-Flasche vom besten Whiskey.»
    «Ah, bleibst du über Nacht und trinkst mit?» fragte sie und riß die Augen weit auf.
    Er tätschelte lächelnd die von kleinen Adern durchzogenen Wangen. Angst war ihr nicht anzumerken. Er ging hinüber in die Nachbarwohnung, und die Tür zum Bad wurde verriegelt. Nun hieß es abwarten. Über den Monitor beobachteten sie Mama Perez. Die bewegte sich träge in ihrer kleinen Wohnung, bereitete einen Kaffee, setzte sich, blätterte in einer spanischen Illustrierten. Als sie die leere Tasse zum Spülstein brachte, blieb sie vor einem ihr Gipsheiligen stehen; sie bewegte stumm die Lippen und bekreuzte sich. Niemand lächelte. Sie warteten schweigend.
    Das
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