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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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sie mit schriller Stimme wüste Beschimpfungen aus. Sie schien förmlich an ihm hochzuklettern, rammte ein Knie in seinen Unterleib, packte mit einer Hand seine Gurgel und suchte mit der anderen ihm die Augen auszukratzen. Dabei heulte sie unentwegt Verwünschungen, teils spanisch, teils englisch.
    Delaney packte sie von hinten an der Taille, Boone und Jason zerrten an Geltman, doch konnten sie ihn nicht von Rosa Perez befreien. Sie klammerte sich an ihn, bearbeitete nun seinen Schädel mit den Fäusten, spuckte ihm ins Gesicht, kratzte, biß. Alle fünf bildeten ein unentwirrbares, schwankendes, um Gleichgewicht ringendes Knäuel. Delaney schrie verzweifelt: «Brady!», und schon kam einer der Männer aus dem Korridor herein, den Revolver in der Hand. Der Mann aus dem Treppenhaus folgte dichtauf. Beide steckten die Waffen weg, machten sich daran, Mamas Finger einen um den anderen von Geltman zu lösen, drehten ihr die Arme auf den Rücken, während Delaney immer noch an ihr zerrte und Boone ihr gegen ein Schienbein trat.
    Schließlich gelang es ihnen, die fauchende, geifernde Frau von Geltman wegzuziehen und beiseite zu führen.
    «Herr im Himmel», ächzte Delaney, «bringt sie nach nebenan und setzt euch auf sie!»
    Die beiden zuletzt gekommenen Beamten zerrten die immer noch keifende und spuckende Mama Perez in die Ruizsche Wohnung und der Chief folgte ihnen.
    «Habt ihr genügend Tonbänder?» fragte er.
    «Reichlich, Chief. Mehr als wir brauchen», versicherte der Techniker.
    «Gut. Dann laßt das Band laufen, bis ich aufhören sage.»
    Er ging zurück und machte beide Türen zum Bad hinter sich zu. Man placierte Saul Geltman auf einen der Klappstühle, das Gesicht zum Fenster. Sergeant Boone nahm den zweiten Klappstuhl, Delaney den Sessel, Jason blieb mit dem Rücken an die Tür gelehnt stehen.
    Alle vier waren außer Atem, sie keuchten, fühlten sich in dieser Schwitzkammer unterm Dach völlig ermattet. Boone und Jason knöpften den Kragen auf, lockerten den Schlips. Minutenlang sagte niemand ein Wort. Dann machte Saul Geltman Anstalten, den Staub aus seinem Anzug zu klopfen und sich etwas herzurichten. «Ich habe einen Kamm in der hinteren Hosentasche, darf ich den mal benutzen?» fragte er.
    Der Chief nickte. Der Kunsthändler holte ein schwarzes Lederetui mit einem Taschenkamm hervor und fuhr durch sein Haar. Dann betupfte er behutsam mit dem Taschentuch die Kratzer auf seinem Gesicht.
    «Ich blute», stellte er fest.
    «Das tut mir aufrichtig leid», versetzte Delaney, «aber Sie können es der Dame kaum verdenken.»
    «Ich kenne meine Rechte und will einen Anwalt zuziehen», sagte Geltman.
    «Ich fürchte, Sie irren», berichtigte ihn Delaney sanft. «Ihren Anwalt dürfen Sie erst rufen, wenn Sie festgenommen sind. Das ist aber nicht der Fall. Richtig, Sergeant?»
    «Richtig, Sir. Er wird über seine Rechte belehrt, sobald die Festnahme erfolgt.»
    «So lauten die Vorschriften», fuhr Delaney fort und spreizte die Finger. «Ich stelle mir vor, wir verschnaufen erst mal ein paar Minuten. Plaudern ein wenig. Sie können uns erzählen, warum Sie diese bedauernswerte Frau mit dem Messer abstechen wollten.»
    «Ich habe sie damit nicht angegriffen, sondern das Messer nur aus der Tasche geholt, um ihr zu helfen, das Päckchen zu öffnen.»
    «Tätlicher Angriff mit einer tödlichen Waffe», stellte Delaney gleichmütig fest.
    «Sagen Sie. Meine Aussage steht gegen Ihre.»
    «Tja, doch wohl nicht ganz. Sehen Sie sich das mal an.» Er stand auf, trat an den Schrank. Geltman sah, wie er einen kleinen, runden Spiegel beiseite schob.
    «Sehen Sie die Fernsehkamera?» fragte der Chief. «Verbunden mit einem Mikrofon. Wird alles auf Viedeorecorder aufgenommen. Der läuft übrigens immer noch.»
    «Scheiße verdammt», sagte Geltman.
    «Wie wahr», bestätigte der Chief.
    «Dann müssen Sie mein Telefon angezapft haben, sonst wüßten Sie nicht, daß ich heute herkommen würde. Und das ist illegal.»
    Der Chief seufzte: «Ach, glauben Sie wirklich, wir könnten das über uns bringen, Mr. Geltman? Nein, Mama Perez hat von einem Privatanschluß angerufen, und der Inhaber hat uns erlaubt, das Gespräch auf Band zu nehmen.»
    «Ich hätte gern ein Glas Wasser», bat Geltman.
    «Aber gern. Jason?»
    Geltman bekam nicht nur ein Glas Wasser, sondern zwei, die er beide gierig leerte. Dann fuhr er mit dem bestaubten Taschentuch über die Lippen. Er blickte sich um, getroffen, wie es schien, aber nicht geschlagen. Noch stand
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