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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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ein Funkeln in seinen Augen. Er versuchte zu lächeln, es wurde aber nur eine Grimasse daraus.
    «Scheußliche Wohnung.» Er schauderte theatralisch. «Wie Menschen in so was leben können -»
    «Ich habe schon Schlimmeres gesehen.» Delaney zuckte die Achseln. «Erzählten Sie nicht, Sie sind in der Essex Street aufgewachsen? Da müssen Sie doch in einer ähnlichen Wohnung gehaust haben.»
    «Das ist lange her», antwortete Geltman leise. «Sehr lange …»
    «Hm. Wissen Sie, eben darüber wollte ich eigentlich gern mit Ihnen reden: die Verhältnisse, in denen Sie derzeit leben. Und wie Sie in Zukunft leben werden. Sie sollen nichts bekennnen. Ich erwarte kein Geständnis. Aber sehen Sie sich doch das mal an.»
    Er nahm die Polaroid-Bilder aus der Tasche und reichte sie Geltman rüber. Der Kunsthändler betrachtete das oberste, ließ die anderen fast unbeachtet durch die Finger gleiten wie ein Kartenspiel und sackte auf seinem Stuhl zusammen. Sein Gesicht wirkte schlaff und er legte die Bilder lustlos auf den Tisch.
    «Das also wäre erledigt», sagte Delaney munter. «Die Steuerfahnder wurden heute vormittag informiert und machen vermutlich schon eine Bestandsaufnahme. Selbstverständlich werden sie die alte Dame und deren Tochter vernehmen, und ich vermute, daß die Tochter auspackt; sie ist ein schwankendes Rohr. Die wird Sie und Simon belasten.»
    Geltman machte eine ratlose Handbewegung.
    Delaney fuhr fort: Das heißt keineswegs, daß man Sie wegen Steuerhinterziehung einsperren wird. Denkbar wäre das, doch glaube ich, man schlägt die Sache nieder und gibt sich mit dem Erlös aus dem Nachlaß zufrieden. Selbstverständlich müssen Sie mit einer Buße rechnen, man wird auch Ihre Steuerakte genau unter die Lupe nehmen, doch ins Gefängnis wandert dieserhalb wohl niemand, andererseits sind Alma und Ted nun Millionäre. Mir selber kommt das nicht besonders befriedigend vor - Ihnen vielleicht?»
    «Nein», erwiderte Geltman knapp.
    «Apropos zerschlagene Träume: Ihr eigener Traum von einer gesicherten Zukunft verflüchtigt sich damit auch. Ich fürchte, Sie haben Ihren letzten Maitland verkauft, Mr. Geltman.»
    Darauf erwiderte der Kunsthändler nichts, und ein kleines Weilchen herrschte Stille. Bis Delaney sagte:
    «Meine Güte, es ist wirklich heiß hier drinnen.» Er ging zum Fenster, brachte das große Ding mit Mühe auf und lehnte sich hinaus, die Hände auf dem Sims und holte tief Luft. Dann schaute er in den Hof, machte kehrt, rieb die Handflächen aneinander, um den Schmutz zu entfernen und ließ das Fenster geöffnet. «Fünf Stockwerke, und ein betonierter Hof. Solche Fenster müßten ein Schutzgitter haben. Na, immerhin kriegen wir so einen Hauch frische Luft.»
    Er sank wieder in den Sessel, lehnte sich zurück, faltete die Hände überm Bauch und betrachtete Saul Geltman nachdenklich.
    «Nun wollen wir mal über den Mord an Victor Maitland sprechen. Es war nämlich Mord, vorbedacht und aus niedrigen Motiven. Der Mörder führte die Waffe bei sich, tötete nicht in einem Anfall von Wut mit einem beliebigen Gegenstand, der gerade zur Hand war, nein, er brachte die Waffe mit. Und das nennt man in allen Gerichtshöfen der Welt Vorsatz.»
    «Ich habe ihn nicht getötet», brachte Geltman gequetscht hervor.
    «O doch. Sie wissen es und wir wissen es. Ich denke, es könnte Sie interessieren, was wir gegen Sie vorzubringen haben. Nun, um damit anzufangen: Sie hatten ein Motiv, nämlich seit Sie wußten, daß Maitland ohne Ihre Mitwirkung Bilder aus dem Depot in Nyack durch Belle Sarazen verkaufen ließ. Die Bilder gehörten ihm, er konnte damit machen, was er wollte, doch in Ihren Augen stellten diese Gemälde nicht nur das Erbteil seiner Mutter und seiner Schwester dar, sondern auch Ihren Anteil. Der todkranke Victor beraubte Sie darum. Das war verrückt. Und nicht nur das, er drückte die Preise für seine eigenen Bilder, indem er den Markt damit überschwemmte. Sie stimmen mir zu? Es kam deshalb zwischen Ihnen zu einer heftigen Auseinandersetzung, in deren Verlauf er Ihnen anbot, sie könnten ihn am Arsch lecken. Sind wir soweit einig, Mr. Geltman?»
    «Pure Vermutung», bemerkte Geltman dazu nur. «Pure Vermutung.»
    «Vermutung hier gemeint als juristischer Terminus.» Delaney war amüsiert. «Sie haben mit Ihrem verblichenen Sportsfreund Simon oft Handball gespielt? Fällt Ihnen übrigens auf, daß ich Sie Mr. Geltman nenne und nicht einfach Saul und du? Ich verstoße damit gegen ungeschriebene Regeln;
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