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Die zweite Kreuzigung

Die zweite Kreuzigung

Titel: Die zweite Kreuzigung
Autoren: Aufbau
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beruhigend auf sie ein, aber sie versteckten sich im Palmendickicht und wollten nicht wieder herauskommen. Von Mohamed, Aehrenthals Führer, war weit und breit nichts zu sehen.
    Die Mönche nahmen ihre Waffen und stiegen aus, um nach Aehrenthal und dessen Truppe zu suchen. Sie wussten, dass das Geräusch ihrer Motoren sie aufmerksam gemacht haben musste. Als sie ausschwärmten, stießen sie bald auf die Leichen. Hier musste etwas passiert sein. Dann rief plötzlich eine Stimme.
    »Ethan! Gavril! Es ist alles in Ordnung! Nehmt die Waffen herunter. Mit Aehrenthal ist es vorbei. Er und seine Männer sind alle tot.«
    Ethan fuhr herum. Sein Herz schien ihm wie ein Vogel aus der Brust zu fahren und davonzufliegen. Durch den Sand kam Sarah auf sie zu, begleitet von einem Tuareg auf der einen und von einer jungen Tuareg-Frau mit einem Kind auf dem Arm auf der anderen Seite.
    »Ich habe schon gefürchtet, du seist tot«, sagte er. Tränen liefen ihm über die Wangen, aber er bemerkte sie kaum.
    »Auch ich hatte schon alle Hoffnung aufgegeben«, antwortete sie. Dann schluchzte sie tief auf und sank ihm in die Arme. Er drückte sie an sich, als wollte er einen Geist ins Leben zurückholen. Am liebsten hätte er mit ihr gesungenund getanzt oder auch nur schweigend dagesessen und ihre Hand gehalten.
    Nach einer langen Umarmung führte sie Sarah zum Teich, wo sie sich erfrischen konnten. Der Koch brachte etwas zu essen, und die Mönche ließen sich am Wasser nieder, wo sie aßen und die Speisen mit frischem Wasser hinunterspülten, das Flaviu und Claudiu von der Quelle geholt hatten. Währenddessen schilderte Sarah Ethan und Gavril, so weit sie sich erinnern konnte, was inzwischen geschehen war. Das Morden, ihren Gang nach Wardabaha und Aehrenthals Ende.
    »Ich bin ein bisschen dort unten herumgegangen«, sagte sie dann. »Diese Stadt ist viel größer als die Synagoge und die Gräber, die dein Großvater entdeckt hat. Sie sind vielleicht der wichtigste Teil, aber viele Archäologen-Teams werden Jahrzehnte brauchen, um das ganze Areal auszugraben. Wer weiß, worauf sie dabei noch stoßen?«
    Sie lächelte in sich hinein. So viele Stunden hatte sie zusammengekauert dort unten gesessen. Nicht wegen Egon Aehrenthals Tod, der ihr jetzt schon nebensächlich erschien. Was war Aehrenthal angesichts der Gebeine von Jesus Christus, dem Speer des Longinus oder der Dornenkrone? Aber darum allein ging es nicht. Sie wusste etwas, das die halbe Welt in ihren Grundfesten erschüttern würde. Das betraf nicht die Reliquien, die Grabstätten, einen Haufen alter Knochen.
    Sie ließ eine Hand ins Wasser sinken und spürte, wie es über ihre Haut rann. Später, wenn es dunkel war, wollte sie hierherkommen, sich nackt ausziehen und eine große Schüssel Wasser über sich gießen, um alles abzuwaschen, um sich von Aehrenthals Schmutz und Missbrauch zu reinigen. Sie lächelte sanft.
    Neben ihr saß die junge Frau, die sie in der Nacht zuvor bei den Grabstätten gefunden hatte, die Frau mit dem kleinen Kind. Die hatte lange mit Mohamed, dem Tuareg-Führer, gesprochen.
    Auf der anderen Seite neben ihr saßen Ethan und Gavril. Sie schickten sich an, zum ersten Mal die Heilige Stadt zu betreten, aus der man die Leichen von Aehrenthals Männern und den Frauen, die sie dort umgebracht hatten, inzwischen entfernt hatte.
    »Ethan, Gavril«, sagte Sarah, »ich muss euch etwas erklären. Das ist gar nicht einfach zu verstehen. Die junge Frau neben mir ist die jüngste Witwe von Idris agg Yusuf, der Oberhaupt dieser Oase war, als Aehrenthal hier eintraf. Sein Leichnam liegt bei denen der anderen Männer, die begraben werden müssen.
    Idris ist der arabische Name des Propheten Enoch. Yusuf ist Joseph. Alle Führer der Tuareg dieser Oase trugen die Namen von jüdischen Propheten oder Heiligen. Da sie in ihrer muslimischen Form gebraucht wurden, ist das niemandem aufgefallen. Aber alle Männer hier haben jüdische Namen. Es ist durchaus möglich, dass sie gar keine Tuareg sind, sondern direkte Nachkommen der jüdischen Christen, die die Oase einst als Erste besiedelt haben. Mehrere Männer haben Aehrenthals Massaker überlebt. Damit kann diese Linie weitergeführt werden. Aber da ist noch etwas. Fragt diese junge Frau, wie sie heißt.«
    Ethan blickte Gavril erstaunt an. Keiner begriff, worauf Sarah hinauswollte.
    Gavril sprach als Erster.
    »Mohamed, fragen Sie bitte diese Frau, wie ihr Name ist.«
    Die Antwort kam ohne Zögern.
    »Maryam.«
    Mohamed nickte.
    »Sie
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