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Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut
Autoren: Dean R. Koontz
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als litte er unter akuten emotionalen Qualen wegen etwas, das er weder beschreiben noch sich vorstellen konnte.
    Wie hypnotisiert betrachtete er finster die verzahnten weißen Spulen des Diktiergeräts, die sich unaufhörlich hinter ihrer Plastikabdeckung drehten.
    Schließlich verstummte die Stimme, die Aufnahme war zu Ende, und Marty sah wieder auf die Uhr. Mehr als zwölf Minuten nach vier.
    Er hatte angenommen, daß er die Konzentration nur ein paar Sekunden verloren hatte und in einen kurzen Tagtraum eingetaucht war. Statt dessen hatte er das Diktiergerät in der Hand gehalten, den Brief an seinen Lektor vergessen und diese beiden Worte sieben Minuten oder länger wiederholt.
    Sieben Minuten, um Himmels willen.
    Und er hatte sich überhaupt nicht daran erinnert. Wie in Trance.
    Jetzt schaltete er das Band ab. Seine Hand zitterte, und als er das Diktiergerät auf den Schreibtisch stellte, klirrte es auf dem Glas.
    Er sah sich in dem Arbeitszimmer um, wo er so viele einsame Stunden damit verbracht hatte, Kriminalfälle auszuhecken und zu lösen, wo er unzählige Figuren durch gewaltige Verwicklungen geschickt und herausgefordert hatte, sich aus tödlichen Gefahren zu befreien. Das Zimmer kannte er so gut: die berstend vollgestopften Bücherregale, ein Dutzend Gemälde, Originale, die für die Schutzumschläge seiner Romane verwendet worden waren, das Sofa, das er in Erwartung ruhiger Stunden gekauft hatte, in denen er neue Geschichten erfinden wollte, aber nie Zeit fand oder Lust verspürte, darauf zu liegen, der Computer mit seinem übergroßen Monitor.
    Aber diese Vertrautheit war nicht mehr tröstlich, denn jetzt wurde sie von den seltsamen Geschehnissen der letzten Minuten beeinträchtigt.
    Er wischte sich die feuchten Handflächen an den Jeans ab.
    Das Grauen, das für kurze Zeit von ihm gewichen war, senkte sich wieder wie Poes geheimnisvoller Rabe herab, der über einer Kammertür hockte.
    Als er aus der Trance erwacht war und die Gefahr gespürt hatte, war er davon ausgegangen, daß er die Bedrohung draußen auf der Straße oder in Gestalt eines Einbrechers finden würde, der sich unten in den Zimmern zu schaffen machte. Aber es war schlimmer. Die Bedrohung war nicht äußerlich. Irgendwie steckte die Gefahr in seinem Inneren.

2
    Die Nacht ist dunkel und ohne Turbulenzen.
    Die Wolken unten sind silbern und reflektieren das Mondlicht, und eine Zeitlang gleitet der Schatten des Flugzeugs über das dunstige Meer.
    Der Flug des Killers von Boston trifft pünktlich in Kansas City, Missouri, ein. Er geht direkt zur Gepäckausgabe. Die Thanksgiving-Ausflügler werden erst morgen zurückreisen, daher ist der Flughafen ruhig. Seine beiden Gepäckstücke – in einem befinden sich eine Pistole Marke Heckler & Koch P7, ein abschraubbarer Schalldämpfer und Ersatzmagazine mit 9-mm-Munition – fallen als erstes und zweites auf das Förderband.
    Bei der Autovermietung stellt er fest, daß seine Reservierung nicht verloren oder falsch aufgeschrieben worden ist, wie es so häufig vorkommt. Er wird die große Ford-Limousine bekommen, die er bestellt hat, und sich nicht mit einem Mittelklassewagen begnügen müssen.
    Die Kreditkarte auf den Namen John Larrington wird von dem Verkäufer und dem Scanner von American Express anstandslos akzeptiert, obwohl sein Name nicht John Larrington ist.
    Als er das Auto bekommt, läuft es vorzüglich und riecht sauber. Die Heizung funktioniert sogar. Alles scheint sich bestens für ihn zu entwickeln. Wenige Meilen vom Flughafen entfernt nimmt er sich ein Zimmer in einem kleinen, dreigeschossigen Motel, wo ihm die Rothaarige an der Rezeption sagt, daß ihm das Frühstück – Brötchen, Saft und Kaffee – morgens aufs Zimmer gebracht wird, wenn er es wünscht. Seine Visa-Karte auf den Namen Thomas E. Jukovic wird akzeptiert, obwohl sein Name nicht Thomas E. Jukovic ist.
    Sein Zimmer ist mit einem grellorangeroten Teppich ausgelegt, die Tapete ist blau gestreift. Aber die Matratze ist fest und die Handtücher sind flauschig.
    Der Koffer mit der automatischen Pistole nebst Munition bleibt verschlossen im Kofferraum des Autos, wo neugierige Motelangestellte nicht in Versuchung geführt werden können.
    Nachdem er eine Zeitlang im Sessel am Fenster gesessen und sich Kansas City im Sternenlicht angesehen hat, geht er zum Essen in den Speisesaal. Er ist einen Meter achtzig groß, wiegt neunzig Kilo, ißt aber so herzhaft wie ein viel größerer Mann. Einen Teller Gemüsesuppe mit
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