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Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut
Autoren: Dean R. Koontz
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Knoblauchtoast. Zwei Cheeseburger, Pommes frites. Ein Stück Apfelstrudel mit Vanilleeis. Sechs Tassen Kaffee.
    Er hat immer einen gesunden Appetit. Häufig ist er heißhungrig; manchmal scheint sein Hunger fast unstillbar zu sein.
    Beim Essen kommt die Kellnerin zweimal vorbei und fragt, ob das Essen schmeckt und ob er noch etwas braucht. Sie ist nicht nur zuvorkommend, sondern flirtet mit ihm.
    Er ist zwar einigermaßen attraktiv, aber sein Äußeres kann es nicht mit dem eines Filmstars aufnehmen. Ja, Frauen flirten häufiger mit ihm als mit anderen Männern, die hübscher und besser gekleidet sind als er. Seine Garderobe, die aus Schuhen Marke Rockport, Khakihosen, einem dunkelgrünen Rollkragenpullover und einer billigen Armbanduhr besteht – kein Schmuck –, ist unauffällig, unscheinbar. Genau so sollte es sein. Die Kellnerin hat keinen Grund, ihn für einen wohlhabenden Mann zu halten. Und doch kommt sie schon wieder und lächelt kokett.
    Eine Blondine mit whiskeyfarbenen Augen hatte ihn einmal in einer Cocktailbar in Miami, wo er sie aufgerissen hatte, wissen lassen, daß er eine faszinierende Aura habe. Eine anziehende magnetische Kraft ging von seinem Schweigen und seiner meistens steinernen Miene aus. »Du bist«, hatte sie verspielt beharrt, »der Inbegriff des starken, stummen Typs. Verdammt, wenn du in einem Film mit Clint Eastwood und Stallone mitspielen würdest, würde es gar keine Dialoge geben!«
    Später hatte er sie zu Tode geprügelt.
    Sie hatte ihn mit dem, was sie sagte oder tat, keineswegs in Rage gebracht. Im Gegenteil, Sex mit ihr war befriedigend gewesen.
    Aber er hielt sich in Florida auf, um einem Mann namens Parker Abbotson das Gehirn aus dem Schädel zu pusten, und hatte Angst gehabt, die Frau könnte ihn später irgendwie mit dem Mordanschlag in Verbindung bringen. Er wollte nicht, daß sie der Polizei eine Beschreibung von ihm geben konnte.
    Nachdem er sie erledigt hatte, war er ins Kino gegangen und hatte sich den neuesten Spielberg-Film angesehen. Dann einen Streifen mit Steve Martin.
    Er mag Filme. Abgesehen von seiner Arbeit lebt er praktisch nur für Filme. Manchmal kommt es ihm so vor, als wären sein wahres Zuhause die Kinos in verschiedenen Städten, die sich jedoch in ihrer einförmigen Supermarktarchitektur so sehr gleichen, daß sie derselbe dunkle Zuschauerraum sein könnten.
    Jetzt tut er so, als bemerke er nicht, daß sich die Kellnerin für ihn interessiert. Sie ist recht hübsch, aber er würde es nie wagen, eine Angestellte des Hotels zu töten, in dem er wohnt. Er muß eine Frau in einem Schuppen finden, der in keinem Zusammenhang mit ihm steht.
    Er gibt genau fünfzehn Prozent Trinkgeld, weil man sowohl durch Geiz wie auch durch Verschwendung auffallen würde.
    Nachdem er noch einmal kurz in sein Zimmer gegangen ist, um eine wollgefütterte Lederjacke zu holen, die für die Novembernacht angemessen ist, steigt er in den gemieteten Ford und fährt in stetig größer werdenden Kreisen durch den umliegenden Handelsbezirk. Er sucht nach einem Etablissement, wo die Chance besteht, daß er die richtige Frau trifft.

3
    Daddy war nicht Daddy.
    Er hatte Daddys blaue Augen, Daddys dunkelbraunes Haar, Daddys zu große Ohren, Daddys sommersprossige Nase; er war das Ebenbild des Marty Stillwater, der auf den Schutzumschlägen seiner Bücher abgebildet wurde. Er hörte sich genau wie Daddy an, als Charlotte und Emily und ihre Mutter nach Hause gekommen waren und ihn in der Küche vorgefunden hatten, wo er Kaffee trank, denn er sagte: »Es hat keinen Zweck zu behaupten, daß ihr nach dem Kino noch einkaufen gegangen seid. Ich habe euch von einem Privatdetektiv beschatten lassen. Ich weiß, ihr wart in einer Spielhölle in Gardena, habt Poker gespielt und Zigaretten geraucht.« Er stand auf, setzte sich und bewegte sich wie Daddy.
    Später, als sie zum Abendessen ins Islands gingen, fuhr er sogar wie Daddy. Was zu schnell war, wie Mom meinte. Oder einfach »die selbstsichere, gekonnte Technik eines Meisterfahrers«, wenn man es aus Daddys Warte sah.
    Aber Charlotte wußte, daß etwas nicht stimmte, und sie machte sich Sorgen.
    Oh, er war nicht von einem Außerirdischen übernommen worden, der aus einer großen Samenkapsel aus dem Weltall gekrochen war, oder etwas so Extremes. So sehr unterschied er sich nicht von dem Daddy, den sie kannte und liebte.
    Die Unterschiede waren größtenteils gering. Normalerweise war er entspannt und heiter, aber jetzt war er ein wenig
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