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Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)
Autoren: Marc Levy
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erzählt habe, ist die Konsultation umsonst.«
    »Nein, ich möchte lieber bezahlen.«
    »Sei nicht dumm. Sagen wir, die Zeit, die wir zusammen verbracht haben, war ein freundschaftlicher Besuch. Ich freue mich, dich gesehen zu haben. Du bist jemand Besonderes, besser gesagt, deine Geschichte ist es in jedem Fall.«
    »Aber welche Geschichte?«
    »Wir haben keine Zeit mehr, und außerdem würdest du mir das erst recht nicht glauben. Geh jetzt zu deinen Freunden, sie werden dir Vorwürfe machen, wenn ihr den Zug verpasst. Beeilt euch und seid vorsichtig, ein Unfall ist schnell passiert. Sieh mich nicht so an! Was ich gerade gesagt habe, ist keine Hellseherei, sondern gesunder Menschenverstand.«
    Die Wahrsagerin befahl Alice zu gehen. Alice betrachtete sie kurz, die beiden Frauen tauschten ein letztes Lächeln, dann lief sie zu ihren Freunden.
    »Na du ziehst ja ein Gesicht! Was hat sie dir denn gesagt?«, fragte Anton.
    »Das erzähle ich nachher … Habt ihr gesehen, wie spät es ist?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, steuerte Alice das Eingangstor der Mole an.
    »Sie hat recht«, meinte Sam, »wir müssen uns wirklich beeilen, der Zug fährt in weniger als zwanzig Minuten ab.«
    Sie rannten los. Zu dem Wind, der über die Promenade pfiff, gesellte sich ein feiner Regen. Eddy nahm Carol beim Arm.
    »Pass auf, das Pflaster ist rutschig«, sagte er und zog sie mit.
    Hinter der Promenade hasteten sie über die verlassene Straße, die nur schwach von den Gaslaternen erhellt wurde. In der Ferne erkannte man die Lichter des Bahnhofs von Brighton, sie hatten nur noch knapp zehn Minuten. Als Eddy die Straße überquerte, tauchte plötzlich ein Pferdewagen auf.
    »Vorsicht!«, schrie Anton.
    Alice hatte die Geistesgegenwart, Eddy am Ärmel zurückzuziehen. Das Gespann hätte ihn fast umgefahren, und sie spürten das Schnauben des Tiers, das der Kutscher verzweifelt zu bremsen versuchte.
    »Du hast mir das Leben gerettet«, stammelte Eddy schockiert.
    »Bedanken kannst du dich später«, gab Alice zurück, »wir müssen uns sputen.«
    Als sie den Bahnsteig erreichten, machten sie dem Bahnhofsvorsteher, der gerade seine Laterne schwenken wollte, heftig Zeichen. Dieser befahl ihnen, in den ersten Wagen zu steigen. Die Jungs halfen den Mädchen hinauf, und Anton stand noch auf dem Trittbrett, als der Zug bereits anfuhr. Eddy fasste ihn bei den Schultern und zog ihn ins Innere, ehe er die Tür schloss.
    »Das war knapp«, sagte Carol und keuchte. »Und du, Eddy, hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt. Du hättest unter die Räder des Pferdewagens kommen können.«
    »Ich habe den Eindruck, Alice hatte noch mehr Angst als du. Seht sie euch an, sie ist kreidebleich.«
    Alice sagte kein Wort. Sie setzte sich auf eine Bank und sah aus dem Fenster auf die Lichter der Stadt, die langsam entschwanden. In Gedanken versunken, erinnerte sie sich an die Worte der Wahrsagerin. Als sie an ihre Warnung dachte, wurde sie noch blasser.
    »Erzählst du es uns nun endlich?«, fragte Anton. »Schließlich hätten wir deinetwegen beinahe unter freiem Himmel nächtigen müssen.«
    »Weil ihr mich so provoziert habt«, gab Alice knapp zurück.
    »Das hat ja eine ganze Weile gedauert. Hat sie dir zumindest etwas Sensationelles enthüllt?«, wollte Carol wissen.
    »Nichts, was ich nicht schon gewusst hätte. Ich habe es euch ja gleich gesagt, Wahrsagen ist reine Bauernfängerei. Mit etwas Beobachtungsgabe, einem Minimum an Intuition und Überzeugungskraft kann man jeden hereinlegen und ihm sonst was weismachen.«
    »Aber du hast uns immer noch nicht gesagt, was sie dir nun enthüllt hat«, beharrte Sam.
    »Lass uns das Thema wechseln«, fiel Anton ein. »Wir hatten einen schönen Tag, wir fahren nach Hause, und ich sehe keinen Grund, warum wir jetzt künstliche Probleme schaffen sollten. Es tut mir leid, Alice, wir hätten dich nicht drängen sollen. Du hattest keine Lust hinzugehen, und wir waren etwas …«
    »… blöd, und ich als Erste«, fuhr Alice fort und blickte Anton an. »Aber jetzt habe ich eine spannendere Frage. Was macht ihr Heiligabend?«
    Carol fuhr nach St. Mawes zu ihrer Familie. Anton aß bei seinen Eltern. Eddy hatte seiner Schwester versprochen, den Abend bei ihr zu verbringen: Die kleinen Neffen warteten auf den Weihnachtsmann, und sein Schwager hatte ihn gebeten, diese Rolle zu übernehmen. Sie hatten sogar ein Kostüm ausgeliehen. Er konnte nur schwerlich ablehnen, denn noch dazu half ihm sein Schwager oft ohne das Wissen
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