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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin
Autoren: Petra Durst-Benning
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ihrer zusammengekauerten Stellung in die Hocke und suchte dann hinter der Kirchenmauer Deckung. Ihre Augen bewegten sich blitzschnell hin und her, um nur ja kein noch so unbedeutendes Detail zu übersehen.
    Da waren die Bediensteten der königlichen Hofküche: Wie jeden Samstag um die gleiche Zeit wälzte sich die kleine Gruppe mühevoll über den Stuttgarter Markt, um das zu kaufen, was die königlichen Gärten und Gewächshäuser nicht selber herzugeben vermochten. Angesichts des mageren Angebots der einzelnen Marktstände fand Eleonore dies jedoch mehr als verwunderlich: hier ein paar ausgemergelteHasen, da ein paar Körbe mit Rüben und Kraut, dort kleine Bündel getrockneter Pfefferminze oder Kamille – mehr konnte man auf dem Markt schon lange nicht mehr erstehen. Und trotzdem: Woche für Woche kamen sie samstags aus dem Stuttgarter Schloß hierher, um einzukaufen. An vorderster Stelle marschierte dabei immer derselbe Mann. Von kräftiger Statur, mit fleischigen Armen und einem Blick wie ein Geier, der seine nächste Aasmahlzeit erspäht, musterte er die feilgebotene Ware. Eleonore vermutete, daß er der Küchenvorsteher oder der Koch war. Jedenfalls hatte er den anderen etwas zu sagen, denn auf sein Geheiß hin wurde Ware eingepackt und den Trägern mit ihren großen Körben übergeben. Was darauf folgte, hatte es Sonia besonders angetan: Die zweite Person des Küchentrupps – ein unscheinbares Weib mit fahlblonden Haaren, die sie unter einer wollenen Schute versteckte – öffnete die große, lederne Geldkatze, die sie am Gürtel trug, und bezahlte für die erhaltenen Waren. Auf diese Geldkatze hatte Sonia es abgesehen, seit Tagen sprach sie über nichts anderes mehr. Wieviel Geld wohl darinnen wäre, und was sie damit alles machen und kaufen könnten. Eine Verrücktheit! Schon wenn Eleonore die fleischigen Arme des vordersten Mannes sah, tat ihr alles weh. Mit den Trägern hätten sie es ja noch aufnehmen können. Erstens hatten die alle Hände voll mit ihren Körben, und zweitens sahen sie nicht so aus, als wäre eine Verfolgungsjagd über den Markt in ihren Augen etwas besonders Erstrebenswertes. Obwohl – der letzte von ihnen war gar nicht so übel geraten. Hochgewachsen mit langen Beinen, ebenfalls kräftigen Armen und großen Händen, die sicherlich wußten, wie man eine Frau anzupacken hatte. Sein erdbeerrotes Haar gefiel Eleonore nicht sonderlich gut, aber waren nachts nicht alle Katzen grau? Was denke ich da eigentlich, schalt sie sich. Als ob so einer sich mit ihresgleichen abgeben würde! Der trieb’s doch sicherlich mit denfeinen Mägden, Küchenweibern und wer sonst noch auf dem Schloß zu schaffen hatte.
    Â»Lorchen, paß auf!« Erregt stieß Sonia sie in die Seite. Der Küchentrupp hatte nun nur noch einen Marktstand zu begutachten.
    Lorchen. Wütend biß Eleonore ihre Zähne zusammen. Wenn es überhaupt etwas gab, wofür sie Columbina dankbar war, dann war es ihr Name. Eleonore. Ein vagabundierender Gelehrter, der sein Lehramt bei einer Adelsfamilie verloren hatte, nachdem er einer der Töchter zu nahe getreten war, hatte ihr einst erklärt, daß der Name aus dem Arabischen stamme und soviel wie »Gott ist mein Licht« bedeute. Zum Ärger von Sonia wußte er über deren Namen nichts zu berichten. Seitdem nannte Sonia ihre Schwester nur noch »Lorchen« oder »Lore«.
    Nervös drehte sich Eleonore nach allen Seiten um. Die Leute vom Schloß waren jetzt fast auf ihrer Höhe. Eine seltsame Unruhe schien die kleine Gruppe zu begleiten, als läge etwas Aufregendes in der Luft. Eleonore verzog das Gesicht. War es nicht auch so? Wieder zwang sie sich, tief durchzuatmen.
    Â»Jetzt!«
    Mit einem Ruck war Sonia aufgesprungen. Im selben Moment entdeckte Eleonore hinter dem Burschen mit dem roten Haar einen größeren Menschenauflauf, doch es war zu spät, um ihre Schwester zu warnen. Mit einem Satz sprang diese zwischen die Küchenbediensteten und auf die fahlblonde Frau zu, riß ihr mit einem groben Ruck die Geldkatze aus der Hand und rannte davon, noch ehe die Überfallene einen ersten Schrei tun konnte. Mit stolpernden Schritten beeilte sich Eleonore, ihrer Schwester nachzueilen. Die bösen Blicke der Marktweiber verfolgten die beiden, doch stellte sich ihnen keine in den Weg. Schließlich hätten
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