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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer
Autoren: Ralf Isau
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Junge«, sagte er in mildem Ton und strich über den kräftigen Hals des Tieres. »Tut mir leid, dass ich dir wehgetan habe.« Seine Hand massierte den Rücken und die Schwungarme der Flügel. Das schwarze Fell war kurz und dicht. Es fühlte sich fast wie weicher Filz an. An den Schwingen war die Behaarung etwas länger. »Und die Sache mit der hübschen Roten war auch nicht böse gemeint. Darf ich dich trotzdem reiten?«
    Abermals blaffte Allon.
    »Ich nehme das mal als ein Ja«, sagte Taramis und holte tief Luft. Hoffentlich legte er kein zu schnelles Tempo vor. Er hielt sich an der Mähne des Ippos fest, ging in die Knie und schwang sich auf dessen Rücken.
    Der Hengst warf den Kopf zurück, schnaubte, tänzelte einen Moment lang auf der Stelle und kam dann wieder zur Ruhe.
    Taramis atmete auf. Von jetzt an konnte es eigentlich nur besser werden.

4. Die Magd und der Hagere
    D as schräg einfallende Licht der Morgensonne verwandelte den geflügelten Schatten in eine lebende Skulptur der Anmut und Kraft. Taramis bewunderte das Muskelspiel unter dem schwarzen Fell seines neuen Gefährten. Er war die ganze Nacht hindurch geritten. Sogar ein wenig geschlafen hatte er. Die Fähigkeit, sich im Schlummer festzuhalten, stammte noch aus den Tagen, als er auf dem Rücken von Allon I. tagelang durch den Äther gereist war.
    Leider taugten die Flügel der Ippos nicht für längere Luftreisen. Sie dienten den Tieren ja eigentlich nur dazu, auf kürzestem Wege die Sphäre einer Insel zu verlassen. Im Ätherischen Meer dagegen verliehen sie ihnen eine erstaunliche Wendigkeit.
    Die Verständigung mit Allon gelang inzwischen recht gut. Es bedurfte keines Feuerstabes mehr, um ihm den Willen seines Herrn mitzuteilen. Noch ein paar Tage – und das Zweihorn würde ihn auch über größere Entfernungen wahrnehmen. Ein so kluges und lernfähiges Tier fand man nicht oft. Taramis beschloss, den Hengst möglichst mit auf die Reise zu nehmen.
    Am späten Vormittag erreichte er Adma. Als er auf seinem prachtvollen Rappen das Stadttor durchquerte, zog er die bewundernden Blicke der beiden Wachen auf sich. Einen der Männer kannte Taramis und nickte ihm zu.
    Er hoffte, unter den reisenden Kaufleuten im Hafen ein schnelles Transportmittel für die Suche nach Shúria und Ari zu finden. Dummerweise hatte er keinen einzigen Pim in der Tasche. Mit der Familie und dem Haus war ihm nämlich auch sein Geld abhandengekommen. Vielleicht konnte er auf einem Schwaller anheuern – so nannte man jene Tiere, auf denen die Berither den Weltenozean bereisten.
    Zielstrebig ritt er durch die penibel gefegten Straßen und Gassen. Besucher aus fernen Ländern staunten gewöhnlich, wie sauber die Hauptstadt Barneas wirkte. Jeder Einheimische kehrte bei jedem Wetter am sechsten Tag einer jeden Woche vor seinem Haus. Von alters her war das so Brauch. Wer sich nicht daran hielt, konnte niemals die Achtung der notorisch ordentlichen Bevölkerung erwerben.
    Obwohl die ländliche Metropole nicht weniger als einhunderttausend Einwohner zählte, war sie ihrer Art nach doch ein Dorf geblieben. Der ruhige und bodenständige Menschenschlag der grünen Insel schätzte das beschauliche Leben. Jede Form von Hektik war ihm verpönt. Am lebhaftesten ging es noch im Hafenviertel zu. Dorthin lenkte Taramis sein Tier.
    Adma lag wie die meisten bedeutenden Städte Beriths sowohl dicht am Inselrand als auch am Ufer eines großen Sees. So konnten selbst riesige Schwalltiere, die sich in den Lufthüllen oft schwerfällig bewegten, leicht einen Ruheplatz finden. Auf Barnea war dies natürlich streng reglementiert. Das Hafenamt teilte den Donnerkeilen, Drachenkröten, Ellipsoiden und Salamandern die Schlafstätten zu.
    Ihre Reiter genossen in dieser Beziehung mehr Freiheiten. Sobald sie das Seetor durchquerten, hatten sie eine große Auswahl, die sich vom einfachen Schlaf- bis zum noblen Gasthaus erstreckte. Mancher Reisende nächtigte auch in einer Spelunke, die Hand fest an einem Krug Bier. Der Gasthof zum goldenen Salamander bot ein wenig von allem, war er doch eine Schenke für die Durstigen, eine Schlafstatt für die Müden und für so gut wie jeden erschwinglich – sofern man wenigstens etwas Geld in der Tasche hatte.
    Obwohl Letzteres auf Taramis nicht zutraf, lenkte er sein Ippo in die Seitengasse neben dem Gebäude, wo die Kundschaft ihre Tiere abzustellen pflegte. Er kannte den Goldenen Salamander noch von früheren Besuchen, hier traf man Glücksritter aus aller Welt. In den
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