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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um
Autoren: Dorothy Cannell
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Prolog
    Wenn es Frühling wird, überkommt es einen in jungen Jahren schon mal, und plötzlich fängt man an, die Fenster zu putzen, man räumt die Schränke aus, rollt die Teppiche auf und tut was weiß ich noch alles, um eins zu sein mit Mutter Natur. Es ist einfach großartig, wenn der Holzwurm in der alten Kommode das Weite sucht oder wenn man unter dem Sofa so viel Staub findet, daß man dort Stiefmütterchen setzen könnte. Kaum vorzustellen, wie das die weiblichen Batterien auflädt. Anschließend kann man dann die Böden scheuern, frische Gardinen aufhängen, auf den Speicher gehen und altes Gerumpel wegschmeißen – kurz, all diese großen, göttlichen Taten vollbringen, mit denen man zwar nicht die ganze Welt, aber immerhin doch das eigene Heim in Ordnung bringt –, auch wenn im Moment kein Mensch zu sagen wüßte, ob man aus- oder einzieht. Ich schwebte einfach in höheren Regionen – was natürlich auch damit zu tun hatte, daß ich oben auf der Leiter stand. Zack—ein Spinnweb erledigt! Das war ein Expertinnenhieb, direkt aus dem Handgelenk. Patsch – noch eins ausgelöscht vom Angesicht der Zimmerdecke. Ellie Haskell, Hausfrau ohnegleichen! Ich war gerade mitten im Rausch, da wurde ich von zwei zarten Stimmchen gestört, die artig fragten: »Können wir nicht raus in den Garten gehen und spielen?«
»Jetzt nicht, meine Schätzchen!« Ich lächelte mild auf die dreijährigen Zwillinge hinab: meine Tochter Abbey und meinen Sohn Tarn. »Mummy hat heute sehr viel zu tun.« »Bitte!« Die kleinen Gesichter wurden lang. »Vielleicht später«, vertröstete ich sie. »Erst muß ich das Haus auf Vordermann bringen. Danach wird unserem Glück nichts mehr im Wege stehen.«
»Ich will, daß Daddy kommt!« Tams Fäuste bohrten sich in seine Augen.
»Ich auch«, wimmerte seine Schwester.
»Daddy ist zur Arbeit gegangen, da wo alle kleinen Kinder eines Tages auch hindürfen, wenn sie brav gewesen sind«, erklärte ich ihnen. »Das heißt natürlich nicht«, setzte ich hastig hinzu, »daß Mummy nicht brav war. Ihr wißt ja, daß ich hier zu Hause bleibe, um mich um euch zu kümmern und alles schön zu machen.«
»Du bist aber nicht schön, Mummy.« Tam starrte mich finster von unten an. »In Wirklichkeit« – das war sein Ausdruck der Woche – »siehst du aus wie eine böse Hexe.« »Sieht sie nicht!« Abbey, immer schnell dabei, wenn es darum ging, mich zu verteidigen, versetzte ihm einen Stoß, der sie beide zu Boden schickte. Gleich darauf fing ich ebenfalls an zu wackeln, was ja auch kein Wunder ist, wenn man auf einer Leiter steht, bei der ein Bein kürzer ist als das andere. Den ganzen Morgen über hatte ich mich als Amazone gefühlt und dabei nicht bedacht, daß das alte Tuch auf meinem Kopf und der Staubwedel in meiner Hand, der aussah wie ein Zauberstab, bei den Kindern Alpträume auslösen konnte. Ich gebe zu, daß ich beim Anblick eines weiteren Spinnwebs, das frech und dreist in der Ecke über dem walisischen Kleiderschrank nistete, mit dem Gedanken liebäugelte, die Kinder allein nach draußen zu schicken. Normalerweise spielen sie dann auf einem umzäunten Plätzchen hinter dem Haus, wo früher einmal der Kräutergarten war. Von der Küche aus kann ich sie dort die ganze Zeit über im Auge behalten. Ich mußte mir also keine Sorgen machen, daß sie plötzlich vorn zum Eingangstor hinausmarschierten und über die Klippen am Meer entlangwanderten. Doch dann fiel mir das Bilderbuch wieder ein, das ich neulich morgens auf dem Speicher gefunden hatte. Darin wurde die schaurige Geschichte einer Zwergenbande erzählt, die sich vor vielen, vielen Jahren im Garten einer guten Frau versteckt hatte. Böse, knorrige Männlein, die sich gemein und hinterhältig als Tulpenzwiebeln getarnt hatten. Ich kletterte also von der Leiter und ließ den Blick über das Tohuwabohu in der Küche schweifen. Die Kinder umschlangen meine Knie. Es wäre natürlich der helle Wahnsinn, sich jetzt mit einer Flasche Milch und ein paar Äpfeln zu bewaffnen, schnell ein paar Käsebrote zu schmieren und mit dem kleinen Behelfspicknick hinaus in den Garten zu ziehen. Doch dann flatterten ein paar Takte Vogelgezwitscher hinter einem süß duftenden Windhauch her durch das geöffnete Fenster und mir fiel ein, daß ich am Morgen schon so weit gewesen war, auch Miss Vienna Millers Beine abzustauben. Sie war vorbeigekommen, um mich zum nächsten Treffen der Salongesellschaft einzuladen. Und dabei war sie doch noch ganz neu in unserem Dorf.
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