Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
sich nicht blicken. Schätze, ich muss mich nach einem anderen Kunden umsehen.«
    »Unter einem Drachenkrötenreiter stellt man sich gewöhnlich einen Mann mit Fischkopf vor. Habt Ihr Euer Tier aus einer ehemaligen dagonisischen Kolonie?«
    Der Hagere nickte, hob zu einer Antwort an, hielt dann aber inne, den Blick auf einen Punkt hinter Taramis’ linker Schulter fixiert.
    »Was kann ich Euch bringen, Herr?«, erkundigte sich von dort überraschend eine Stimme, die er sofort wiedererkannte. Ihr warmer Klang glich einem vollmundigen Rotwein, der lange im Eichenfass gereift war. Er wandte sich zu Ischáh um.
    Die Küchenhilfe sah ihn fragend an. Sie hatte sich eine saubere Schürze umgebunden und sich das Gesicht und die Hände gewaschen.
    »Ich … warte auf das Mittagsmahl«, behauptete er.
    Sie lächelte wissend. »Das dauert noch eine Weile, Herr. Wollt Ihr inzwischen etwas trinken?«
    »Nein. Vielen Dank.«
    »Dann komme ich später wieder.«
    »Ja, bitte.«
    Ihre kühlen, blauen Augen blitzten amüsiert, als sie sich umwandte und ging.
    »Hübsches Ding«, sagte der Hagere, ehe sie außer Hörweite war.
    Taramis nickte gedankenversunken. Sollte er dem Reiter verraten, warum er wirklich hier war? Dieser Kulkan gehörte nicht unbedingt zu der Sorte Mann, der man sogleich sein Herz ausschüttete. Andererseits war die Zeit viel zu knapp, um wählerisch zu sein. »Eigentlich«, begann Taramis umständlich, »bin ich eher ein Suchender als ein Wartender.«
    »Inwiefern?«, entgegnete der Hagere.
    Taramis überwand seine Bedenken und erzählte, wie er tags zuvor Frau und Sohn verloren hatte.
    »Tragische Geschichte«, brummte Kulkan. Eine Weile starrte er in sein Trinkgefäß, so wie vorher, als er noch allein am Tisch gesessen hatte. Schließlich setzte er es an die Lippen, leerte es in einem Zug, ließ es auf die Tafel knallen und fügte leise hinzu: »Ich habe davon gehört.«
    »Wovon?«
    Kulkan blickte vom Krug auf. »Inseln zerfallen.«
    Taramis bekam eine Gänsehaut. Der unheilvolle Unterton des Reiters behagte ihm nicht. »Seit dem großen Weltenbruch ist Berith nie wieder ganz zur Ruhe gekommen«, sagte er, mehr zur eigenen Beruhigung als für sein Gegenüber. »Soweit ich weiß, geschieht das alle paar hundert Jahre einmal.«
    »Wo seid Ihr in den letzten zwölf Monaten gewesen, Kamerad?«
    »Ich gehe selten in die Stadt. Warum?«
    »Weil man sich erzählt, dass überall Schollen abbröckeln. Die Welt scheint aus den Fugen zu geraten. Irgendetwas reißt sie in Stücke.«
    »Gibt es Vermutungen, weshalb das geschieht?«
    »Es heißt, die Ursache liege im Labyrinth der tausend Scherben.«
    »Ihr meint Komana, das Königreich der hundert Stunden?«
    Der Reiter nickte. »Die abgebrochenen Schollen treiben jedenfalls dorthin.«
    Taramis biss sich auf die Unterlippe, als er sich die dramatischen Ereignisse des vergangenen Tages ins Gedächtnis rief. Die funkelnde Fährte von Shúria und Ari hatte tatsächlich ins Zentrum von Berith gewiesen. Das von Kulkan erwähnte Inselreich lag am Rand der Zentralregion, genau auf diesem Kurs. »Ihr habt nicht zufällig vor, nach Komana zu reisen?«
    »Nein. Das liegt weit abseits meiner Routen.«
    Taramis nickte. Mit einer gefüllten Börse hätte er den Hageren vermutlich umstimmen können, so aber blieb ihm nichts weiter übrig, als sich nach einem anderen Reiter umzuhören. Er stemmte die Hände auf den Tisch, um sich zu erheben …
    »Da fällt mir etwas ein«, murmelte Kulkan. »Möglicherweise kann ich Euch einen Namen nennen. Ich habe ihn zwar vergessen, aber er steht in einem Brief von einem Geschäftspartner aus Adma. Der Kunde hat einen Mann erwähnt, der für ihn regelmäßig Ladungen von Barnea nach Peor transportiert. Ich müsste nur kurz an mein Gepäck. Es ist bei meinem Maultier im Hof hinter dem Gasthaus.«
    »Warum nicht in der Seitengasse?«
    »Weil sich der Stall für die Logiergäste im Hof befindet – ich habe im Salamander ein Zimmer. Ist es Euch lieber, hier auf Euer Mittagsmahl zu warten, während ich den Brief hole, oder wollt Ihr mit hinauskommen?«
    Taramis dachte an seinen fehlenden Geldbeutel, erhob sich und griff nach dem Stab. »Etwas frische Luft tut mir gut. Ich begleite Euch.«

5. Der Donnerreiter
    F orschen Schrittes bahnte sich Kulkan einen Weg durch den Schankraum. Der hagere Mann war ungefähr eine Handbreit kleiner als Taramis und trug wie vermutet an der linken Hüfte ein Kurzschwert. Um sie herum redeten, lachten und stritten die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher