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Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
Autoren: Oliver Henkel
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dich davor, dass du dich in nichts auflöst, und du fällst über mich her wie ein Irrer.« Es klang eher beleidigt als wütend. Dann wandte sich der Zeitreisende wieder dem Fenster zu, ging in die Hocke, ergriff das Gewehr und legte erneut an.
    »Na, wenigstens habe ich den entscheidenden Moment nicht verpasst«, murmelte er. »Ich glaube, da kommt diese Julia angelaufen … sieht so aus, als hätte Larue sie erkannt …«
    Andreas saß mit schmerzendem Kiefer in der Zimmerecke und starrte zu Franklin hinüber.
    Er darf nicht schießen!, fuhr es ihm durch den Kopf. Ich muss das verhindern!
    Er griff nach dem einzigen Gegenstand in Reichweite, dem Weinkrug, und warf damit nach dem Zeitreisenden.
    Der Tonkrug zerschellte am Hinterkopf. Franklin verlor das Gleichgewicht und prallte mit der Seite seines Schädels gegen die Kante der Fensteröffnung. Er stieß eine Art pfeifendes Röcheln aus, das Gewehr glitt ihm aus den Händen. Dann kippte sein Oberkörper zur Seite und er fiel auf den Boden, wo er bewegungslos liegen blieb.
    Andreas raffte sich auf. Es fiel ihm nicht leicht, denn zusätzlich zu den Folgen des Faustschlags ins Gesicht fühlte er nun auch ein Brennen in der Körpermitte, das sich durch das Fleisch fortzupflanzen und bis in die Fingerspitzen zu verästeln schien.
    Gott, bitte lass ihn noch nicht geschossen haben, dachte Andreas, während er zum Fenster hinüberging.
    Für einen winzigen Augenblick, kürzer als ein Wimpernschlag, traute er sich nicht, auf die Straße hinauszusehen. Aber dann tat er es doch.
    Augenblicklich wünschte er sich, er hätte es nicht getan. Dort unten war eine hübsche junge Frau mit schwarzem Haar. Sie lag auf dem Pflaster vor der Taverne. Ein handgroßer roter Fleck breitete sich auf ihrer Brust über dem hellen Blau ihres Kleides aus. Und neben ihr stand ein fassungsloser Dave Larue, der den leblosen Körper anstarrte und die Hände krampfhaft an den Kopf presste.
    Andreas wich hastig vom Fenster zurück. In ihm wirbelte alles durcheinander. Er hatte es nicht verhindern können. Paquia Julia war tot. Sie war tot und würde nie Lucretius Scorpio Firmus heiraten. Er wusste es, aber er weigerte sich, es zu glauben. Er kniete neben Franklin nieder, packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn kräftig. Der Zeitreisende musste wieder zu sich kommen, musste ihm helfen, diese Katastrophe ungeschehen zu machen. Er schüttelte und schüttelte, doch Franklins Augen blieben geschlossen. Dafür begann Blut aus dem halb geöffneten Mund zu rinnen.
    Erschrocken ließ Andreas den schlaffen Körper los und sprang auf. Alles drehte sich um ihn, ihm war, als würden sich die Wände des engen Zimmers auf ihn zubewegen, um ihn zu zerquetschen. Das Brennen im Bauch wurde stärker. Was sollte er jetzt tun?
    Ein warmer Windhauch trug dunkelgraue Asche durch das Fenster.
    Ich muss fort von hier, blitzte es in Andreas auf, raus aus dieser sterbenden Stadt, weg. Ich muss zur Zeitmaschine, schnell. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, und ich kann doch noch heimkehren!
    Mit einem schnellen Griff in die Gürteltasche des toten Franklin gelangte er an das dünne Täfelchen, das man brauchte, um den Eingang der Zeitmaschine zu öffnen. Er riss die Tür auf und stürzte die Treppe hinab, wie von einer Schar Teufeln gehetzt.
    In der Schankstube hatte Asellina ihre Prostituierten um sich versammelt und packte gerade eilig Säcklein mit Geld von einer eisernen Schatulle in einen stabilen Lederbeutel. Sie hatte für den zum Ausgang rennenden Gast nur einen misstrauischen Seitenblick übrig, während sie sagte: »Mädchen, wir verschwinden von hier. Das nimmt kein gutes Ende.«
      
    Der Himmel hatte sich verdüstert; die schwarzen Wolken, die der Vesuvius jetzt brüllend ausspie, hatten die Sonne verschwinden lassen, Nacht war über Pompeji gefallen. Nun regneten schon große Mengen schwerer, grauer Asche auf die Stadt, und die Bewohner begannen, in Panik zu geraten. Viele drängten durch die Straßen, strömten den Stadttoren entgegen. Andere suchten Schutz in ihren Häusern.
    Andreas wollte vor dem Bordell nach Dave Larue und Paquia Julia Ausschau halten; er hatte noch immer die vage Hoffnung, dass die junge Frau vielleicht nur verletzt sein könnte. Doch sobald er aus der Tür getreten war, wurde er im Gedränge fortgerissen. Mit Armen und Fäusten bahnte er sich einen Weg durch die Massen der rennenden, schreienden, stolpernden, kreischenden Menschen. Der schweflige Gestank der Vulkanasche
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