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Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Titel: Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman
Autoren: Stephen Baxter
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leiten. Ich habe versucht, das alles aufzuzeichnen.«
    Er brachte ein Pergament zum Vorschein, auf das er eine Art Wandteppich gezeichnet hatte. Die langen Kettfäden, erklärte er, stellten den wahren Verlauf der Geschichte dar, die Schussfäden die Ablenkungen oder Ablenkungsversuche – er hatte nicht weniger als sechs gefunden, vom fehlgeschlagenen Anschlag auf Konstantin bis zum Amulett des Bohemond, das zur Ermordung des mongolischen Khans geführt hatte.
    Harry starrte ihn mit offenem Mund an. »Das ist erstaunlich.«
    »Und dennoch scheint es wahr zu sein. Aber was ist
nach all diesen Eingriffen noch übrig? Was ist wahr, was ist richtig? Was sollte unser Geschick sein? Der Zeitteppich ist so oft zerrissen und neu verwoben worden, dass er nur noch ein schäbiger, wertloser Lumpen ist.«
    »Und Ihr gedenkt etwas dagegen zu unternehmen?«
    Geoffreys Blick ging in die Ferne. »Was, wenn ich zu meinem eigenen Weber in einer fernen Zukunft sprechen könnte? Ich weiß nicht, wie – vielleicht werde ich schreiben und sprechen und meine Worte in tausend Exemplaren drucken lassen, sodass sie unvergänglich sind. Oder ich nehme mein Zeugnis einfach mit ins Grab, und wenn man meinen Körper eines Tages exhumiert, erstehen meine Worte mit mir auf.«
    »Was werdet Ihr sagen?«
    »Ich werde um Hilfe bitten. Ich werde darum bitten, dass man diese Ränkeschmiede, diese Weber und Zeuginnen und das ganze Pack, davon abhält, am Zeitteppich herumzupfuschen. Dass man dem ein Ende macht, damit die Geschichte wieder ihren eigentlichen Weg nehmen kann.«
    Harry ließ den Blick durch die Welt schweifen, sah den weiten blauen Himmel Spaniens, die Schultern des Landes um den Hafen, das endlose, schimmernde Meer. Er spürte die Hitze der Sonne in seinem Nacken, roch das Salz des Meeres, hörte die Schreie von Meeresvögeln, die hoch über ihm kreisten. Es war alles so lebendig, so besonders, so real, dass es ihm unmöglich erschien, es könnte aus einer puren Laune heraus verändert werden.

    Doch die lebendigsten und aufregendsten all der Elemente in dem hübschen Panorama vor ihm waren die prächtigen Formen von Colóns drei Schiffen.
    Endlich legten die Schiffe unter dem fernen Jubel der Menschen ab, die sich im Hafen drängten. Sie wurden von Barkassen aufs Meer hinausgezogen, aber bald blähte der ablandige Wind ihre Segel mit dem leuchtend roten Christuskreuz, und sie rauschten davon, hinaus in die Gewässer des Ozeanmeeres.
    »Jetzt ist er fort«, sagte Harry.
    »Ja. In diesem Augenblick ändert es sich«, meinte Geoffrey leise. »Wenn Colón recht hat, ist dies vielleicht der Moment, in dem die Christenheit eine Welt gewinnt, ohne je wieder bedroht zu werden, ohne ihr Schicksal je wieder den Launen der Geschichte ausgeliefert zu sehen, einer anders ausgegangenen Schlacht, einem sterbenden Herrscher. Jedenfalls ist die dunkle Zukunft, vor der uns Eadgyths Zeugin gewarnt hat, verschwunden wie so viele andere auch; ganze Historien, die nie existiert haben und nie existieren werden . Millionen von Leben, Generationen von Männern und Frauen, die leben und lieben, kämpfen und sterben, wie Legionen in die Zukunft marschieren – allesamt ausgelöscht!«
    »Aber wo Colón jetzt unterwegs ist, Geoffrey – hat sich die Welt nach all dem nun zum Besseren oder zum Schlechteren gewandelt?«
    »Ich glaube, darauf wüsste selbst Gott der Herr keine sichere Antwort, mein Freund.«
    Sie schauten den drei zerbrechlichen, stetig nach
Westen fahrenden Schiffen nach, bis sie hinter der Krümmung der runden Welt verschwanden. Harry hatte das Gefühl, als segele ein Albtraum, der ihn seit dem Tod seines Vaters geplagt hatte, endlich aus seinem Kopf.
    Dann stiegen sie, durstig nach Wein, den Hang wieder hinunter und kehrten zurück in die Stadt.

    II
    Der ältere Gemeindepriester – jener Arthur, der sich auch früher schon so liebevoll um Agnes gekümmert hatte – ging mit ihr zur Kirche.
    Es war ein heißer, feuchter Tag, England war ein wild wucherndes Grün, dem es jetzt, wo die Blumen des Frühsommers verblüht waren, an Farbe mangelte, und überall schwirrten Insekten umher – ein gewaltiger Kontrast zur strahlenden, trockenen Strenge Spaniens. Dennoch war Agnes froh, wieder hier zu sein, denn dies war ihre Heimat. Selbst der Schmerz in ihrem übel zugerichteten Mund kam ihr hier nicht so schlimm vor.
    Sie gelangten zu ihrer alten Zelle, die immer noch an der Kirchenmauer lehnte. Agnes fand es seltsam, sie von außen zu sehen. Sie
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