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Die Zeit der Androiden

Die Zeit der Androiden

Titel: Die Zeit der Androiden
Autoren: A. E. van Vogt
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anhatte?«
    »Graues Hemd und eine braune Kordhose.«
    Das war die erste Enttäuschung für Mitchell. Er hatte gehofft, die Beschreibung würde seinem Gedächtnis aufhelfen, aber sie tat es nicht.
    »Hattest du auch eine Kordhose an?«
    »Sie hängt im Schrank«, sagte der Junge und zeigte. Mitchell stand auf, öffnete den Schrank und nahm eine abgewetzte, billige Kordhose heraus, um sie beschämt, aber aufmerksam zu betrachten. Er konnte sich nicht entsinnen, sie jemals zuvor gesehen zu haben.
    Fünfundzwanzig Jahre, dachte er trübe. Die Zeit war wie ein dichter Schleier mit ein paar zerfetzten Löchern darin. Durch die Löcher konnte er flüchtige Blicke in seine Vergangenheit tun, bloße Augenblicke aus seinem Leben, jeder einzelne erhellt durch einen besonderen momentanen Eindruck, und keiner wirklich voll sichtbar.
    »Billy.« Mitchell war wieder auf dem Stuhl. »Du erwähntest einen funkelnden Stein, den du aufheben wolltest. Wie groß war dieser Stein?«
    »Oh, er war groß.«
    »Wie eine Zündholzschachtel, vielleicht?«
    »Größer. Mindestens so.« Billys Hände zeigten eine Länge von etwa fünfzehn Zentimetern.
    Mitchell versuchte den Irrtum dieser Angabe mit seiner Erinnerung irgendwie in Einklang zu bringen, aber es ging nicht.
    Die Überlegung verursachte ihm Unbehagen. Er machte Zugeständnisse, wo keine erlaubt sein sollten. Er zögerte. Er wollte herausbringen, ob Billy den Kristall tatsächlich berührt hatte, wußte aber nicht recht, wie er es vorbringen sollte. Er begann: »Nach deinen Angaben war es so, daß dein Freund – wie hieß er noch gleich?« Er wartete.
    »Seth. Seth Mitchell.«
    »Richtig. Also, daß Seth Mitchell den Stein zuerst sah. Aber du wolltest ihm das Ding wegnehmen, war es nicht so?«
    Der Junge schluckte. »Es war nicht böse gemeint. Ich wollte nur derjenige sein, der ihn dem Museum gab.«
    Der Donner dieser Enthüllung vibrierte durch Mitchells Gehirn. Natürlich, dachte er, jetzt fällt es mir ein. Er wußte sogar, warum er vergessen hatte. Die Bibliothekarin hatte den Stein, der nach ein paar Tagen in der Hosentasche stumpf geworden war, nur widerwillig genommen und dabei etwas über kleine Jungen gemurmelt, die man nicht entmutigen dürfe. Mit diesen Worten hatte sie ihn so vollkommen entmutigt, daß er den ganzen Vormittag in der Folgezeit verdrängt hatte.
    Es war schwer zu glauben, daß ein jugendlicher Betrüger so viele Details wissen würde. Aber wenn er nicht schwindelte, dann bedeutete es, daß Billy Bingham …
    Er brach den Gedankengang ab, gebremst von der Unmöglichkeit der ganzen Situation. Er hatte einmal gelesen, daß geistige Störungen – wie dieser Junge sie haben mußte – manchmal von einer überaktiven Einbildungskraft herrührten.
    Mitchell holte tief Atem. »Gut. Nun noch zwei Fragen. Um welche Tageszeit war das?«
    »Seth und ich waren nach der Schule schwimmen gegangen«, sagte Billy. »Es muß also vier oder fünf Uhr gewesen sein, als wir den Stein fanden.«
    Mitchell nickte und sagte: »Wie die Zeitung schrieb, kamst du ungefähr um zehn Uhr abends zu diesem Haus. Wo warst du in der Zwischenzeit?«
    »Ich war nirgends«, sagte Billy. »Seth und ich kämpften um den Stein. Ich fiel hin. Und als ich mich wieder hochrappelte, war es stockdunkel.« Seine Stimme wurde plötzlich weinerlich. »Ich weiß nicht, was passiert ist. Ich glaube, er hat mich einfach liegenlassen.«
    Mitchell stand auf und dachte: Dies ist lächerlich. Ich sollte meinen Kopf untersuchen lassen.
    Nichtsdestoweniger machte er an der Tür noch einmal halt und warf dem Jungen im Bett eine letzte Frage hin: »Ist sonst jemand hier gewesen – außer der Polizei, meine ich, und dem großen Mann und mir? Hat jemand dich angerufen?«
    »Nur eine Frau von der Leihbücherei.«
    »Leihbücherei?«
    »Sie wollte die genaue Zeit wissen, zu der ich da draußen am See aufwachte. Sie heißt Edith Price und arbeitet in der Bücherei. Natürlich wußte ich es nicht.«
    Die Information schien bedeutungslos. Mitchell simulierte eine Freundlichkeit, die er nicht länger fühlte, als er sagte: »Nun, Billy, ich will dich wieder an dein Magazin lassen. Vielen Dank.«
    Er verließ das Krankenhaus, zahlte seine Hotelrechnung, stieg in seinen Mietwagen, fuhr zum Flugplatz in die nächste größere Stadt und flog zurück nach Miami.
     
    In Chikago.
    Seth Mitchell (Inhaber des gleichnamigen Detektivbüros) starrte den Mann an, der gerade in sein Büro gekommen war, als sähe er ein Gespenst.
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