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Die zehnte Kammer

Die zehnte Kammer

Titel: Die zehnte Kammer
Autoren: Glenn Cooper
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sind ihm sehr dankbar dafür, dass er Sie uns empfohlen hat«, erwiderte der Abt und deutete auf die Bücherstapel. »Wie Sie sehen, sind nicht allzu viele Bücher verbrannt. Die meisten wurden vom Rauch und vom Löschwasser in Mitleidenschaft gezogen.«
    »Was verbrannt ist, kann man selten retten, aber gegen Wasser-und Rauchschäden kann man durchaus etwas tun – vorausgesetzt, man verfügt über das Know-how und die richtigen Werkzeuge.«
    »Und das nötige Kleingeld.«
    Hugo lachte nervös. »Nun ja, ein bisschen was kostet es schon. Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, Dom Menaud, freut es mich sehr, dass Sie so gesprächig sind. Bisher habe ich noch nie für Trappisten gearbeitet, und ich dachte immer, Sie würden einer Art Schweigegelübde unterliegen. Ich hatte schon befürchtet, wir müssten unsere Unterhaltung mittels kleiner Zettel führen.«
    »Das ist ein Missverständnis, Monsieur Pineau. Wir bemühen uns lediglich, beim Reden eine gewisse Disziplin einzuhalten und leichtfertige und überflüssige Gespräche zu vermeiden. Wir sind der Meinung, dass nutzloses Geplauder uns von der spirituellen Konzentration und der klösterlichen Arbeit ablenkt.«
    »Diese Ansicht unterschreibe ich voll und ganz, Dom Menaud. Ich kann es kaum erwarten, mit der Arbeit anzufangen. Aber zuerst muss ich Ihnen noch erklären, wie wir von Pineau bei solchen Restaurierungsaufgaben verfahren. Danach können wir den Schaden begutachten und einen Arbeitsplan erstellen. Einverstanden?«
    Sie nahmen am Lesetisch Platz, und Hugo erging sich in einem längeren Vortrag über die Rettung von Büchern und anderen Schriftstücken nach einem Wasserschaden. Je älter das Buch, erklärte er, desto mehr Wasser würde es aufnehmen. Bücher, die so alt waren wie die in dieser Bibliothek, konnten sich bis zum Doppelten ihres Volumens vollsaugen. Um etwa fünftausend durchnässte Bände wieder zu trocknen, musste man rund achttausend Liter Wasser aus ihnen entfernen!
    Die beste Methode dafür war, die Bücher unter sorgfältig kontrollierten Bedingungen einer Vakuumgefriertrocknung zu unterziehen. Auch wenn Pergament und Papier diese Prozedur ausgezeichnet überstanden, musste man die Bücher unter Umständen danach neu binden lassen. Außerdem war eine Behandlung gegen Schimmelpilze unumgänglich, die seine Firma durch bei der Gefriertrocknung zugesetztes Ethylenoxid vornahm.
    Nachdem Hugo die durchdachten Fragen des Abtes beantwortet hatte, kam er auf das heikle Thema der Kosten zu sprechen. Wie immer erklärte er zunächst, dass es auf jeden Fall billiger kam, Bücher, die noch lieferbar waren, neu zu erwerben und die Restaurierungstechniken nur auf alte, unersetzliche Werke anzuwenden. Dann nannte er eine Summe für das Restaurieren von tausend Büchern und wartete gespannt auf die Reaktion des Abts. Normalerweise stöhnten Kuratoren und Bibliothekare an dieser Stelle des Verkaufsgesprächs laut auf, aber der Abt verzog keine Miene. Falls die Höhe des Betrags ihn schockiert hatte, so ließ er es sich nicht anmerken.
    »Ich fürchte, wir müssen Prioritäten setzen«, sagte er. »Alles können wir wohl nicht retten, aber die Werke, die für die Geschichte der Abtei wichtig sind, sollten wir restaurieren lassen. Das Geld dafür werde ich schon irgendwie auftreiben. Wir haben Rücklagen für ein neues Dach gebildet, auf die ich zurückgreifen kann, außerdem könnten wir ein paar Bilder verkaufen, und dann besitzen wir noch ein wertvolles Buch, eine frühe französische Übersetzung der Benediktsregel. Wir würden uns zwar nur äußert ungern davon trennen, aber wenn es sein muss …« Er seufzte herzergreifend. »Und vielleicht können Sie uns ja auch ein wenig entgegenkommen, Monsieur, und uns armen Mönchen einen Sonderpreis machen.«
    Hugo lächelte. »Aber natürlich, Dom Menaud, das versteht sich ja von selbst. Wollen wir uns jetzt die Bücher mal ansehen?«
    Sie verbrachten den Nachmittag damit, die Stapel durchnässter Bücher durchzugehen, und erstellten ein grobes Inventar der Schäden sowie eine Rangordnung der zu rettenden Bücher, die auf dem historischen Wert basierte, den der Abt jedem der Werke beimaß. Irgendwann brachte der junge Mönch ein Tablett mit schwarzem Tee und Keksen. Der Abt nutzte die Pause, um dem Restaurator ein kleines, in ein weißes Handtuch gewickeltes Buch zu zeigen, das er abseits von den anderen Büchern an den Rand des Lesetisches gelegt hatte.
    »Ich wüsste gerne, was Sie von diesem Bändchen hier
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