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Die Zahl, die aus der Kälte kam: Wenn Mathematik zum Abenteuer wird (German Edition)

Die Zahl, die aus der Kälte kam: Wenn Mathematik zum Abenteuer wird (German Edition)

Titel: Die Zahl, die aus der Kälte kam: Wenn Mathematik zum Abenteuer wird (German Edition)
Autoren: Rudolf Taschner
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Vorhersagekraft nichts anderes als Rechenfertigkeit mit großen Zahlen.
    Der Legende nach soll Thales tatsächlich die Sonnenfinsternis des 28. Mai 585 v. Chr. vorhergesagt haben. Aber er beförderte nicht mehr wie die Gelehrten Babylons den Aberglauben, sondern bekundete erstmals, dass er sein Wissen dem Vermögen verdankte, mit großen Zahlen rechnen zu können. Es sind nüchterne Zahlen, die sich hinter der magischen Geschichte des Drachen Tiamat verbergen. Allerdings so große Zahlen, dass sie dem lese- und rechenunkundigen Volk unverständlich blieben.

Zahl und Schrift
    Mit Zahlen umgehen zu können, war in alter Zeit das Tor zu einem reichen und sorgenfreien Leben. Ägyptische Vermessungsbeamte hatten bereits einen wichtigen Schritt zu diesem Ziel getan: Sie konnten mit Zahlen hantieren, die über ein Dutzend hinausgingen und bei einigen Hundert endeten. So weit musste man rechnen können, um den Bauern die Felder nach den Anzahlen der Klafter, die diese Felder lang und breit waren, zuteilen zu können. Auch um die Getreidesäcke zählen zu können, welche die Bauern ablieferten. Und die Ochsenkarren, die das Getreide zu den Kornkammern lieferten. Aber ein wirklich großes Lebensziel hatte jener Beamte und Schreiber des alten Ägypten erreicht, der sogar über mehrere Hundert, ja über tausend hinaus zu zählen und zu rechnen verstand. Dann durfte er erwarten, einmal in den Hof des Allerhöchsten, zum Pharao, vorgelassen zu werden.
    Das Zählen der Ägypter, aber auch das der anderen frühen Hochkulturen, das der Babylonier, der Mayas, der Chinesen, endete im Allgemeinen in Größenordnungen von ein paar Tausend. Beamte und Händler brauchten im alltäglichen Geschäft damals – ganz im Unterschied zu heute – nicht an Millionenbeträge zu denken. Und wenn wirklich im wahrsten Sinne des Wortes Unsummen zu bewältigen waren, bündelten die Rechenmeister bestimmte Mengen zu neuen Einheiten. So wie wir es auch heute noch tun, wenn wir von Dutzenden sprechen, große Entfernungen in Kilometern und nicht in Metern, große Massen in Tonnen und nicht in Gramm messen.
    Auch die Zahlzeichen der alten Kulturen kommen kaum über ein paar Tausend hinaus. Nur zuweilen findet man Symbole für etwas viel Größeres, das aber zugleich als so groß gedacht wird, dass man es bloß bewundern, aber nicht mehr vernünftig mit ihm rechnen kann. Es steht einfach für eine Zahl, die alle menschliche Vorstellungskraft übersteigt, vielleicht nur den Gottheiten zugänglich ist.
    Heute kennen nur mehr Experten der Frühgeschichte und Spezialisten der Hochkulturen des Orients und der Antike diese alten Zahlensymbole. Auch wissen nur wenige, dass zum Beispiel die Griechen in der Zeit der Antike ihre Buchstaben zugleich als Zahlzeichen verwendeten. Der erste Buchstabe Α , alpha, steht zugleich für 1, der zweite Buchstabe Β , beta, für 2, der dritte Buchstabe Γ , gamma, für 3, und so geht dies fort bis zum Buchstaben Ι , jota, der für 10 steht. Dann zählten die Griechen in Zehnerbündeln weiter: Die auf jota folgenden Buchstaben Κ , kappa, Λ , lambda, Μ , my, stehen für 20, 30, 40. Wenn sie ΛΒ schrieben, meinten sie 32, und wenn sie ΚΓ schrieben, meinten sie 23. Und nach den Zehnerbündeln benannten die letzten Buchstaben Hunderter: Ρ , rho, symbolisiert 100, Σ , sigma, symbolisiert 200, Τ,  tau, symbolisiert 300 und so weiter. Mit den 24 Buchstaben ihres Alphabets, wobei noch drei Sonderzeichen, archaische Buchstaben ihrer eigenen Frühgeschichte, hinzukamen, gelang es ihnen, die für ihr tägliches Geschäft nötigen Zahlen zu schreiben.
    Allgemein bekannt ist, wie die Römer die Zahlen bezeichneten. Noch heute lehren wir unsere Kinder, wenn wir zum Beispiel bei Stadtspaziergängen an Inschriften alter Denkmäler vorbeikommen, die römischen Zahlzeichen. Auch sie bestehen aus Buchstaben. Allerdings vermengt mit einer sehr leicht verständlichen Zeichensprache: I ist nicht bloß ein Buchstabe, sondern zugleich ein Strich, der für 1 steht. Dass die Römer dann II, III und IIII für 2, 3 und 4 schrieben, ergibt sich unmittelbar aus dieser Strichsymbolik. Und auch V ist nicht bloß ein Buchstabe – der, nebenbei bemerkt, im alten Rom zugleich für U steht –, sondern zugleich das Symbol einer Hand, bei der die vier Finger und der Daumen voneinander weggestreckt sind, also das Symbol für die Zahl 5. Und aus zwei solchen „Händen“, die zweite verdreht und unter die erste gesetzt, bildeten sie den Buchstaben X,
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