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Die wunderbare Welt der Rosie Duncan

Die wunderbare Welt der Rosie Duncan

Titel: Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
Autoren: Dickinson Miranda
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Kowalski’s um 20 Uhr
    Als ich die Karte umdrehte, sah ich den Firmenstempel – Turner’s –, und mein Herz fing an, Purzelbäume zu schlagen. Das war derselbe Blumenladen, von dem ich mein mysteriöses Weihnachtspräsent bekommen hatte! Es musste Nate sein. Das also hatte er sich einfallen lassen. Und wo hätten wir uns besser aussprechen können, als in meinem geliebten Laden, wo wir uns im vergangenen Jahr zu so vielen Gesprächen getroffen hatten? Wahrscheinlich würde Ed ihm den Laden aufschließen – das war es vielleicht, worüber sie bei ihren Treffen gesprochen hatten … über Nates Gefühle für mich. Doch, das schien mir logisch, denn wer kannte mich besser als Ed? Obwohl ich mir das meistens nicht eingestehen wollte, wusste Ed mehr über mich als die meisten anderen Menschen. Er verstand mich auf eine Weise, auf die andere mich nicht verstanden. Er nahm mich so, wie ich war, war immer für mich da, hatte immer ein offenes Ohr für mich. Selbst in den letzten Monaten, als ich gespürt hatte, wie er sich kaum merklich veränderte, hatte sich daran nichts geändert. Ich konnte mich wirklich glücklich
schätzen, einen Freund wie ihn zu haben. Mum meint immer, dass wahre Freundschaft wertvoller ist als alles Geld der Welt. Und da hat sie Recht. Ed hatte das Auf und Ab meines Lebens in den letzten Monaten mit mir durchgestanden, und nun half er mir sogar mit Nate. Unglaublich. Ich konnte nur hoffen, dass seine große Unbekannte – so er denn endlich den Mut fand, es ihr zu sagen – ihn zu schätzen wusste und merkte, was für ein besonderer Mensch er war.
    Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie ich mich für den Abend zurechtgemacht hatte. Meine Gedanken waren überall und nirgends zugleich, sie buhlten um meine Aufmerksamkeit und waren schon wieder inmitten meines Gefühlschaos verschwunden, ehe ich sie zu fassen bekam. Eigentlich hatte Nate ja immer durchblicken lassen, dass er sich nicht von Caitlin trennen würde – und ich hatte mich mit der Tatsache abgefunden, dass wir eben zu jenen Menschen gehörten, die möglicherweise zusammen wären, wären die Umstände anders. Jeder hat ja solche hypothetischen Beziehungen, die möglich gewesen wären, wenn … Wenn das Leben anders gelaufen wäre. Ich war immer davon ausgegangen, dass Nate und ich einfach Freunde bleiben würden und uns nur manchmal, ganz insgeheim, fragen würden, wie anders alles hätte sein können, wenn wir uns zur richtigen Zeit begegnet wären. Doch wer weiß?
    Als ich meine Wohnung verließ und raschen Schrittes durch die Straßen von New York eilte, fühlte ich mich fast getrieben. Bangen und Hoffen liefen Hand in Hand meiner strahlenden, doch völlig ungewissen Zukunft entgegen. So viel hatte sich in letzter Zeit verändert, dass ich es aufgegeben hatte, alles verstehen zu wollen, und zum allerersten Mal in meinem Leben nahm ich das hin und ließ die Dinge einfach auf mich zukommen. Ich drehte mich nicht länger
im Kreis. Durchbrochen war der Teufelskreis aus quälenden Erinnerungen. Als ich so durch Manhattan rannte, schien es, als würde die Stadt auf mich herablächeln und jeden meiner Schritte mit frischer Hoffnung beflügeln. Mr Kowalskis Worte klangen mir in den Ohren: »Aber eines Tages wirst auch du die Spur des Schicksals erkennen – und der Weg, für den du dich dann entscheidest, wird eine Entscheidung für oder gegen das Leben sein. Wenn es so weit ist, Rosie, entscheide dich dafür zu leben .«
    Um Punkt acht kam ich bei Kowalski’s an und blieb kurz vor der Tür stehen, um mein heftig pochendes Herz zu beruhigen. Jetzt ist es so weit, Rosie Duncan , sagte ich mir. Hier fängt deine Zukunft an. Eine wilde, unbestimmte Hoffnung erfasste mich, und ich öffnete die Tür.
    Als das silberne Glöckchen meine Ankunft verkündete, blieb ich wie angewurzelt stehen. Unzählige winzige Lichter leuchteten im Laden auf. Sie funkelten zwischen den Blumen, entlang des Fensters und der Couch und an der Decke. Es war, als wären Abermillionen Sterne vom Himmel gefallen und hätten bei Kowalski’s ihr Zuhause gefunden. Sogar Old Faithful, die vergnügt vor sich hinblubberte und den ganzen Laden mit ihrem anheimelnden Kaffeeduft erfüllte, erstrahlte im Glanz einer Lichterkette.
    »Hallo?«, rief ich mit bebender Stimme, ganz überwältigt von meinen Gefühlen.
    Die Tür zur Werkstatt ging auf, und jemand trat hinaus, sein Gesicht verborgen im Schatten des funkelnden Sternenteppichs.
    »Willkommen bei Kowalski’s.«

28
    Er
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