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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman
Autoren: Jeannine Meighörner
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feuervergoldeten seinen Auftritt. Das Turnierbuch meines Herrn war prall gefüllt. Seine Schlafweiber zahlreich, sein Riese schrecklich, Thomele winzig. Es war nicht billig, ein Herkules zu sein.
    Das Wesen meines Herrn war dabei nicht ohne Heiterkeit. Gut gelaunt, nahm er jeden für sich ein. Ein Galan und Lebemann. Geschmeidig, konziliant, nicht verharzt in steifer Förmlichkeit.
    So behände wie er tanzte und sang, parlierte er. Außer dem Deutschen und dem Tirolerischen sprach er das Böhmische geläufig. Auch italienisch, lateinisch und polnisch waren ihm nicht ganz fremd. Sein Geist rege. Voller Neugier für Kunst, Geschichte und Meisterleistungen des Handwerks.
    Alles Herausragende und Formvollendete ließ Ferdinand ausspionieren und herbeischaffen. Selbst aus China und der neuen Welt. Nur gut, dass die spanische Weltreich-Verwandtschaft bei mancher Beschaffung assistierte. So gelangte Wunderding um Wunderding nach Prag.
    Nun hatte der Vaterkaiser testamentarisch verfügt, sein Zweitgeborener solle über Tirol und die Vorlande herrschen. So viel Starrsinn gehört ins Gebirge, mag er gedacht haben. Mein Herr war entzückt. Schön sei die Gamsjagd und behütet das enge Tirol. Da Linz und Wien während der Türkengefahr mit offenen Flanken dagelegen hatten, hatte er Jahre seine Kindheit in Innsbruck verbracht.
    Schon treidelten Umzugskisten den Inn hinauf. Zwei Knappen, die einen Transport von Rüstungen von Linz bis nach Innsbruck begleitet hatten, prahlten, deren Gewicht hätte 347 Zentner und 27 Pfund betragen.
    Ob er bis zur Neuordnung des Reiches noch in Prag verharren könne, fragte der neu gewählte Kaiserbruder Maximilian II. an. Verharren? Wie im Rausch würde mein Herr seinen letzten böhmischen Sommer genießen.
    Deshalb also war der Garten seiner Mutter einmal mehr mit Gästen angefüllt.
    Darunter die Frau mit den schönen Nasenlöchern, die meinen Blick gefangen hielt. Ihr Tanzkleid aus weißem Atlas. Ein Unschuldslamm. Ein falsches, sicherlich. Gut, sie war ansehnlich: groß, ohne kuhknochig zu sein, ein griechisches Profil, hohe Stirn und sehr blond, doch das waren sie alle. In ganz Böhmen war keine Brünette mehr zu finden. Selbst in Italien nicht. Perückenmacher und Haarbleicher lebten wie Könige.
    Die schönen Nasenlöcher verschwanden im Buschwerk. Allein. Deren Besitzerin zerrieb Buchs, Eiben, Zypressen und Lorbeer sachkundig zwischen ihren Fingerspitzen, bevor sie ihr Riechorgan neugierig darüberhielt.
    Erspähte dann die roten und gelben Tulpen, die man teuer aus Konstantinopel beschaffen ließ. Stieß ihren Zinken mehrmals tief in deren fleischigen Schöße, wohl verblüfft darüber, dass so große Kelche einen eher bescheidenen Duft verströmten.
    Glöckchengeläut schreckte die Geruchsdiebin auf. Der Tanz begann. Nicht irgendein Tanz. Mein Herr hatte zum Mummenschanz geladen. Wie sein Urgroßvater liebte er Verkleidungen, Maskenspiele und mythische Ballette. Für heute war ein Wasserballett angekündigt. Schon goss die Dämmerung Gallapfeltinte über die Hecken und Blumenbeete aus.
    Vier Göttinnen und vier Wassernixen formierten sich zu einem Reigen. Ihre Gesichter von Masken verhüllt. Kolossale Körper verrenkten sich zu italienischer Musik, von antiken Gewändern und Schleiern umspielt. Mit Fackeln in den Händen taumelten die Figuren, Leuchtkäfern gleich, durch die hereinbrechende Nacht, mühsam darauf bedacht, ihre Perücken nicht zu entzünden. Ihre Verneigung vor den anwesenden Damen wurde mit Gekicher goutiert. Gab nicht jede Bewegung muskulöse Unterarme, grobe Gelenke und haarige Waden frei, woran manche den Gatten oder Liebhaber erkannte? Insgeheim hatte mein Herr dieses Wasserballett mit acht Herren des böhmischen Adels besetzen lassen. Niemand war sicher vor seinen Travestien.
    Schon forderten die ungelenken Wesen einige Zuschauerinnen zum Tanz auf, die Frau mit den schönen Nasenlöchern unter den Auserwählten.
    Doch – welche Blamage – ihr Riechorgan war von dunklem Tulpenstaub bestäubt und in ihrem Haarnetz, das ihr lockiges Blond kaum zu bändigen vermochte, hatte sich ein Eibenzweig verfangen. Souvenirs ihres Geruchsausfluges. Beim Tanz wippte das Zweiglein musikalisch im Takt. Die Unbekannte hielt die Augen gesenkt, ihre geröteten Wangen verrieten Verlegenheit, obwohl sie von ihrer lächerlichen Erscheinung noch nichts wusste. So eine konnte nicht von Adel sein.
    Nach dem Tanz wurden einigen Damen parfümierte Seidentücher überreicht. Allein die
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