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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman
Autoren: Jeannine Meighörner
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Unbekannte wurde von allen beschenkt, eine Gunst, die nur der offiziellen Begleiterin des Erzherzogs zustand, die es selten genug gab. Das Gelächter wurde bei den adeligen Damen, die leer ausgegangen waren, zu Hornissengebrumm. Ob Veronika von Lipás Miauen mir je wieder den Schlaf rauben würde? Sie schnaubte vor Wut.
    Mein Herr hielt sich abseits. Auch sein Antlitz hinter der Maske einer Göttin verborgen. Männer seines Hofstaates schirmten ihn vor neugierigen Blicken ab, wobei er aufmerksam verfolgte, wie die verkleideten Würdenträger des Königreiches Böhmen dieser Unbekannten symbolisch huldigten. Lauschte der Empörung. So viel Unmut für eine Dirne?
    War die Unbekannte vielleicht sogar der Grund, wieso mein Herr heimlich nach Bresnitz zu reisen pflegte? Der einzige Ort, an den er mich, seinen Stumpen, nicht mitnahm.
    Sie verblieb allein auf dem Tanzplatz, die besudelte, mädchenhafte, aber nicht mehr ganz junge Frau. Gedankenverloren. Ihr helles Kleid blähte sich im Abendwind. Eine Wolkenbraut. Bald würde sie verwehen.
    Nur die Loxan – verwitwet, angeheirateter Adel und Herrin auf Bresnitz – gesellte sich dazu. Wenn auch schon in den Vierzigern vermutete ich in ihr den neuesten Bettschatz meines Herrn. Dereinst das schönste Weib ihrer Zeit, und fast so fein gewachsen wie große Jüngere, trug die Loxan den Busen noch auffallend hoch.
    Die Geruchsdiebin schnäuzte sich in eines der neuen Tüchlein gleich einer verschnupften Jungfer, verschämt, ohne Geräusch. Die schönen Nasenlöcher erschienen gesäubert.
    „Auch Zwerge fangen klein an“, rief ich der Unbekannten nicht ohne Häme zu.
    Sie würdigte mich keines Blickes, ließ auch die Loxan stehen und verschwand mit dem letzten Licht in dem Garten, in dem Anna Jagiello immer glücklich und immer schwanger gewesen war.

2
    Einmal mehr wurde Bartlmä zu meinem Hafen. Wieder endete mein Ungehorsam auf seinem Schoß. Er schien wohlgestimmt.
    Hätte Nachricht aus dem Paradies. Dem Welser-Paradies, wie er es nannte. Es läge in Spanisch-Amerika. Kolumbus’ dritte Reise hätte nicht ihm, sondern uns Glück gebracht.
    Hätte Kaiser Karl V. doch uns dieses Venezuela, wie es die Spanier nannten, anvertraut. Und dieser Orinoko führe zum Gold. Wäre weniger ein Fluss als ein braunes Meer. Und dieses El Dorado, diese goldene Stadt, von der jetzt jeder spanische Halunke fasle, würden wir finden. Sicherlich.
    Zwar wurde Hohermuth von Speyer vom Fieber verzehrt. Der neue Generalkapitän, Philipp von Hutten, und mein Cousin Bartlmä seien jedoch schon weit in den Urwald vorgedrungen. Bäume hoch wie Kathedralen, manchmal sähe man tagelang vor lauter Baumkronen keinen Himmel, hätte er geschrieben. Die Eingeborenen unterschieden zwanzig Arten von Grün.
    Doch sei mein Cousin zuversichtlich, das Gold zu finden. Man müsse nur genug Sklaven einschiffen, die Einheimischen seien nicht robust.
    Sklaven im Paradies? „Nichts für Weiberleut“, murrte der Onkel dann in meinen Nacken, wobei sein dichter Bart fürchterlich juckte. Dann kam er zu den Spezereien.
    Schon die Königin von Saba sei süchtig nach Zimt gewesen. Auch Kleopatra hätte Zimt und Pfeffer geliebt. Vor allem den schwarzen, den er von den Molukken beschaffen ließ. Er sei hitzig und trocken. Im Mörser zerstoßen, verleihe er Mut und Frechheit. Das Gewürz der Macht.
    „Piper Peperit Pecuniam, Pecunia Peperit Pompam. Der Pfeffer hat das Geld gebracht, das hat uns pomphaft reich gemacht.“ So hätte es ihn der Vöhlin Großvater gelehrt.
    „Die Araber mögen die Herren der Gewürze sein, die Welser sind die Könige!
    Nicht der aufgeblasene Anton Fugger, nicht die Venezianer, nicht die Medici. Sollen sie uns doch Pfeffersäcke schimpfen“, lachte er.
    Fünfzehn Körner schwarzen Pfeffers hätte man in der Nase einer ägyptischen Mumie gefunden. „Pfeffer würzt die Ewigkeit“, so endete meist Bartlmäs Lektion, bevor er mich hinausbugsierte.
    Heimlich ausprobiert brachte ich es auf zehn. Maximal fünf Pfefferkörner pro Nasenloch, dann wurde die Munition in einer Schleim- und Tränenexplosion hinausgeschossen. Was wusste eine Rotznase schon von der Ewigkeit?

Prag, Innsbruck 1567
Von Riesen
    Das neue Jahr war nur Stunden alt, als wir Prag verließen. Einem Hofzwerg erschließt es sich nicht, eine nach Neujahrskrapfen duftende Palastgemütlichkeit für einen unbekannten Horizont verlassen zu müssen.
    Doch mein Herr war in Eile. Drei Jahre waren vergangen, seit der Vaterkaiser ihn zum Herrn
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