Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman
Autoren: Jeannine Meighörner
Vom Netzwerk:
erreicht, das den neuen Landesfürsten mit Artillerie begrüßte. Der Kanonendonner grollte nach, hatte sich zwischen senkrechten Felswänden zu beiden Seiten des Inns verfangen. Die Damen waren über den Ausblick so erschüttert, dass die Rosenbergin die Vorhänge fortan geschlossen halten ließ. Durch das Loch im Glas drang schneidend kühler Bergwind.
    „Diese Natur ist eine Zumutung“, schimpfte sie.
    In Rattenberg und Schwaz erspähte ich durch einen Vorhangspalt Bergwerksknappen in weißer Grubentracht. Schneemännern gleich standen sie an der Straße. Auf den Anhöhen kein einziger Baum.
    „Die brennen in den Schmelz- und Messinghütten oder unter den riesigen Sudpfannen im Haller Sudhaus, wo man das Steinsalz auswäscht. Die Tiroler Wälder sind in Stollen verbaut oder werden verfeuert. Jetzt treidelt halb Bayern über den Inn, seit man die Schwazer Silberminen den Fuggern verpfändete“, so unser Kutschengelehrter.
    „Ein Jammer, dass die Habsburger lieber leben, anstatt zu rechnen“, murmelte er in sich hinein.
    Auch Bauern kamen in Blicknähe. Allesamt bewaffnet. „In Tirol sind die Bauern frei und mancher gebärdet sich, wie in Böhmen ein Edelmann“, schniefte er.
    In Hall, der reichsten der Tiroler Städte, ritten die Patrizier in voller Rüstung herbei. „Weißes Gold nennen sie ihr Salz“, fiel Rosenberg dazu ein. Wohl zu Recht, wenn man ihre Bürgerelite sah.
    Ferdinands Miene wurde erst freundlich, als die Stadtobersten ihm einen goldenen Becher randvoll mit Münzen überreichten. Den Haller Gulden.
    „Man bringe mir meinen Stumpen“, rief er.
    Diesmal schälte mich die Leibwache von Tuschka ab. Sie hatte mich in Kufstein übernommen, da auch der jungen Rosenbergin die Gebirgsluft nicht zu bekommen schien.
    Die Haller staunten, als Ferdinand mich vor sich aufs Pferd setzte und verkündete, dass ich der kleinste aller erwachsenen Untertanen sei. Wohl auch der teuerste.
    „Wird bezahlt, tanzt der Affe“, rief er heiter und rasselte mit ihren Münzen.
    Das Schneegestöber war in Bayern geblieben. Eine Sonne, heller als drei böhmische Sonnen, bestrahlte den Bettelwurf, wie die Bergszenerie hier völlig zu Unrecht genannt wurde. Die aufpolierten Patrizier und ihr Salinenkonstantinopel schrumpften vor dieser Kulisse zu Spielzeug. Diese Landschaft gebiert Riesen und verzwergt den Mensch, schoss es mir durch den Kopf.
    In Innsbruck das gleiche Schauspiel, nur mehr davon. Am ersten Jänner hatten wir Prag verlassen, um nach siebzehn Tagen das Dach der Welt zu erreichen, wie es mir erschien. Die Nordkette ein trotziges Massiv, wo eine Kette doch eigentlich etwas Schmückendes sein soll. Sie stieg so steil empor, dass der Himmel nur noch ein blauer Spalt war.
    „Das ist garstig“, schimpfte die Rosenbergin, einäugig durch den Vorhangschlitz schielend, so, als müsse sie das Grauen dosieren.
    Nur Tuschka fasste sich.
    „Die Menschen müssen stark sein an so einem Ort. Und Drachentöter liebe ich.“ Dies sagte sie mir, dem Zwerg, den sie mit ihrem Busen also in die Irre geleitet hatte.
    Erneuter Geschütz- und Mörserdonner, Glockengeläut und Jubelgeschrei. Tiroler Männer im Festgewand. Herausgeputzt, wie ihre Stadt. Den Winter hatte man gezähmt, indem man den Saggen, durch den wir einzogen, von Eis und Schnee befreit hatte.
    Die Innbrücke war für den Empfang mit bunten Bändern und Tannenzweigen geschmückt. Die Rosenbergin weigerte sich, die Kutsche zu verlassen. Mit nur einem Schuh würde sie nicht vor diese Wilden treten.
    Mit Speerstangen drängten Trabanten wogende Menschentrauben zurück. Die Blüte des Tiroler Adels marschierte raumgreifend voran:
    Vornan schritt Wilhelm von Wolkenstein, ein imposantes Mannsbild. Er sei, so Rosenberg, der reichste unter den Hiesigen.
    Ihm folgten die von Arco, Lodron, Firmian, Welsberg, Künigl, Fuchs, Payrsberg, Kuen, Annenberg, Thun und ein bäuerlich schlurfender Herr von Liechtenstein.
    So sah sie also aus, die Tiroler Elite, der ein Suleiman zu unbedeutend erschienen war, um ihre Bergfestung zu verlassen.
    Einige waren jedoch sichtlich bemüht, sich beim neuen Landesfürsten einen Posten zu sichern: ein baumlanger Herr von Trapp als Erb-Hofmeister, ein Trautson als Marschall, ein Spaur als Mundschenk, ein Botsch als Truchsess, ein Cles als Kämmerer.
    An der Brücke stand auch der Klerus aus Stadt und Land. Unter dem milden Lächeln des Brixener Weihbischofs, der auch die Innsbrucker Glaubensfraktion anführte, wollte man Ferdinand mit einer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher