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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman
Autoren: Jeannine Meighörner
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Ansprache und einem Psalmchoral begrüßen.
    Diese Punkte des Festprogramms mussten jedoch ausfallen, da der Brixener des Deutschen nicht wirklich mächtig war, hingegen mein Herr kein Latein oder Italienisch zu seiner Begrüßung hören wollte. Auch im Gesang zeigte sich die Priesterschaft so ungeübt, dass er nach den ersten Misstönen ganz unterbleiben sollte. Der Brixener Weihbischof reichte dem Erzherzog ein silbernes Kreuz zum Kuss. Unfroh und stumm. Ich erspähte geschlitzte Nasenlöcher, die eher einem Herodes nachkamen.
    Endlich ging es über den Fluss. Allen voran ritt ein Herold, der mit Lobpreisungen gegen das weiße Gebirgswasser anbrüllte. Vor Ferdinand ritt Erbmarschall Balthasar von Trautson, das Schwert gezückt. Der Landesherr selbst ritt auf seinem Lieblingsross „Perle“, einem makellosen Schimmel, unter einem goldenen Baldachin, den junge Adelige mit Stangen emporstemmten. Huldvoll lächelnd warf er Münzen unter das Volk, das – kaum war der Ehrenhimmel vorbeigeschwebt – erbittert zu raufen begann. So viel zu diesem Menschenschlag.
    Wir hielten vor der Pfarrkirche zum offiziellen Gebet. Die Prinzessinnen Magdalena und Helena begrüßten ihren fürstlichen Bruder, Margarethe sei zu kränklich, hieß es. Alle drei Schwestern residierten im Damenstift in Hall.
    Der Prunkzug näherte sich der Hofburg.
    Der Thron, auf dem schon der Kaiserurgroßvater gesessen, sei hart für einen böhmischen Hintern, scherzte Ferdinand, als er sich auf dem vergoldeten Erbstück niederließ.
    Vor dem Möbel kniend, empfing die Elite silberne Pokale aus Ferdinands Händen.
    Für Marschall Trautson ließ er ein Ross die Stiege hinaufführen. Hatte dieser während der Türkennot doch nach Prag geschrieben, dass sein Streitross alt und krank sei. Sein Erröten war Dank genug, wo doch selbst mancher Verbrecher und Tagedieb auf Begnadigung Ferdinands freikam.
    Der Festsaal flackerte im Licht. Der Name bezog sich wohl weniger auf dessen Größe, die sich im Vergleich zum Hradschin eher bescheiden ausnahm, als auf ein eindrückliches Deckenfresko.
    Von Rosenberg auf Tirol eingestimmt, erkannte ich Haymon und Thyrsus, die sich mit mannslangen Knüppeln bekriegten.
    Es war eher die Prager Delegation, die durch leichtfüßigen Tanz auffiel. Ähnliches galt für die Raffinesse der Garderoben und das Schmuck-Gepränge. Mancher Wilde hätte sein Gewand nur geliehen, so schlecht wie es säße, meinte die Rosenbergin, die wieder gut beschuht und in ein samtsilbernes Tanzkleid eingenäht böhmischen Charme versprühte. Auch seien die Sitten hier recht grob, glaubte sie zu wissen.
    Ein Modetrend war jedoch bis nach Innsbruck vorgedrungen: Fast alle Tiroler trugen einen aus Elfenbein geschnitzten Zahnstocher an einer Kette um den Hals, schließlich galt es neuerdings als unfein, sich mit den Fingern Fleischreste aus den Zähnen zu ziehen.
    „Einige, die hier mit dem Zahnstocher hantieren, fressen diesen unterm Jahr am liebsten vor Hunger auf“, ließ Rosenberg entre nous verlauten.
    Ferdinand trug einen Gehrock aus Brabanter Seide. Blütenweiß. Zeigte schon durch seine Aufmachung, dass jetzt für Tirol ein noch ungeschriebenes Kapitel begänne. Das souveräne Gehabe gelang ihm nicht so recht. Mit unruhigen Pupillen maß er sein neues Reich aus. Die Oase seiner Kindheit mochte ihm geschrumpft und weniger prächtig erscheinen, als er sie in sich bewahrt hatte.
    Ich zog eine kleine Flöte hervor und blies mit meiner Nase in die Löchlein. Die Bergler liefen zusammen. Starrten wie angewurzelt, trotz der lustigen Melodien, die ich meinem Nasenflötchen entlockte. Ein Nasenlochphilosoph wäre kein Könner seines Faches, wäre sein Organ untrainiert.
    Jonglierte mit Bällen und Obst, stellte Scherzfragen, die keiner zu beantworten wusste, tanzte Schrittfolgen, die manche Tanzpartnerin schimpfend oder kichernd in die Irre laufen ließ. Zu deren Entschuldigung sei gesagt, dass in Böhmen anderes Mode war als im Rest des Reiches. Was in Wien oder Augsburg noch mit Passion getanzt, getragen oder vorgeführt wurde – im goldenen Prag krähte kein Hahn mehr danach.
    Mein Herr hatte mich vor der Abreise neu ausstaffiert. Betont fürstlich. Einen nachtblauen Rock mit goldenen Verschnürungen und Posamentierungen, die gut zweihundert Fuß maßen, auf meinen Leib schneidern lassen. Die goldenen Knöpfe hatte ein ungarischer Goldschmied gefertigt, dazu einen Gürtel. „Allein der Zwergenrock ist doppelt so teuer wie der Rock des reichsten
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